Die Abschaffung der Geschlechter

Die Abschaffung der Geschlechter: Barbara Rosenkranz und der Gender-Wahnsinn

Barbara Rosenkranz und der Gender-Wahnsinn

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Schon der Ort der Buchpräsentation soll ein mächtiges Signal sein. Barbara Rosenkranz lädt am Montag ins Wiener „Hotel Maria Theresia“: „Ich will zeigen, dass Macht und Mütterlichkeit kein Widerspruch sind und sein dürfen.“ Immerhin hatte Maria Theresia 16 Kinder, sechs mehr als Rosenkranz, und war trotzdem Kaiserin. Mit ihrem Hofstaat eignet sie sich möglicherweise nur bedingt als Vorbild für die Lebenswelten heutiger Normalbürgerinnen und Normalbürger, aber auf solche Kleinigkeiten kann Rosenkranz keine Rücksicht nehmen.

Denn die Obfrau der niederösterreichischen Freiheitlichen und Landesrätin für Baurecht und Tierschutz ist angetreten, mit ihrem Buch „MenschInnen“ eine weltweite Konspiration zu enttarnen: die des Gender Mainstreaming. Das mag für weniger verschwörungstheoretisch Geschulte schlicht der Ausdruck für das Ziel sein, die Gleichstellung der Geschlechter auf allen gesellschaftlichen Ebenen durchzusetzen. In der Welt, wie Rosenkranz sie sieht, will aber ein ungewöhnliches Bündnis aus Kapitalisten, Marxisten und Feministinnen unter dem Titel Gender Mainstreaming die Geschlechter abschaffen: „Die Gender-Theorie geht weit über die vordergründig behauptete Gleichstellung hinaus. Sie ist nichts weniger als die versuchte Abschaffung biologisch bedingter Geschlechter, das Ende von Mann und Frau.“

Wenn das erst einmal dechiffriert und begriffen ist, erscheinen alle Gleichstellungsbemühungen in völlig neuem Licht: „Auch die Parteinahme für Homosexuelle rührt daher. Rechte für Gleichgeschlechtliche bis hin zur so genannten Homo-Ehe werden deswegen gefordert, weil man so die Zweigeschlechtlichkeit weiter aufweichen und verwirren kann.“ Allein die Bezeichnung Gender Mainstreaming taugt für Rosenkranz bereits als Beleg, dass an sinistren Zielen gearbeitet wird. „Schon dass man sich eines so genannten Neusprechs und nicht der jeweiligen Landessprache bedient, legt nahe, dass hier ausgeklügelte Tarn- und Umwegstrategien zur Anwendung kommen“, schreibt sie. Sehr viel dichter wird die Beweiskette nicht.

Fehlgeleitete Eliten. Rosenkranz listet dafür penibel auf, dass Gender Mainstreaming mittlerweile in vielen EU-Empfehlungen und in Arbeitsgruppen der österreichischen Regierung als Ziel angegeben wird. Dass also etwa budgetäre Maßnahmen auf ihre Auswirkungen auf die Geschlechter überprüft werden sollen, ist für sie insofern verwerflich, als damit „Gender Mainstreaming in die Politik und in die Verwaltung eingedrungen ist, leise, aber mit umfassender Wirkung“.

Der Beschluss zur Einsetzung einer interministeriellen Arbeitsgruppe zu Gender Mainstreaming wurde in Österreich übrigens im Juli 2000 gefasst – also unter der wenig später zurückgetretenen FPÖ-Frauenministerin Elisabeth Sickl. Ausgerechnet die betuliche Sickl – eine Agentin einer Verschwörungsgruppe aus Marxisten, ­Kapitalisten und Feministinnen? Schwer vorstellbar – aber natürlich nur für die „fehlgeleiteten Eliten, die glauben, sich über Naturgesetze ungestraft hinwegsetzen zu können“. Die Medien sind, selbstredend, auch ein Bestandteil der Verschwörung. Unter nationalen Rechtskonservativen ist es en vogue, gegen Gleichbehandlungsgesetze zu wettern. In der deutschen Wochenzeitung „Junge Freiheit“, die als Sprachrohr der neuen Rechten gilt, wird regelmäßig gegen GenderMainstreaming angekämpft. Auch Karlheinz Klement, mittlerweile aus der FPÖ ausgeschlossener Ex-Parteifreund von Rosenkranz, zog im Parlament gegen den „Gender-Wahnsinn“ zu Felde. Rosenkranz ist ideologischer und vorsichtiger als Klement. Sie würde im Gegensatz zu ihm nie Worte wählen wie „Homosexualität ist eine Kultur des Todes“. Sie formuliert lieber Sätze wie: „Homosexualität ist eine Lebensform, die einer Ehe nicht gleichgestellt werden kann.“

In der Geißelung von Gender Mainstreaming ist Rosenkranz mit Klement aber einer Meinung. Sie will, sagt sie, mit ihrem Buch eine deutliche Warnung aussprechen: „Gender Mainstreaming ist ein Erziehungsprogramm für Männer und Frauen, das nicht weniger will, als den Menschen selbst verändern. Das ist ein nicht legitimer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.“ Wenn Rosenkranz gefragt wird, welche Maßnahmen sie als Politikerin vorschlagen würde, um eine Konterrevolution gegen das „Diktat des Gender Mainstreaming“ zu starten, nennt sie als Beispiel das Kindergeld: Zweieinhalb Jahre für einen Elternteil seien viel zu kurz. Denn: „Viele junge Frauen drängen ja nicht in den Beruf, sondern wollen länger bei ihrem Kind sein.“ Außer natürlich, sie können Kaiserin werden. Oder Politikerin.

Von Eva Linsinger