Die Affäre Alfons Mensdorff-Pouilly

Die Affäre Alfons Mensdorff-Pouilly: Der mysteriöse "weiße Sultan"

Sein Verhältnis zum Millionär Tim Landon

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Von Ulla Schmid und Martin Staudinger

Wenn man den Nachrufen auf James Timothy Whittington Landon glaubt, dann war er vieles: Waffenhändler, Waidmann, Opernliebhaber – unter an­derem. All dem trägt die Wohnung, die der Brite bei Aufenthalten in Wien benutzte, perfekt Rechnung. Sie befindet sich in der Akademiestraße im ersten Bezirk. Zum Haupteingang der Staatsoper geht man kaum fünf Minuten zu Fuß. Noch schneller ist man an der Adresse Kärntner Ring 14: dem Büro der MPA Handels GmbH von Alfons Mensdorff-Pouilly, einem angeheirateten Verwandten Landons – auch er dem Rüstungsgeschäft und der Jagd zugetan.

Jetzt, eineinhalb Jahre nach Landons Tod im Sommer 2007, interessiert sich die österreichische Justiz intensiv für das Verhältnis der beiden Herren. Mensdorff-Pouilly, für den selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt, sitzt seit Ende Februar in Untersuchungshaft (profil berichtete). Die Behörden haben ihn in Verdacht, für den britischen Rüstungskonzern BAE Systems Schmiergelder in Millionenhöhe verteilt zu haben. Und zwar mithilfe von Timothy Landon.

Mensdorffs Anwalt Harald Schuster will gar nicht bestreiten, dass Mensdorff von Landon um das Jahr 2003 herum an die 14 Millionen Euro erhalten hat. Das Geld sei jedoch keineswegs für dunkle Machenschaften gedacht gewesen, sondern schlicht und einfach als Investmentkapital für „Dritte“. Wer das war, möchte Schuster allerdings als Geschäftsgeheimnis betrachtet wissen.

Faktum ist: Die Zahlungen stehen zumindest zeitlich in direktem Zusammenhang mit einem skandalumwitterten Rüstungsgeschäft zwischen Tschechien und BAE Systems, in das über Umwege sowohl Mensdorff als auch Landon eingebunden gewesen sein sollen: der Vermietung von Jagdflugzeugen des Typs JAS-39 Gripen.

Landon und Mensdorff dürften bereits vor 30 Jahren miteinander in Kontakt gekommen sein. 1977 hatte Landon eine österreichische Adelige geehelicht: Katalina Maria Therese Antoinette Esterhazy de Galantha, genealogischen Verzeichnissen zufolge eine Cousine ersten Grades mütterlicherseits von „Ali“ Mensdorff. Es ist anzunehmen, dass Landon und Mensdorff einander spätestens bei der im Jahr darauf zelebrierten kirchlichen Trauung kennen lernten.

Landon war damals bereits eine schillernde Figur: 1970 hatte er als britischer Geheimagent einen Staatsstreich im Oman orchestriert, um dem Sohn des greisen Sultans an die Macht zu helfen. Das brachte dem Briten den Beinamen „der weiße Sultan“ ein und ließ ihn zu einem der wichtigsten Berater des neuen Herrschers avancieren.

Deals. In der Folge machte Landon ein Millionenvermögen: Ein Buch beschreibt ihn unter anderem als Embargobrecher, der Rhodesien (das heutige Simbabwe) und das Apartheid-Regime in Südafrika trotz Sanktionen mit Erdöl versorgte. Gleichzeitig war Landon aber auch in der Rüstungsbranche aktiv. Immer wieder taucht sein Name bei fragwürdigen Deals auf, mehrfach auch im Umfeld schwedischer Konzerne. In den achtziger Jahren soll er für die Jacht des Sultans von Oman etwa eine Kanone der Waffenschmiede Bofors besorgt haben – gegen den erklärten Willen der Regierung in Stockholm.

Später kam Landon bei einem umstrittenen Geschäft zwischen dem Telekom-Hersteller Ericsson und dem Sultanat Oman ins Gerede. Auch in diesem Fall soll Schmiergeld in Millionenhöhe geflossen sein. Nach Recherchen des schwedischen TV-Magazins „Uppdrag granskning“ agierte Landon dabei über einen Schweizer Anwalt, den er als Strohmann vorschob.
Just dieser Advokat war offenbar auch bei der letzten Rüstungsaffäre im Spiel, mit der der verstorbene Landon nunmehr ebenso in Verbindung gebracht wird wie der in U-Haft befindliche Alfons Mensdorff-Pouilly: dem Gripen-Deal zwischen BAE Systems und der Tschechischen Republik.
Ob die im Zuge der Ermittlungen entdeckten Geldtransfers zwischen Landon und Mensdorff nun problematisch sind (wie die Staatsanwaltschaft vermutet) oder nicht (wie Anwalt Schuster beteuert) – auffallend sind die verschlungenen Wege des Gelds: Wo eine einfache Banküberweisung genügt hätte, griffen Landon und Mensdorff auf diskrete Offshore-Gesellschaften zurück.

Ausgezahlt wurden die Millionen von der in Panama registrierten Valurex International S. A., die Fahnder Landon zurechnen und bei der Mensdorff ab 2005 unter Vertrag stand. Mensdorff dürfte das Geld anschließend bar aufs Handerl bekommen haben – darauf lassen zumindest Ermittlungsprotokolle schließen, die Anfang März von „News“ veröffentlicht wurden. Nächste Station war offenbar eine Gesellschaft auf den British Virgin Islands: Brodman Business S. A., die nach Erkenntnissen der Ermittler im Einflussbereich von Mensdorff steht. Von Landon in Großbritannien zu Valurex in Panama, dann zu Mensdorff in Wien und von dort zu Brodman in der Karibik – zweimal musste das Geld über den Atlantik geschickt werden, bevor es bei seinen Empfängern ankommen durfte.

Und das, obwohl Mensdorff und Landon einander immer wieder persönlich in Wien trafen. Kam der „weiße Sultan“ nach Österreich, schwebte er standesgemäß im Privatjet ein. Wenn der Passagier im General-Aviation-Terminal des Flughafens Schwechat ankam, stand schon alles bereit. „Ali“ hatte für Chauffeur und Wagen gesorgt und auch dafür, dass die Wohnung in der Wiener Innenstadt in Schuss war. Wann Landon zuletzt in Wien war, ist unbekannt. Der „weiße Sultan“ starb am 6. Juli 2007 im Alter von 64 Jahren an Lungenkrebs. Ein Nachruf im „Independent“ bezeichnete ihn als „einen der geheimnisvollsten Männer Großbritanniens“. Und Alfons Mensdorff-Pouilly ist einer der wenigen, die zumindest einen Teil seiner Geheimnisse lüften könnten.