Die Branche setzt auf TV-Adaptionen

Gehen Hollywood die Stoffe aus?

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Der Geheimagent Max­well Smart, auch bekannt als Mini-Max, wurde 1965 von Mel Brooks und Buck Henry erfunden. Die Zeit war reif für eine Parodie auf die Geheimagenten, die ständig die Welt vor dem Untergang retteten und sich dabei nicht selten unfreiwillig komisch gaben. James Bond war das Original, Maxwell Smart war die dusslige Kopie. Sein linker Schuh diente ihm als Telefon, Anzug und Auto saßen makellos, Status war wichtiger als Kompetenz, und so lief Maxwell Smart (Don Adams) von einem Fettnäpfchen zum nächsten. In den USA lief die Serie „Get Smart“ vier Jahre lang, und auch im österreichischen Fernsehen hatte sie prominente Sendeplätze. Die Kennmelodie und die markante Titelsequenz, in der Maxwell Smart durch eine lange Reihe automatischer Türen an seinen Arbeitsplatz unter Tag schreitet, haben Kultstatus gewonnen.

Trotzdem ist es überraschend, dass nun eine Filmver­sion in die Kinos kommt: „Get Smart“ von Peter Segal versucht, die billigen Gags aus der Vorlage mit den Anforderungen des neueren Actionfilms zu verbinden. Es gibt also einigen Slapstick, zu dem Hauptdarsteller Steve Carell so gut wie möglich beiträgt (siehe Kasten). Es gibt aber auch aufwändige Verfolgungsjagden quer durch (und über) Los Angeles – und die ganze Welt von Russland bis Amerika dient als Schauplatz. Auf der politischen Ebene trägt „Get Smart“ dem Erstarken der ehemaligen Supermacht Russland Rechnung. Mel Brooks hat sich in einem Interview mit der „L.A. Times“ sogar ausdrücklich zu einer Kritik der US-Geheimdienste aufgerafft, um dem Film dadurch einen ernsten Hintergrund zu geben – den er gar nicht gebrauchen kann: Technikverliebt und ohne Sinn für kulturelle Differenzen seien die Agenten bis heute, meint Brooks.

Recycling. Maxwell Smart, der immer erst im zweiten Anlauf helle Momente hat, kann als Mahnmal für das Versagen der Sicherheitsdienste der USA kaum dienen. Eher schon ist diese unvermutete filmische Wiedergeburt ein Indiz dafür, dass in Hollywood die (Erfolgs-)Formeln rar werden. Die Sommer-Blockbuster deuten darauf hin, dass die Zeichen der Zeit eher auf Recycling stehen als auf Kreativität. „Der unglaubliche Hulk“, der auf Comics und eine Fernsehserie zurückgeht, ist dabei noch am ehesten eine professionelle Neuauflage einer bekannten Geschichte. Dass „Akte X – Jenseits der Wahrheit“ noch einmal an die Grenzen der Vernunft zu gehen versucht, muss als Beschäftigungstherapie für Darsteller David Duchovny gesehen werden, der mit der Fernsehserie „Californication“ offenbar unterfordert ist. „Sex and the City: der Film“ hat bereits gezeigt, dass für eine Filmversion die Restbestände von Schärfe aus einer ohnehin braven Fernsehserie getilgt werden müssen, wenn die Produzenten nur den alten Erfolg verzinsen – und nicht zu neuen Ufern aufbrechen – wollen.
Das Verhältnis zwischen Fernsehen und Kino befindet sich in der nach wie vor dominierenden Unterhaltungsindus­trie derzeit in einer Art Erstarrung. Noch ist von der ungeheuren Erzählkompetenz, die Bezahlsender wie HBO bei ihren Serien entwickelt haben, im Mainstreamkino nichts angekommen. Die Mafiasaga „The Sopranos“ oder die im Polizeimilieu angesiedelte Serie „The Wire“ sind konservativ erzählt und doch experimentierfreudig. Sie spielen mit Formeln, erschließen dabei aber neue Welten. Man würde erwarten, dass sich Reflexe darauf irgendwann im Kino erkennen lassen. Stattdessen scheinen die älteren Patentrezepte zu wirken: die Parodie der Parodie wie in „Get Smart“. Ein einziges Genre erweist sich immerhin als lebendiger denn je: die Komödie. Was Adam Sandler demnächst in „You Don’t Mess with the Zohan“ mit dem Nahostkonflikt macht, zielt schärfer und tabuloser in das Zentrum des männlichen Chauvinismus, als Maxwell Smart jemals auch nur erahnen könnte.

Von Bert Rebhandl