Die Bundesheer-Reform ist unvereinbar mit der Neutralität
Auf Helmut Zilk ist Verlass. Der Zwischenbericht der Bundesheer-Reformkommission weist in die erwartete, vernünftige Richtung: Da eine konventionelle Bedrohung Österreichs in absehbarer Zeit nicht ersichtlich ist, können die für die Landesverteidigung vorgesehenen Kräfte reduziert werden. Neuer Schwerpunkt muss die Fähigkeit zur Teilnahme an anspruchsvollen internationalen Einsätzen sein: Weg von einem Mobilmachungsheer zu rasch verfügbaren Einsatzkräften.
Obwohl die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht und der Übergang zum Berufsheer laut Zilk nicht übers Knie gebrochen werden darf, weisen die Überlegungen der Kommission doch klar in diese Richtung: Denn um an anspruchsvollen internationalen Einsätzen teilnehmen zu können, bedarf es nach Ansicht der Kommission des schrittweisen Aufbaus eines brigadestarken Verbandes von erhöhter Professionalität, der seinerseits eine entsprechende Umschichtung der vorhandenen Ressourcen voraussetzt. Die derzeit verfassungsmäßig garantierte Freiwilligkeit bei Auslandseinsätzen für Berufssoldaten stellt die Kommission folgerichtig infrage. Kombiniert man diese Bedingungen, so sind sie nur durch ein De-facto-Berufsheer zu erfüllen: Denn anspruchsvolle internationale Einsätze kann man nicht mit einem brigadestarken Verband in Angriff nehmen, solange aufgrund der Freiwilligkeit der Teilnahme nicht sicher ist, dass man genügend Leute zusammenbekommt, mitzumachen, sondern ein solcher Verband kann nur aus Berufssoldaten bestehen, deren Berufspflicht es ist, sich wie Feuerwehrleute oder Polizisten dem zugehörigen Risiko auszusetzen, und die dieses Risiko gleichzeitig durch entsprechende Professionalität zu minimieren wissen.
Professionalität wie Risiko müssen bezahlt werden. Die Ressourcen dafür sind teils vorhanden, teils müssen sie neu erschlossen werden, wobei Vernunft vor Optik stehen sollte: Wohl belastet selbst ein sehr kleines Berufsheer das Budget etwas stärker als ein Wehrpflichtigen-Heer aber dafür fällt die Belastung der Wirtschaft durch die Einberufung jeweils eines ganzen Jahrgangs weg.
Angeblich sind auch die Grünen für diesen Übergang zum Berufsheer. Wenn sie einigermaßen redlich sind, dann wissen sie, dass die beschriebene Reform mit der Verpflichtung zur immer währenden Neutralität nach dem Muster der Schweiz unvereinbar ist. Immer während besagt nämlich, entgegen einem weit verbreiteten Missverständnis, keineswegs, dass Österreichs Neutralität ewig andauern muss, sondern dass sie in Friedenszeiten genauso penibel und in allen, etwa auch wirtschaftlichen Bereichen zu üben ist wie in Zeiten militärischer Auseinandersetzungen: Selbst wenn keine aktuelle Bedrohung am Horizont aufscheint so ist daraus völkerrechtlich abzuleiten , hat das immer während neutrale Land seine Fähigkeit, sein Territorium gegen potenzielle Eindringlinge zu verteidigen, unbedingt zu erhalten. Dass das Bundesheer selbst in Zeiten höchst aktueller Bedrohung durch die Sowjetunion aufgrund seiner mangelnden Dotierung nie in der Lage war, dieser Neutralitätspflicht zu genügen, hat völkerrechtlich eine permanente Neutralitätsverletzung durch sämtliche amtierenden Bundesregierungen dargestellt.
Ich weiß nicht, ob irgendjemandem in diesem Land ob zum Beispiel Heinz Fischer oder Alexander Van der Bellen klar ist, was immer währende Neutralität nach dem Muster der Schweiz völkerrechtlich bedeutet:
Für Österreichs immer währende Neutralität nach dem Muster der Schweiz kann nur sein, wer keine Ahnung hat, was sie bedeutet. (Das sind die meisten Leute, die sie im Munde führen.) Was die Bundesheer-Reformkommission empfiehlt, ist ein weiterer Schritt zu ihrer totalen Aushöhlung. Gott sei Dank.