Rainer Nikowitz

Dinnerdonner

Die Rede zum profil- "Editor's Day"

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Vergangene Woche lud profil-Herausgeber Christian Rainer ­wieder zum „Editor’s Dinner“ in das Wiener Innenstadt-Palais von Ali Rahimi. Rund 50 Gäste aus Wirtschaft, Kultur und ­Politik – unter ihnen Andreas Treichl, Erich Hampel, Rudolf Scholten, Siegfried Menz, Agnes Husslein, Klaus Albrecht Schröder, Gerald Matt, Edelbert Köb, Oliver Voigt, Mirko ­Kovats, ­Karl Sevelda, Bernhard Ramsauer, Johanna Rachinger, Alfred Ötsch, Laura Rudas oder Alexander Wrabetz – erfreuten sich an der Haubenküche von Christian Domschitz vom Schwarzen Kameel. Als Zwischengang wurde Rainer ­Nikowitz aufgetragen – mit dieser Rede.

Wir haben lange überlegt, ob wir angesichts der Finanz­-krise denn überhaupt zu einem Editor’s Dinner laden ­sollten. Es waren zwei Gedanken, die letztlich den Ausschlag gaben: Zum Ersten brechen wir nicht gerne mit Traditionen – und dies ist ja eine ausgesprochen traditionsreiche Veranstaltung, findet sie doch heuer auch schon wieder zum zweiten Mal statt. Und zum Zweiten muss man das Ganze als einen Akt der Mitmenschlichkeit, der sozialen Wärme sehen. Denn schließlich befinden sich unter den Gästen heute Abend einige Banker. Die haben sicher Hunger.

Wobei, einige kommen erst ein bisschen später. Generaldirektor Andreas Treichl von der Ersten zum Beispiel. Und Karl Sevelda von Raiffeisen, ist der schon da? Auch nicht? Ach so, die demonstrieren ja noch mit ein paar anderen Globalisierungsgegnern vor der isländischen Botschaft.
Nun haben wir ungeachtet der Banker-Dichte leider für das heutige Dinner keine Staatshaftung erwirken können. Ja, es hat nicht einmal für eine hundertprozentige Beilagensicherung gereicht!

AUA-Chef Alfred Ötsch wollte uns helfen, er ist mit einer ganz besonderen Einstellung an dieses Dinner herangegangen. Bei seiner Zusage hat er gemeint: „Ich komme gerne, aber das profil muss sicherlich auch sparen. Ich würde also gerne bezahlen.“ Vielen Dank dafür, Herr Ötsch, das ist hochanständig von Ihnen – aber wir wollen die AUA auch nicht. Zum Glück haben wir ja wenigstens die Inflation wieder einigermaßen im Griff, Lebensmittel sind wieder billiger geworden. Ich hab das extra auf dem Weg hierher noch einmal überprüft. Ich hab bei einem Würstelstand recherchiert, und was soll ich Ihnen sagen: Eine Käsekrainer kostet schon wieder weniger als eine Aktie der Erste Bank! Dennoch haben wir natürlich beim Menü einige Abstriche machen müssen. Beim ersten Spei­senfolge-Meeting, dem noch viele weitere folgten, meinte unser Herausgeber noch: „Mir ist alles recht, sofern es sich um Lebensmittel handelt, bei denen Werner Faymann garantiert nie die Mehrwertsteuer senken wird!“

Diese Latte hat sich aber dann doch als etwas zu hoch erwiesen, und wir mussten etwas mehr Kreativität walten lassen. Ist Ihnen bei der Vorspeise irgendwas aufgefallen? Nichts? War gut? Na also: Wenn die beim Penny-Markt wo dazuschreiben „Verbrauchsdatum abgelaufen – Ware in Ordnung“, dann kann man sich eben drauf verlassen! Der Sparzwang macht eben auch vor der Gastronomie nicht Halt, er äußert sich nur unterschiedlich. Im Do & Co macht es beispielsweise Attila der Hummerkönig jetzt so, dass Niki Lauda bis auf Weiteres Hausverbot hat.
Oder, ein anderes Beispiel für quasi gastronomische Sparsamkeit: Wissenschaftsminister Johannes Hahn, der leider für heute Abend kurzfristig abgesagt hat, meinte ja in der Endphase der verwichenen großen Koalition einmal: „Mir geht das alles schon so auf den Keks!“ Jetzt sind die in der ÖVP so ungeheuer sparsam, dass am Abend des 28. September Willi Molterer genau diesen Keks übernommen hat – und er kaut bis heute daran.

Wir beim profil sparen natürlich nicht nur beim Essen, sondern generell, wo es geht. Der Herausgeber ist uns allen in der Redaktion natürlich wieder einmal ein leuchtendes Beispiel. Er ist ja, wie Sie sicherlich wissen, ein sehr modebewusster Mensch. Aber er schlägt nicht über die Stränge, was seinen Lieblingsdesigner betrifft. Andere mögen zu Stella McCartney greifen – Christian Rainer bleibt eisern bei Stevie Wonder!

Christian Rainer spart aber auch noch an etwas anderem, nämlich an Schlaf. In einem Interview mit derstandard.at vor einigen Wochen antwortete er auf die Frage „Wie sieht der typische Arbeitstag von Christian Rainer aus?“ so: „Der Tag beginnt mit dem E-Mail-Check am Blackberry um etwa vier Uhr Früh (jederzeit überprüfbar), und er endet ebenso gegen ein Uhr morgens.“ Abgesehen davon, dass man sich natürlich fragen könnte, wer denn um Himmels willen um vier Uhr Früh Rainers Beziehung zum Blackberry, also praktisch seinem Lebensmenschen, stören möchte, ist das eine sehr kluge Einteilung. Weil ja die meisten wirklich wichtigen Mails tatsächlich immer so um diese Zeit kommen. Betreff: „Check this – best price for Viagra!“

Ein klassisches Beispiel von: Der frühe Vogel fängt den Wurm.
Nun weiß ich aber, dass auch viele unserer Gäste auf die eine oder andere Art sparen. Gerald Matt zum Beispiel: Sie alle kennen den Direktor der Kunsthalle als Dandy und Revolutionär. Als Revolutionär nicht? Doch, doch: Matt bereiste vor etwa zwei Jahren gemeinsam mit Christian Rainer Nordkorea. Als Kim Jong Il davon hörte, traf ihn der Schlag. Jedenfalls hat Matt im Zeichen der Krise beschlossen, seine Wohnung aufzugeben. Er zieht jetzt ganz in die Ro-Raftl-Kolumne. Laura Rudas wiederum spart nichts ein, sondern sie spart auf etwas: FPÖ-Stimmen nämlich. Sie hat in einem Interview angekündigt: „Ich werde mich dem Strache spätestens bei der Wien-Wahl direkt entgegenstellen.“

Dem Vernehmen nach gibt es diesbezüglich zwei Stoßrichtungen: Zum einen wird Rudas taktisch klug ihren Namen ändern – in Nothburga Freya Brunhilde Rudas. Und zum anderen wird das in der Löwelstraße für Jugendarbeit budgetierte Geld dann ausnahmlos in der Happy-Hour im Nachtwerk in roten Wodka investiert. Rudolf Hundstorfer (er sollte eigentlich hier sein, er fehlt ­unentschuldigt) wiederum hat sich für eine eventuelle Tätigkeit als Sozialminister – diesen Posten könnte er ja dem Vernehmen nach bekommen, vorausgesetzt, Josef Pröll erhält bis Donnerstag eine Antwort auf seine zehn drängendsten Fragen, also etwa „Wer soll das zahlen?“, „Was, so spät is scho?“ oder „Steirer, wollt ihr ewig leben?“ –, Rudolf Hundstorfer also hat sich ja angeblich ausbedungen, dass er in seinem Ressort gleich einmal mit einem Minus von einer Milliarde Euro beginnt. Wenn er schon den Schritt vom ÖGB hin­über macht, braucht er wenigstens ein bisschen Kontinuität.

Auch in der Kulturszene merkt man natürlich schon den Spardruck. Herr Köb, Herr Schröder – Ankäufe sind in Zeiten wie diesen sicherlich ein Problem, nicht wahr? Wobei Schröder ja angeblich schon eine Lösung gefunden hat: Die Brüder Soravia stellen nach dem „Wing“ nun auch ihre selbst angefertigten Zeichnungen der Albertina zur Verfügung: Sie sollen ja wahre Meister sein im „Malen nach Zahlen“. Die Direktorin der Nationalbibliothek, Johanna Rachinger, wiederum freut sich über eine Großspende – nicht in Geld, sondern in Büchern –, die man in finanziell klammen Zeiten immer gut brauchen kann. Eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens stiftet den gesamten Inhalt ihrer Privatbibliothek, ich hab jetzt nur vergessen, wer das war … Irgendwo hab ich das aufgeschrieben … Ah ja, da ist es: Erwin Pröll! Wie lang da schon allein die Archivierung dauern wird!

Und zum Schluss möchte ich jetzt noch die bange Frage in den Raum werfen: Warum hat Alexander Wrabetz keine Geldsorgen? Ach so, Moment … Das ist mir jetzt aber peinlich. Ich hab mich da im Manuskript verlesen. Der Satz lautet natürlich: Warum kann Alexander Wrabetz keiner Geld borgen? So und ich – ich spare mir jetzt jedes weitere Wort.