Kurt Krenn:

„Es genügt, wenn man Gott nennt“

„Es genügt, wenn man Gott nennt“

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profil: Herr Bischof, es ist in der Kirche in den vergangenen Monaten nach sehr turbulenten Jahren etwas ruhiger geworden. War es Ihnen zu ruhig?
Krenn: An sich bin auch ich ein Mensch, der die Ruhe liebt, aber wenn es einmal ein bissl lauter, stürmischer wird, habe ich nichts dagegen. Das liegt im Naturell, dass man durchaus auch den lauteren Ton verträgt.
profil: Sie haben jetzt einen Gottesbezug in der österreichischen Verfassung gefordert. Warum muss Gott in die Verfassung? Er war bisher doch auch nicht drin.
Krenn: Den Menschen gab es auch einmal nicht, die Welt gab es auch einmal nicht. Ohne Gott gibt es keine Welt. Es wird immer Menschen geben, die sagen, Gott gibt es nicht, die Gott nicht lieben. Dann sollen sie es halt bleiben lassen. Ich glaube, es ist fast eine Art geistiger Korrektheit, einen Gottesbezug in die Verfassung zu nehmen.
profil: Gott oder einen Verweis auf das Christentum?
Krenn: Gott. Man kann natürlich in diesen Dingen noch tiefer gehen, genauer werden. Aber ein solcher Gottesbezug umfasst ja nicht nur die Christen, sondern auch alle anderen, seien es die Muslime, die Juden oder die Religionen Asiens, die etwas schwieriger zu beurteilen sind. Da ist in keiner Weise irgendjemand in seiner Freiheit beeinträchtigt.
profil: Viele Grundrechte sind oft erst im Widerstand gegen die Kirche erkämpft worden, halten Kritiker dagegen.
Krenn: Das stimmt ja auch zum Teil. Auf der anderen Seite gäbe es ohne Kirche und ohne christlichen Glauben vieles Gute nicht. Uns, die wir ja Menschen sind und auch irren, soll es nicht stören, wenn manche Leute das so sehen, das muss man akzeptieren.
profil: In Österreichs Verfassungen gibt es seit 1848 keinen Gottesbezug mehr. Warum sollte es jetzt, fast 160 Jahre später, zu einem solchen Bruch der Verfassungstradition kommen?
Krenn: Wir haben noch früher ganz andere Zeiten gehabt, heidnische oder nichtheidnische. Nein, das ist kein Bruch, und wenn es einer ist, dann ist er nicht aufregend.
profil: Zuletzt wurde 1934 in der austrofaschistischen Ständestaat-Verfassung auf das Christentum verwiesen. Stört Sie dieser Anklang nicht?
Krenn: Überhaupt nicht. Ich weiß nicht, wie viele Österreicher von dieser kurzen Zeit überhaupt wissen. Der Gottesbegriff ist so wichtig, denn wenn ich Gott nicht kenne, kenne ich auch die Menschen nicht, kenne ich das Absolute nicht.
profil: Sie sind verständlicherweise gegen die Säkularisierung der Gesellschaft. Aber glauben Sie, dass man Säkularisierung durch ein paar Worte in einer Verfassung aufhalten kann?
Krenn: Nein, aber wenn es die Wahrheit ist, dass wir Gottes Geschöpfe sind und dass die Welt auch Gottes Tat ist – warum soll man das dann nicht sagen? Es muss dann ohnedies jeder selbst fromm und gläubig werden, wenn er mit dem lieben Gott etwas zu tun haben will.
profil: Kardinal Schönborn hat gemeint, „der Schöpfer ist kein Dekorationselement“. Gott als Dekorstück in der Verfassung – stört Sie das nicht?
Krenn: Ich habe das nicht so verstanden. Er meint natürlich, wenn einer nicht an Gott glaubt, dann ist das eine gewisse Verzierung.
profil: Der Bundeskanzler hat kürzlich in einem profil-Interview gesagt, man solle in einer europäischen Verfassung nicht nur auf die christlichen Traditionen hinweisen, sondern auch auf die jüdischen Wurzeln und auf die islamische Befruchtung der Wissenschaft. Sehen Sie das auch so?
Krenn: An sich nicht. Mir genügt es, wenn man Gott nennt und an ihn glaubt. Ich kann den Islam nicht einfach nur nennen, weil vielleicht die Wissenschaft durch ihn in vergangenen Jahrhunderten einmal vorwärts gekommen ist. Das würde ich nicht so sehen.
profil: Auf europäischer Ebene unterstützen die christdemokratischen Parteien eine Formulierung, wonach auf die „jüdisch-christlichen Wurzeln“ Europas verwiesen werden soll. Können Sie dem beipflichten?
Krenn: Wenn es zu einer jüdisch-christlichen Gemeinsamkeit führt, dann freuen wir uns. Wir gestatten uns ja auch zu sagen, dass wir die Geschwister der älteren Juden sind. Aber man soll nicht zu viel übertreiben und in einer Verfassung zu viel wollen.
profil: Hier in St. Pölten wollen Sie ein Kreuz in den Sitzungssaal des niederösterreichischen Landtags hängen. Was wollen Sie damit sagen?
Krenn: Ich will sagen: Wir sind erlöst durch Christus am Kreuz. Ich habe im April, als die neue Legislaturperiode begann, zu Landtagspräsident Edmund Freibauer von der ÖVP gesagt: Ich könnte Ihnen ein schönes Kreuz schenken, wenn Sie es annehmen. Damit fing es an. Jetzt kommt es halt zu vielen Torheiten. Was die grüne Klubobfrau gesagt hat, ist doch dumm.
profil: Madeleine Petrovic hat gemeint, sie würde das Kreuz eigenhändig wieder abhängen.
Krenn: Dem kann ich nicht einmal Bedauern entgegenbringen. Das ist so etwas Kindisches.
profil: Was hat denn der Landtagspräsident gesagt, als Sie ihm dieses Angebot gemacht haben?
Krenn: Weder nein noch ja. Er hat gesagt, er bespricht das in der Präsidiale.
profil: Der Landtag vertritt ja alle Niederösterreicher, und das sind nicht nur Christen.
Krenn: Niederösterreich ist das katholischs-te Bundesland Österreichs. 85 Prozent sind Christen. Ich will das Kreuz niemandem aufzwingen, aber ich schäme mich nicht, dem Menschen zu sagen, wovon er lebt und was für ihn die größte Wohltat ist: Für uns war es die größte Wohltat, dass Christus aufs Kreuz gestiegen ist.
profil: Und wenn sich die anderen 15 Prozent der Bevölkerung gekränkt oder ausgegrenzt fühlen?
Krenn: Man kann die Menschen durch Böses kränken, aber nicht durch Gutes.
profil: Einige Politiker, wie etwa Nationalratspräsident Andreas Khol, fordern die Kirche immer wieder dazu auf, sich zu politischen Themen zu Wort zu melden. Soll die Kirche dieser Aufforderung nachkommen?
Krenn: Sie kann. Die Kirche kann es tun, und wenn sie es tut, ist es nicht schlecht, nicht verwerflich.