Es waren einmal die Republikaner

Es waren einmal die Republikaner: Die Hits der US-Konservativen ziehen nicht mehr

Verlierer: Ist die Grand Old Party am Ende?

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Die Grand Old Party (GPO) wurde nicht bloß geschlagen, sie ist zerbrochen. Noch vor vier Jahren, als George W. Bush seine Wiederwahl gegen John Kerry schaffte, schien die republikanische Anhängerschaft auf Dauer zusammengeschweißt. Chefstratege Karl Rove hatte Konservative unterschiedlicher Schattierungen an die Partei gebunden: Verfechter eines schlanken Staates, der gerade so viel Steuern einhebt wie unbedingt nötig, und religiöse Konservative, die gegen Abtreibung, Homo-Ehe und Gottlosigkeit kämpfen. Dazu kamen vor dem Hintergrund der anhaltenden Angst vor dem islamistischen Terrorismus Wähler, die einer konservativen Partei am ehesten zutrauten, die militärische Übermacht der USA zu garantieren.

Plötzlich aber gilt all das nicht mehr. Daran trägt zuallererst Präsident Bush Schuld. Er enttäuschte die Anhänger militärischer Stärke bitter. Der Krieg im Irak forderte allzu viele amerikanische Opfer, schleppte sich scheinbar endlos dahin und war nicht dazu angetan, den Stolz der Amerikaner zu heben. Am Ende verließen außenpolitische Realisten wie Ex-Außenminister Colin Powell ebenso demonstrativ die Partei wie diverse expansionistische Neokonservative.

Dazu ließ Bush auch noch den Staatshaushalt außer Kontrolle geraten. Er verantwortete ein explodierendes Budgetdefizit, und als die Regierung schließlich auch noch am Höhepunkt der Finanzkrise Banken und Versicherungen verstaatlichte, fühlten sich Wirtschaftsliberale, die mit den „Reaganomics“ – der Doktrin des US-Präsidenten Ronald Reagan (1981–1989) – sozialisiert worden waren, vor den Kopf gestoßen. Es bewahrheitete sich der legendäre Satz des US-Satirikers und deklarierten Republikaners P. J. O’Rourke: „Die Republikaner sind die Partei, die sagt, dass der Staat nichts taugt, und wenn sie dann gewählt werden, beweisen sie es.“

Mit den Werten schließlich war für die Republikaner diesmal auch nichts zu gewinnen, denn angesichts einer weltweiten Krise verpuffte Gottes Zorn über Schwule vor dem Standesamt weitgehend unbemerkt. Schlimm war wohl auch, dass Amerikas Ansehen in der Welt rapide schwand. „Let’s make America great again“ war ­Reagans Wahlslogan im Jahr 1980. Ein ähnlicher Satz hätte auch diesmal gut gepasst. Allerdings hätte ihn nur Barack ­Obama verwenden können, denn es waren die Republikaner, die das Image der großen Nation kaputt gemacht hatten.

John McCains Kampagne verdeutlichte die verfahrene Situation eindringlich. Als einst erklärter Gegner der religiösen Rechten hatte er seine liebe Not, wenigstens einen Teil dieser Wählerschaft zu erreichen, indem er die wertkonservative Sarah Palin zu seiner Vizekandidatin machte. In der Debatte um die Wirtschaftspolitik versuchte er, Obama als Sozialisten zu desavouieren, doch das interventionistische Bankenrettungspaket hatten die Republikaner entworfen.

John McCain fand keine große Botschaft, die er dem amerikanischen Volk überbringen hätte können. Einst war es der Antikommunismus, vor Kurzem noch der Antiterrorismus. Was das künftige einigende Moment der Republikaner sein soll, darüber wird nun nach Ansicht aller Beobachter ein Streit in der Partei losbrechen. Die Wirtschafskonservativen wollen die Dominanz der Gesellschaftskonservativen brechen. Die wiederum pochen darauf, dass die Mehrheit der Amerikaner immer noch religiöse Wertvorstellungen hegt.

Eine Aufsplitterung würde für lange Zeit die Marginalisierung der Republikaner bedeuten. Doch diese Gefahr wollen die Anhänger der GOP nicht sehen. Whit Ayres, ein einflussreicher republikanischer Meinungsforscher, schätzt die Lage in der „Financial Times“ trotz allem als viel versprechend ein: „Die USA stehen immer noch Mitte-rechts, mehr Leute sehen sich als Konservative denn als Linke.“

Die Demokraten werden versuchen, der Bevölkerung die Segnungen eines starken Staates, fortschrittlicher Gesellschaftspolitik und internationaler Kooperation so lange wie möglich schmackhaft zu machen. Bis sich schließlich irgendwann wieder der anti-staatliche Reflex der Amerikaner regen wird, den der Satiriker P. J. O’Rourke gern so illustriert: „Der Regierung Geld und Macht zu geben ist wie Teenagern Whisky und Autoschlüssel zu ­geben.“

Von Robert Treichler