Exklusiv: Details zur Causa Mensdorff

Exklusiv: Neue Details zur Causa Mensdorff - Verdacht auf Bestechung und Geldwäsche

Verdacht auf Bestechung und Geldwäsche

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Von Josef Barth, Ulla Schmid und Martin Staudinger

Ein Blatt Papier ist nur ungefähr 0,1 Millimeter dick. Aber man kann trotzdem darüber stolpern – das muss Alfons Mensdorff-Pouilly gerade schmerzlich erfahren.

Es war ein einzelner Zettel, der den „Grafen“ zu Fall, oder genauer gesagt: in Untersuchungshaft, brachte. Seit September 2008 hatte die Justiz wegen Verdachts auf Bestechung und Geldwäscherei gegen ihn ermittelt. Und bisher war der burgenländische Adelige elegant allen Versuchen ausgewichen, seiner habhaft zu werden.

Aber dann lag da ein Zahlungsbeleg im Weg. Er fand sich in einem ganzen Packen von Quittungen, mit denen Mensdorff fragwürdige Geldtransaktionen über eines seiner Bankkonten rechtfertigen wollte. Eines der Blätter zupften die Ermittler heraus, weil es ihnen besonders auffiel: Gefälscht, befanden sie. Diese Annahme gab ihnen am Ende der vorvergangenen Woche einen willkommenen Anlass, den angeblich gerade von der Jagd gekommenen Mensdorff-Pouilly in Handschellen zu legen. Frühestens nach einer Haftprüfungsverhandlung am kommenden Freitag, den 13. März, darf er die Justizanstalt Josefstadt im siebten Wiener Gemeindebezirk wieder verlassen. Es ist aber gut möglich, dass er noch viel länger dort ausharren muss.*

Die österreichischen Behörden ermitteln in einem internationalen Bestechungsskandal um den britischen Rüstungskonzern BAE Systems gegen Mensdorff. Der Ehemann von Ex-Ministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) ist aber auch in Großbritannien, Schweden und Tschechien unter Verdacht geraten. Er soll für BAE Schmiergelder gezahlt haben, um Politiker und andere Entscheidungsträger davon zu überzeugen, Jagdflugzeuge des Typs JAS-39 Gripen zu kaufen.

Für Alfons Mensdorff-Pouilly gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Im derzeitigen Stadium des Verfahrens geht es um rund 14 Millionen Euro, die im Zeitraum von drei Jahren bei einem Unternehmen im Umfeld von Mensdorff gelandet und von dort aus weiterverteilt worden sein sollen. Bei 4,7 Millionen davon konnte der „Graf“offenbar keinen nachvollziehbaren Zahlungszweck angeben.

Der Sultan und der Tote. Darauf konzen­trieren sich im Moment die Ermittlungen. Allerdings: An zwei wichtige Auskunftspersonen kommt die Justiz nicht mehr heran. Sowohl der Mann, der das Geld an Mensdorff überwiesen hat, ist inzwischen tot – wie auch der Empfänger, der es von Mensdorff erhalten haben soll. Die beiden starben 2007 binnen weniger Wochen.

Ihre Namen finden sich auf dem inkriminierten Zahlungsbeleg, der mit 8. Dezember 2003 datiert ist und nunmehr für die Verhaftung Mensdorffs ausschlaggebend war: Wolfgang Hamsa, Österreicher, als Geschäftsmann unter anderem in Dubai und verschiedenen Steuerparadiesen tätig, sowie Timothy Landon, Brite, Milliardär und Ex-Militär, Spitzname: „der weiße Sultan“.

Die Quittung selbst mag gefälscht sein (wobei Mensdorffs Anwalt Harald Schuster vehement dementiert, dass sein Klient eine mögliche Fälschung durchgeführt hat). Das Geld, mutmaßen die Fahnder, sei aber trotzdem geflossen. Und es ist vor allem das Datum auf dem Beleg, das sie stutzig macht. Im Dezember 2003 steht BAE, mit 20 Prozent am schwedischen Saab-Konzern beteiligt, in der Tschechischen Republik vor schweren Problemen: Im Sommer 2002 hat die Regierung in Prag wegen Budgetnot ein bereits fixiertes Milliardengeschäft wieder storniert – den Ankauf von 24 Gripen-Jagdflugzeugen (siehe Kasten Seite 42). Jetzt versucht BAE, eine Alternative durchzusetzen: Die Tschechen sollen den Gripen leasen.

Eine geheime Vereinbarung, die das schwedische TV-Magazin „Uppdrag Granskning“ publiziert hat, legt nahe, dass BAE im Jahr 2003 zu diesem Zweck mehrere „secret agents“ beschäftigte – also geheime Vermittler. Verbrieft ist, dass tschechische Politiker unmoralische Angebote erhalten: Geld für die Zustimmung zur Anmietung von Gripen-Jets. Im Zusammenhang damit wird offenbar auch ein Unternehmen namens Valurex von BAE mit insgesamt vier Millionen britischen Pfund (damals fast sechs Millionen Euro) bedient.

Valurex wiederum wird einer schillernden Figur zugerechnet: James Timothy Whittington Landon, dem „weißen Sultan“. Der Spitzname stammt aus den siebziger Jahren. Damals hatte Landon als Geheimagent geholfen, den Sultan des Oman in einem Staatsstreich zu entmachten und war daraufhin zum Berater des neuen Herrschers aufgestiegen. In der Folge machte der Brite ein Vermögen: geschätzte 700 Millionen Euro, vor allem mit Waffengeschäften.

Landon hatte aber nicht nur Verbindungen in den Nahen Osten. Er soll einer der führenden Leute gewesen sein, die im Auftrag von BAE tätig waren. Und er hatte auch beste Kontakte nach Österreich. Durch seine Heirat mit Katalina Esterhazy Galantha taten sich hier Verwandtschaftsverhältnisse zum pannonischen Adel auf – und damit auch zu Mensdorff. Und der war, wie er gegenüber profil bereits vor einiger Zeit eingeräumt hat, auch für Valurex tätig: Nach eigenen Angaben allerdings erst ab 2005.

Inzwischen ist klar: Es war der „weiße Sultan“, von dem Mensdorff die nunmehr umstrittenen 14 Millionen Euro erhalten hat – einen Teil davon offenkundig bereits im Jahr 2003, also just zu dem Zeitpunkt, als sich Tschechien entschied, Gripen-Abfangjäger zu leasen. Mensdorffs Anwalt Harald Schuster will den Geldfluss gar nicht dementieren. Allerdings hätten die Transaktionen absolut nichts mit Schmiergeldzahlungen oder gar mit Geldwäsche für Rüstungsgeschäfte zu tun gehabt: „Wenn der Verdacht der Geldwäsche so gesichert wäre, dann wäre wohl schon der halbe Vorstand von BAE in Haft. Denn Geldwäsche geht nicht ohne Mitwirkung von BAE. Dasselbe gilt für den Vorwurf der Bestechung. Mein Mandant hat damit nichts zu tun. Das sind alles Behauptungen von den britischen Behörden, und diese muss die heimische Staatsanwaltschaft einmal nachweisen.“

Investoren. Die Ermittler sehen das naturgemäß anders. Das Geld, das Landon an Mensdorff überwiesen habe, stammt ihrer Meinung nach in Wirklichkeit von BAE Systems und war für Bestechung vorgesehen. Mensdorffs Anwalt Schuster sagt, die Millionen seien von Landon für Investoren vorgesehen gewesen und „an Dritte“ weitergeflossen. Mensdorff sei nur ein Mittelsmann gewesen, der seinem britischen Verwandten kostenlos eine kleine Gefälligkeit erwiesen habe.

Ob auch Hamsa zu den „Dritten“ gehört? Schuster: „Kein Kommentar.“ Über die Person von Wolfgang Hamsa und seine Verbindungen zu Mensdorff und Landon ist wenig bekannt. Der 1964 geborene Wiener hatte sich nach dem Studium der Betriebswirtschaft Ende der neunziger Jahre auf ein zukunftsweisendes Fach verlegt: die steuerschonende Gründung von Offshore-Gesellschaften. „Ich habe selten jemanden kennen gelernt, der dabei so firm war wie er“, erinnert sich ein früherer Geschäftspartner. Bald hatte Hamsa einen Firmensitz auf den Kanalinseln, offiziell ein Büro in Dublin. Zu seinem Haupterwerbszweig wurde jedoch der Betrieb von Business Centern, die Büros und die dazugehörende Infrastruktur vermieteten.

Eines davon betrieb Hamsa im Wiener Millennium-Tower. Doch er beschränkte sich nicht auf Wien. Nach dem Jahr 2000 expandierte Hamsa ins arabische Emirat Dubai, um mit der neu gegründeten Emirates Business Center FZC im Luxushotel Fairmont nach Wiener Vorbild Geld zu machen. Zu Weihnachten 2004 stieg Hamsa aus dem Dubai-Geschäft aus – genau ein Jahr zuvor, am 18.12.2003, soll er von Tim Landon 4,7 Millionen Euro erhalten haben. Das besagt zumindest der von Mensdorff der Justiz präsentierte Zahlungsbeleg.

Wusste Hamsa, dass sein Name auf diesem Beleg aufscheint? Welche Investments hatte der „weiße Sultan“ in den Emiraten geplant? Und warum wählte der Brite den komplizierten Umweg über Österreich, wenn er das Geld auch einfach direkt hätte überweisen können? Das sind drei zentrale Fragen, denen die Justiz nun nachgeht. Die Antwort kann nur Mensdorff geben. Denn Timothy Landon starb im Juli 2007 an Lungenkrebs. Und auch Wolfgang Hamsa, einer der mutmaßlichen Empfänger, kann nichts mehr sagen. Er war wenige Wochen vor Landon Anfang April 2007 im Alter von 43 Jahren einem Herzinfarkt erlegen.

* Er teilt sich übrigens eine Zelle mit jenem mutmaßlichen Betrüger, der vor wenigen Wochen nach profil-Recherchen im so genannten Buchhaltungsskandal verhaftet wurde.