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Telekom. Die Telekom Austria wickelte über Buwog-Lobbyisten Zahlungen an parteinahe Organisationen ab

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Die Herren, die am 13. März 2004 in Wien einem Charterflugzeug der Bedarfsfluglinie Jet Alliance entstiegen, hatten etwas gemeinsam. Sie standen am Höhepunkt ihrer Macht, und ihre Geschäfte liefen prächtig. An Bord der aus Bilbao eingeflogenen Maschine waren neben Jet-Alliance-Chef Lukas Lichtner-Hoyer auch der Ex-FPÖ-Generalsekretär und Lobbyist Walter Meischberger, der damalige Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer und der Grasser-Intimus und Immobilienkaufmann Ernst Karl Plech. In einer Beschuldigtenvernehmung bei der Staatsanwaltschaft Wien am 10. November 2009 erinnert sich Walter Meischberger an den Trip nach Bilbao: „Die ZehnVierzig (Meischbergers Agentur, Anm.) arbeitete damals an der Entwicklung eines Golfplatzprojektes, im konkreten Fall Wien-Freudenau. Als Planer war ein Spanier, Jose Maria Olazabal, einer der besten Golfspieler der Welt, ausersehen. Rudi Fischer und Ernst Plech waren auch an dem Projekt interessiert. Wir haben mit Jose Maria am Golfplatz in San Sebastian eine Runde gespielt, haben uns dann sehr über das Projekt unterhalten und sind dann wieder nach Hause geflogen. Aus dem Projekt ist bis heute nichts geworden.“ Macht nichts. Walter Meischberger und sein Freund Rudolf Fischer kamen auch so ins Geschäft. Über Jahre hinweg profitierten Meischberger und sein Kompagnon aus dem Buwog-Deal, Peter Hochegger, von Aufträgen der Telekom Austria. Im teilverstaatlichten Telekom-Konzern will man davon heute nichts mehr wissen. Aus gutem Grund. Über Hochegger und Meischberger wurde zum Zweck des politischen „Lobbyings“ im Namen der Telekom Austria über Jahre hinweg Geld an parteinahe Organisationen und Abgeordnete weitergereicht. Gegen Hochegger, Meischberger und Plech ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Wien wegen ihrer Rolle im Buwog-Verkauf 2004. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der SPÖ-Abgeordnete Kurt Gartlehner hat – obwohl seit beinahe zwanzig Jahren im Nationalrat – keine besonders tiefen Spuren im Parlament hinterlassen. Er ist das, was man gemeinhin einen Hinterbänkler nennt. Seine Expertise zu Forschungs- und Technologiefragen ist allerdings außerhalb des Parlaments gefragt: Gartlehner stand mehr als ein Jahr lang auf der Payroll von Buwog-Lobbyist Peter Hochegger. Dies geht aus Rechnungen hervor, die den Ermittlern in der Causa Buwog bei der Durchsuchung von Hocheggers Büroräumlichkeiten in die Hände fielen. Hochegger dazu in einer Einvernahme: „Befragt zu den laufenden Rechnungen der Austria Consults gezeichnet durch Herrn Ing. Kurt Gartlehner, Abgeordneter zum NR (Nationalrat, Anm.) über € 3.000 im Monat über einen Zeitraum von über einem Jahr: … Inhaltlich geht es um zwei Themen: Beamtendienstrecht. Gartlehner berät mich in der Frage, wie die Stimmungslage bei diesem Thema in der Regierung ist, weil es sich dabei um ein Schlüsselthema für die Telekom Austria handelt. Ein zweites Thema ist Breitbandausbau und Regulierungspolitik, darin hat Herr Ing. Gartlehner eine Expertise.“

Gartlehner bestätigt auf profil-Anfrage, dass er ab 2007 für etwas mehr als ein Jahr monatlich 3000 Euro von Hochegger erhalten hat. „Ich habe im Bereich Telekom und Windenergie als Consulter für ihn gearbeitet. Hochegger wollte über viele Dinge im politischen Bereich Bescheid wissen“, so Gartlehner etwas vage. Offengelegt hat Gartlehner sein Engagement für den umtriebigen PR-Mann Hochegger nicht. Warum eigentlich? „Das ist im Nachhinein betrachtet eine gute Frage.“ Ebenso wie jene, wie ein österreichischer Nationalratsabgeordneter überhaupt auf die Idee verfallen kann, einem Lobbyisten gegen Geld Informationen aus Regierungskreisen zu beschaffen.

Druckkosten.
Peter Hocheggers politisches Lobbying für die Telekom Austria war nicht auf SPÖ-Proponenten beschränkt.

Im Gegenteil. „Befragt zur Rechnung der Fraktion Christlicher Gewerkschafter … über € 30.000 als ‚Marketingzuschuss Telekomzuschuss‘ an die Valora AG (Hocheggers Agentur, Anm.), gebe ich an, dass diese Zahlungen auf Wunsch der Telekom/Herrn Fischer geleistet wurden. Diese Organisationen haben mit Herrn Fischer (Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer, Anm.) vereinbart, für das Honorar bestimmte Gegenleistungen im Bereich Kommunikation/Marketing zu erbringen.“

Nachsatz:
„Die Abrechnung erfolgte über mich, wahrscheinlich weil die Telekom das nicht direkt bezahlen wollte.“ Warum, das kann man sich in der FCG nicht erklären. „Aber was ist da schon dabei? Es gab zu diesen Themen ja auch tatsächlich Publikationen“, so FCG-Funktionär Friedrich Pöltl, der die Rechnung an die Hochegger-Agentur unterzeichnet hat.

Hocheggers Agentur betreute die Telekom Austria über viele Jahre hinweg. Als Subunternehmer beschäftigte er dabei auch Walter Meischberger. Jenen Walter Meischberger also, mit dem er gemeinsam beim Verkauf der Bundeswohngesellschaften (Buwog) für ein Konsortium um die Immofinanz im Verborgenen lobbyierte und dafür insgesamt 9,6 Millionen Euro an Erfolgshonoraren kassierte. „Mit dem damaligen Vorstand der Telekom Austria AG Rudolf Fischer wurde von Meischberger vereinbart, dass er monatlich € 10.000 erhält und dieser Betrag über die Valora abgewickelt wird“, so Peter Hochegger gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien. Meischberger soll laut Hochegger den Sonderauftrag gehabt haben, auf Kosten der Telekom das Wirken von Vorstand Fischer ins rechte Licht zu rücken: „Meischberger ist Fischer, nicht der Telekom zur Verfügung gestanden für Beratungstätigkeiten und Recherchen im Regierungsumfeld.“ Und weiter: „Er hat Fischer auch beraten, wie man in der Öffentlichkeit auftritt und welche Themen man besetzen soll. Ich kann mich erinnern, dass er Fischer geraten hat, sich als Vizepräsident des Österreichischen Golfverbandes stärker zu engagieren. Meischberger wollte, dass Fischer als führender Manager in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Die Telekom war immer zufrieden mit den von Meischberger erbrachten Leistungen. Die Valora ihrerseits hat Honorare an die Telekom verrechnet und damit diese monatlichen Zahlungen an Meischberger verdient.“ Auch über Meischbergers Agentur ZehnVierzig wurden auf Geheiß der Telekom parteinahe Institutionen finanziert – etwa die FPÖ-Parteizeitung „Neue Freie Zeitung“. „Befragt zu zwei Rechnungen der ‚Neuen Freien Zeitung‘ vom 1.12.2004 und 28.12.2004 an die ZehnVierzig über € 102.600 bzw. € 89.400 für die ‚Platzierung verschiedener Persönlichkeiten und Produkte, speziell Telcos‘: … Es ging wieder um Regulierungsmaßnahmen im Telekombereich, und zwar um Information, Artikel und Recherchen an die ‚Neue Freie Zeitung‘ zum Abdruck weiterzugeben. In Wahrheit sind es Druckkostenbeiträge … Ich bzw. die ZehnVierzig haben im Auftrag von Hochegger gehandelt. Hochegger hatte einen Gesamt-PR-Jahresauftrag von der Telekom“, so Walter Meischberger in seiner Einvernahme.

„Bei den Zahlungen an ‚Neue Freie Zeitung‘ und die Fraktion Christlicher Gewerkschafter handelt es sich um illegale Parteienfinanzierung – und das alles mit dem Geld der Telekom, die zu über einem Viertel der ÖIAG gehört“, sagt Grünen-Abgeordnete Gabriela Moser. Zur Erinnerung: Zu der Zeit, als „Neue Freie Zeitung“ und FCG von der Telekom Austria Zuwendungen erhielten, war Karl-Heinz Grasser Finanzminister und als solcher Eigentümervertreter bei ÖIAG und Telekom Austria. Die „Neue Freie Zeitung“ hat laut dem damaligen Chefredakteur Michael Richter „Redaktion und Geschäftsführung streng und konsequent getrennt“. Die Telekom Austria will auch heute noch von derlei sonderbaren „Marketingzuschüssen“ an die ÖVP-nahe Christgewerkschaft und die „Neue Freie Zeitung“ nichts wissen. „Wir können zu Verantwortungsbereichen des früheren Vorstands keine Informationen weitergeben“, so ein Sprecher. Ex-Vorstand Rudolf Fischer auf profil-Anfrage: „Die Agentur von Peter Hochegger hatte von uns ganz normale Lobbyingaufträge. Wer für Hochegger als Subunternehmer aufgetreten ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich distanziere mich auch von jeder Art der Parteienfinanzierung.“

Um Fischer selbst ist es seit seinem Ausscheiden aus dem Telekom-Vorstand vor etwas mehr als einem Jahr ruhig geworden. Im Vorstand des Österreichischen Golfverbands sitzt er nach wie vor. Die Telekom Austria hat ihr langjähriges Sponsoring im Golfsport allerdings inzwischen aufgegeben.