FPÖ: „Kein Handlungsbedarf“

Uwe Scheuch über die „Braune Flecken“-Debatte

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profil: Was wird für die FPÖ das zentrale Thema im so genannten Gedankenjahr sein?
Scheuch: Wir wollen davon abgehen, nur die großen Staatsmänner dieser Zeit zu ehren, und uns mehr auf jene konzentrieren, die Österreich wirklich aufgebaut haben: von den Trümmerfrauen bis zu den vielen tausenden Menschen, die ihr Leben gemeistert und unseren Staat zu dem gemacht haben, was er ist.
profil: Vorher werden einige zentrale Fragen zu klären sein. Etwa diese: Sind wir 1945 befreit oder besiegt worden?
Scheuch: Wir sind sicherlich in diesem Fall befreit worden.
profil: Die Studie über die BSA-Vergangenheit in den Jahren nach 1945 hat in der SPÖ für einigen Wirbel gesorgt. Was sagt denn die FPÖ dazu?
Scheuch: Für uns Freiheitliche ist das überhaupt kein Problem. Man weiß ganz genau, dass von 1938 bis 1945 sehr viele Leute an diesem Regime beteiligt waren – und dass diese später in allen Parteien vertreten waren. Das ist für mich ein Teil der Geschichte, der ich als Nachkriegskind relativ wertfrei gegenüberstehe. Deswegen haben wir Freiheitliche kein besonderes Bedürfnis oder auch keinen besonderen Handlungsbedarf, hier eine Aufarbeitung zu leisten.
profil: Die FPÖ hat doch mehr Handlungsbedarf als die anderen. In ihrer Vorgängerpartei VdU versammelten sich ja hauptsächlich ehemalige Nazis.
Scheuch: Wenn man sich das genauer anschaut, dann weiß man, dass die meisten ehemaligen Nationalsozialisten bei der SPÖ gelandet sind, etwa in Kärnten. Da waren führende ehemalige Mitglieder dieses Regimes bei der SPÖ. Ich glaube, dass das auch kein Problem für eine Partei darstellen sollte. Man sollte da nicht groß nach Gründen, Ursachen und Entschuldigungen suchen. Das ist ein Teil der Geschichte, der im wahrsten Sinn des Wortes Geschichte ist.
profil: Der erste FPÖ-Obmann, Anton Reinthaller, war Nazi-Minister. Der zweite, Friedrich Peter, SS-Mann in einer Mordbrigade. Da gäbe es doch wohl etwas aufzuarbeiten.
Scheuch: Leopold Wagner war auch dabei.
profil: Bei der Hitler-Jugend. Sie haben gesagt, Sie stünden diesem Teil der Geschichte wertfrei gegenüber. Kann man das?
Scheuch: Man kann sich nicht permanent mit irgendwelchen Selbstzweifeln über seine Vergangenheit beschäftigen. Ich persönlich komme auch aus einem sehr bodenständigen, nationalen, heimatverbundenen Haus. Trotzdem kann mir niemand vorwerfen, ich hätte irgendwelche Tendenzen in Richtung des Regimes von 1938 bis 1945. Man muss das Damalige als damals sehen und das Heutige als heute. Wenn man nicht nur 40 oder 50 Jahre zurückgeht in der Geschichte, sondern 200, dann hätten andere Länder noch viel größere Probleme.
profil: Das ist halt schon ein bisschen lange her.
Scheuch: Es ist gut, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Man soll sie kritisch sehen, sofern es kritische Punkte gibt. Aber das in den Mittelpunkt zu stellen, wo man wirklich andere Sorgen hat – das halte ich für unklug.