FPÖ: Eine Partei, drei Generalsekretäre

FPÖ: Straches Trio bravo

HC Straches nicht mehr ganz frische Buberlpartie

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Der eine marschiert in seiner Freizeit zehn Tage durch den Dschungel in Malaysia, der Zweite schreibt über Hegel und Kant, der Dritte singt im Männerchor: Harald Vilimsky, Herbert Kickl, Karlheinz Klement – drei Männer, ein Beruf: Generalsekretär der FPÖ. Einigen ihrer Vorgänger glückte der Absprung zu höheren Ämtern: von Karl-Heinz Grasser über Herbert Scheibner bis Peter Westenthaler und Karl Schweitzer. Andere wie Gerhard Fallent oder Peter Sichrovsky sind vergessen.

Das Generalsekretariat, sagt Heinz-Christian Strache, sei „die politische Drehscheibe“ der Partei. Die FPÖ benötigt drei Generäle, um sie in Schwung zu halten. Das offizielle Ziel: ein zweistelliges Ergebnis bei der Wahl im Herbst; das inoffizielle: die Zerstörung ihres ehemaligen Idols.

Der Rammbock

Harald Vilimsky, 39, kommt aus Favoriten und erinnert ein bisschen an Bruce Willis. Privat steht der Wiener auf Action: Tauchen, Karate, Motorradfahren, Fallschirmspringen. Politisch auch: Vilimsky werde ein „politischer Rammbock“ für das Tagesgeschäft sein, verkündete Parteichef Strache vor zwei Wochen, als er den langjährigen Pressesprecher der Wiener Landespartei als dritten Generalsekretär präsentierte. Ein Mann fürs Grobe also, mit einem leichten Macho-Touch. Eine Attacken-Partei wie die FPÖ braucht solche Leute, die täglich den politischen Krawall suchen und so wirken, als ob sie keine Gefangenen machen würden. Manchmal will Vilimsky aber auch anders wirken: So warnte er in der Vorwoche vor einer „politischen Schlammschlacht“ im Wahlkampf und forderte ein Fairnessabkommen der Parteien. Bei seiner Antrittspressekonferenz hatte er eine Untersuchung angekündigt, ob es in Wien nicht schon „mehr Moscheen als christliche Kirchen“ gäbe. „Ich bin ein feinfühliger Mensch“, sagt Vilimsky. Als Generalsekretär müsse er aber „pointiert“ formulieren.

Jörg Haiders rasant wachsende FPÖ der neunziger Jahre benötigte schon im Normalbetrieb Action und aggressive Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Junge eloquente Typen wie Vilimsky oder Westenthaler konnten schnell Karriere machen – Mundwerk als Handwerk. Nach HAK-Matura, PR-Lehrgang und ersten Berufserfahrungen landete Vilimsky als Pressesprecher in der FPÖ, zunächst im Parlamentsklub und nach Auseinandersetzungen mit der damaligen Bundespressereferentin Susanne Riess-Passer in der Wiener Landespartei. Statt wie früher im Gemeindebau im zehnten Bezirk wohnt Vilimsky heute beim Stadtpark. Doch die Politik ist ein riskantes Geschäft, gerade für Parteisekretäre. Nach Jörg Haiders BZÖ-Abspaltung musste wohl auch Vilimsky Angst vor einer ungewissen Zukunft haben. Der Wahlerfolg bei den Wiener Gemeinderatswahlen im Herbst gab der Partei Selbstsicherheit zurück. Vilimsky, der „langjährige Kämpfer an meiner Seite“ (Strache), wurde mit einem Bundesratsmandat belohnt. Der angenehme Nebeneffekt: Als Abgeordneter verfügt der FPÖ-Generalsekretär über parlamentarische Immunität, was das „pointierte“ Formulieren erleichtert.

Der Philosoph

Bei seiner dieswöchigen Aschermittwochsrede in der Jahnturnhalle in Ried im Innkreis wird Heinz-Christian Strache weder „die transzendentale Deduktion der Kategorien“ noch „das Bewusstseinskapitel in Hegels Phänomenologie des Geistes“ erwähnen. Er wird stattdessen vielleicht von „der schwarzen Witwe“ Wolfgang Schüssel oder vom „Ortstafeljudas“ Haider sprechen. Herbert Kickl, 37, aus Radenthein in Kärnten, will seine Diplomarbeit über die Zusammenhänge von Kants Kategorien und Hegels Phänomenologie eines Tages doch noch beenden. Vorerst ist aber eher sein Talent gefragt, Formulierungen zu finden, die Harald Vilimsky „pointiert“ und Strache-Fans zum Schenkelklopfen finden. Verbale Grenzverletzungen werden in Kauf genommen, das war schon bei Jörg Haider so, für den Kickl früher im Kärntner FPÖ-Landesbüro Gags und Reden schrieb. Die Parteispaltung brachte ihn nach oben, aus dem einfachen Sekretär wurde ein General mit dem Zuständigkeitsbereich Strategie und Kampagnen.

Man könnte meinen, Kickl wäre in Wahrheit ein Söldner, der nur durch Zufall bei der FPÖ gelandet ist und neben dem blauen noch ein anderes Leben führt. Er fährt Rad statt BMW, verzichtet im Gegensatz zu seinem Boss auf In-Discos und Rolex, und manchmal wird er sogar für einen Grünen gehalten. Doch der FP-General ist alles andere als beliebig. Manches, was sich als „Toleranz“ ausgebe, sagt er, sei bisweilen „Gleichgültigkeit“. Wer alles zulassen wolle, habe in Wahrheit „keine Position“. Kickl ist ein Ideologe in Straches FPÖ – wie Andreas Mölzer, doch im Gegensatz zum EU-Mandatar fehlt Kickl das Publikum. Rechtsausleger Mölzer bedient freiheitliche Kerneliten im Burschenschafter-Überbau mit akademischen Erörterungen zum Nationenbegriff oder zur Zeitgeschichte. Doch die Zielgruppe des Nicht-Burschenschafters Kickl – die „kleinen Leute“ – verlangt nach einfachen Antworten. Und statt über sein Leibthema Erkenntnistheorie nachzudenken, verkauft Kickl das anlaufende freiheitliche Anti-EU-Volksbegehren „Österreich bleib frei!“ – der Philosoph als notgedrungen vereinfachender Homo simplex.

Freiheitlichen Intellektuellen wie Mölzer ist die Lust an der geistreichen Provokation stets anzumerken. Sie kokettieren damit, als Rechtsaußendenker Mitglied einer gebildeten Minderheit zu sein. Herbert Kickl trumpft nicht auf, auch wenn er gern einmal Spinoza-Zitate oder Sätze wie „Man kann nicht nicht kommunizieren“ fallen lässt. Er ist ein intelligenter, leicht verspielter Typ, der bei der FPÖ die Gelegenheit erhielt zu überprüfen, „was ich mit meinem Wissen in Philosophie und Politologie umsetzen kann“. Kickl hat einen etwas autoritären Einschlag, „das Großkapital“ und „das System“ sind seine Gegner, „die Heimat“ ist schützenswert. Als Oberkärntner scheint er den Ortstafelwirbel seiner Landsleute im Süden dennoch nicht ganz nachvollziehen zu können. „Nicht in ein Kastl zu passen ist auch ein Kastl“, sagt Kickl – über Kickl.

Der Drachentöter

Die Herren der Sängerrunde Klagenfurt-Emmersdorf, des Männergesangsvereins Koschatbund und auch der Sängerrunde St. Michael müssen in letzter Zeit auf ihren prominenten Tenor verzichten. Denn Karlheinz Klement, 42, Generalsekretär der freiheitlichen Bundespartei und geschäftsführender Landesparteiobmann der FPÖ Kärnten in Personalunion, hat dieser Tage viel zu tun. Der Diplomingenieur – Fachrichtung Bergwesen an der Montanuniversität Leoben – ist ein Klischeekärntner, wie man ihn sich diesseits von Pack und Katschberg vorstellt: Sänger (Lieblingslied: Thomas Koschats „Valossn, valossn“), Hobbypilot, Eishockeyspieler, ausgestattet mit einem sonnigen Gemüt und einem griffigen Motto – „der Heimat im Wort“.

„Ich bin ein echter Kärntner“, sagt Klement – eine kleine Bosheit in Richtung Jörg Haider, der aus Bad Goisern im oberösterreichischen Salzkammergut kommt, das zwar landschaftlich ebenso reizend, aber aus Kärntner Sicht eben nicht Kärnten ist. Von allen drei Generalsekretären kennt Klement den Landeshauptmann wohl am längsten, und eigentlich ist er Generalsekretär geworden, um Haider vor Ort zu bekämpfen: „Ich bin der Drachentöter.“ Klement setzt auf kleine Provokationen. Anfang Februar tauchte er mit seinem Boss Strache, Andreas Mölzer und Anhang auf der Klagenfurter Redoute, dem persönlichen Ball des Landeshauptmanns, auf.

Was Haider mittlerweile „Vergangenheit“ nennt und endgültig hinter sich lassen möchte, ist für Klement Programm. Aus der Konkursmasse, die Haider nach der Abspaltung hinterließ, löste er mit blauen Kärntner Veteranen um Otto Scrinzi, Alois Huber und Kriemhild Trattnig den rechtsnationalen Kern. Sie nennen sich „die echten Freiheitlichen“ und wollen dem „Verräter“ Haider die entscheidenden Prozente für das Grundmandat in Kärnten bei den Nationalratswahlen und später im Kampf um den Landeshauptmannposten abjagen.

Für Klement war der blau-orange Crash des Vorjahres die Wiederholung der Wiederholung der Geschichte. Schon 1992 musste er einsehen, dass sein Idol Haider sich von deutschnationalen Ideen verabschiedete. Kärntner Grenzlandrhetorik à la Trattnig passte nicht zu Haiders Strategie der Stimmungs- und Stimmenmaximierung.

Die blaue Urmutter verließ die FPÖ, Klement folgte ihr nach, allerdings unfreiwillig. Haider hatte ihn nach Kritik am damaligen Bundesgeschäftsführer Gernot Rumpold ausschließen lassen. Im Jahr 2000 kam Klement zurück in die Partei und kandidierte auf der Kärntner FPÖ-Liste für den Nationalrat. 2004 überwarf er sich erneut mit Haider und wurde abermals ausgeschlossen. Seinen Job bei der Kärntner Landesversicherung hat Klement nach seinem laut Homepage „steilen Aufstieg“ in der FPÖ quittiert. Ein Risiko, aber schließlich „versetzen Idealisten Berge“, sagt Klement. Oder wie es vielleicht der Wiener Strache ausdrücken würde: „Ein echter Kärntner geht nicht unter.“

Von Gernot Bauer