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Gastronomie: Back to Burger

Back to Burger

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Der Abgang war von langer Hand geplant und erfolgte überaus geordnet. Jim Cantalupo hatte seine McDonald’s-Aktien für zehn Millionen Dollar verkauft und als letztes Jahresgehalt – inklusive Erfolgsprämie – knapp zwei Millionen Dollar kassiert, bevor er sein Büro in der Konzernzentrale in Oak Brook bei Chicago Ende 2001 räumte. Im Alter von 58 Jahren freute sich Cantalupo sichtlich auf die Pension. Nach 28 Jahren bei McDonald’s war er der Ansicht, sich den Ruhestand wohlverdient zu haben.

Die Auszeit sollte nicht lange währen. Im Dezember 2002 bezog Cantalupo erneut ein Büro bei McDonald’s – diesmal als Vorstandsvorsitzender. Er sollte jene Probleme lösen, an denen sein Vorgänger Jack Greenberg gescheitert war: Die Fast-Food-Kette litt seit geraumer Zeit unter chronisch sinkenden Gewinnen, der Druck durch Konkurrenten wie Burger King oder Subway ließ die Umsätze stagnieren, der Aktienkurs war seit zwei Jahren im Sinkflug, und zu allem Überfluss hatten einige übergewichtige Amerikaner gegen McDonald’s einen Schadenersatzprozess angestrengt, der kostspielig zu werden drohte.

Kein leichter Einstieg also für den Kurzzeitpensionisten Cantalupo, dessen erste Aufgabe darin bestand, den McDonald’s-Aktionären kurz vor Weihnachten eine Hiobsbotschaft zu überbringen: Der Fast-Food-Konzern hatte zum ersten Mal seit dem Börsegang im Jahr 1965 Verluste geschrieben und würde das Geschäftsquartal mit roten Zahlen beenden.

Die „Goldenen Bögen“, wie das leuchtend gelbe M im McDonald’s Schriftzug genannt wird, hatten unter Greenberg kräftige Schrammen abbekommen. Cantalupos Aufgabe ist es daher, McDonald’s wieder aufzupolieren und das Vertrauen von Anlegern sowie Konsumenten zurückzugewinnen. Eine neue Strategie, neue Produkte und eine mehr als eine Milliarde Dollar teure Werbekampagne, die Dienstag dieser Woche weltweit startet, sollen dem Burger-Konzern wieder seinen früheren Glanz verleihen.

Schleifspuren. Cantalupo gibt sich dafür nicht allzu viel Zeit: Spätestens Mitte 2004 soll der Turnaround geschafft sein und McDonald’s wieder nachhaltig schwarze Zahlen schreiben. Damit das gelingt, musste der Konzern zuallererst seine ambitionierte Expansionsstrategie bremsen, die deutliche Schleifspuren hinterlassen hat. So war etwa die Zahl der konzerneigenen Restaurants zwischen 1991 und 2001 um 229 Prozent gestiegen, der Umsatz hatte hingegen nur um 125 Prozent zugelegt. Cantalupo: „47 Jahre lang hat sich McDonald’s darauf konzentriert, Jahr für Jahr neue Restaurants zu eröffnen, jetzt konzentrieren wir uns darauf, mehr Kunden in bestehende Restaurants zu bringen“ (siehe Interview).

Dazu hat der Vorstandsvorsitzende mit dem penibel gezogenen Seitenscheitel und der rauen Stimme dieses Jahr die Investitionen für Eröffnung und Renovierung von Restaurants auf 1,2 Milliarden reduziert, um 800 Millionen Dollar weniger als 2002. Außerdem sollen – vorwiegend in den USA – rund 600 Restaurants geschlossen werden.
Um neue Kunden anzulocken, bewirbt McDonald’s verstärkt eine kräftig überarbeitete Produktpalette – unter anderem Salate mit in den USA überaus beliebten Saucen, die vom Unternehmen des Schauspielers Paul Newman hergestellt werden; weiters ein spezieller neuer Frühstücksburger und Happy Meals mit frischem Obst für die Kids. Um vergraulte Kundschaft wieder zurückzuholen, bemüht sich die Fast-Food-Kette um verbesserten Service, besser geschultes Personal und mehr Sauberkeit in den Lokalen.

Kerngeschäft. „Back to Basics“ heißt es seit Jänner. „Wir müssen uns wieder auf unser Kerngeschäft konzentrieren“, ist Cantalupo überzeugt. McDonald’s hatte unter Jack Greenberg stark diversifiziert und – in der Hoffnung, Umsätze, Gewinn und Aktienkurs steigern zu können – mehrere andere Restaurantketten erworben. Zunächst beteiligte sich der Big-Mac-Spezialist an der Kette Chipotle Mexican Grill, ein Jahr später übernahm McDonald’s die mehr als 100 Filialen der Pizzeria Donatos und rund 700 Restaurants unter der Marke Boston Market. „Das war zu viel auf einmal“, meinen unter anderem Analysten der Investmentbank Lehman Brothers. Unterdessen ist das Investmenthaus Morgan Stanley damit beauftragt, mögliche Verkaufsoptionen für die Partnermarken auszuloten.

Das von Cantalupo angekündigte Restrukturierungsprogramm scheint erste Wirkung zu zeigen. McDonald’s konnte im ersten Halbjahr 2003 einen Umsatzzuwachs um sieben Prozent auf 21,6 Milliarden Dollar verzeichnen, der Gewinn stieg um ein Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar. Auch die Anleger haben die Bemühungen des neuen Managements honoriert: „Die McDonald’s-Aktie hat seit Februar um 80 Prozent zugelegt“, so Monika Rosen vom Asset Management der Bank Austria.
Das Schlimmste könnte solcherart zwar überstanden sein, noch ist aber nicht klar, ob McDonald’s tatsächlich bereits den endgültigen Turnaround geschafft hat. „Ein, zwei gute Quartalsergebnisse reichen noch nicht aus“, meint Steven Rees, Analyst bei JP Morgan, „wir haben durchaus noch Bedenken.“

Letztere könnte möglicherweise die neue, weltweite Werbekampagne zerstreuen helfen, die McDonald’s am 2. September erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Außergewöhnlich ist dabei nicht nur der Umstand, dass die Präsentation außerhalb der USA, nämlich in München, stattfindet. Außergewöhnlich sollen auch die Werbevideos und die Musik sein, mit denen sich McDonald’s ein neues Image verpassen möchte.

Konzipiert wurde der neue Markenauftritt des Fast-Food-Konzerns von der deutschen Agentur Heye & Partner, die auch für den neuen Werbeslogan „I’m
lovin’ it“ verantwortlich zeichnet. Cantalupo: „Wir arbeiten mit Heye schon seit mehr als 30 Jahren zusammen. Sie hatten einfach die beste Idee.“