Georg Hoffmann-Ostenhof

Georg Hoffmann-Ostenhof Obamas Dreamteam

Obamas Dreamteam

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Wie Pläne werden auch Wünsche selten übererfüllt. Aber es passiert. So jetzt in der amerikanischen Politik. Wie wurde doch während der US-Vorwahlen von einem demokratischen Dreamteam Obama/Clinton geschwärmt: Barack Präsidentschaftskandidat, Hillary als Vize am Ticket – die zwei wären gemeinsam doch unschlagbar!

Dann die leise Enttäuschung, als der schwarze Senator von Illinois nicht seine in den Primaries besiegte Rivalin Hillary, sondern John Biden als Vize nominierte. Obama siegte dann bekanntlich auch ohne sie. Und nun wird es doch das Dreamteam geben, noch traumhafter als erhofft. Denn der Posten des US-Außenministers ist weitaus gewichtiger als jener des Vizepräsidenten – der im Normalfall weitgehend zeremonielle Aufgaben hat.

Mit der Designierung von Frau Clinton zur Chefin des State Department Anfang der Woche hat Obama bereits vor seiner Amtseinführung einen weiteren Schritt gesetzt, um die von George Bush ins internationale Abseits manövrierten USA zurück auf die internationale Bühne zu katapultieren. Man kann ohne Übertreibung sagen: Sie sind nicht nur die in den USA weitaus bekanntesten, beliebtesten und wahrscheinlich auch kompetentesten Politiker, sie dürften auch – Wladimir Putin und Nicolas Sarkozy mögen verzeihen – die populärsten politischen Figuren weltweit sein. Beide genießen das, was der Clinton-Biograf Carl Bernstein auf CNN „global star power“ nannte.

Kein Zweifel: Obama ist mit der Bestellung der einstigen First Lady ein Risiko eingegangen. Zwar mögen die inhaltlichen Differenzen in Fragen der Außenpolitik viel kleiner sein, als es in der Hitze des Vorwahlgefechts den Anschein hatte, aber immerhin besteht für den Präsidenten die Gefahr, dass die legendär ehrgeizige Hillary mit all der begeisterten Unterstützung, die sie bei einem Teil der US-Bevölkerung genießt, ein Machtzentrum neben dem Weißen Haus aufbaut.

Als Obama sie Montag dieser Woche offiziell als seine künftige Außenministerin vorstellte, pries er ihre „ex­treme Intelligenz und ihr bemerkenswertes Arbeitsethos“. Sie sei eine „herausragende Amerikanerin“, mit der er blendend zusammenarbeiten werde. Seine entspannte Körpersprache signalisierte, dass er tatsächlich glaubt, was er sagte. Nicht minder risikoreich erscheinen seine weiteren außen- und sicherheitspolitischen Personalentscheidungen: Robert Gates, der Pentagon-Chef in den letzten zwei Jahren der Bush-Regierung, bleibt auch unter Obama US-Verteidigungsminister, und James Jones, Vietnam-Veteran und McCain-Freund, General und ehemaliger NATO-Oberbefehlshaber, wird Sicherheitsberater – zwei Männer, denen niemand hochgradige Kompetenz abstreitet, die aber eher Republikaner sind und wahrscheinlich am 4. November nicht einmal für Obama gestimmt haben. Auf die Frage, ob es nicht zu Differenzen kommen werde, antwortete Obama, er möge kein „Gruppendenken“, und im Übrigen glaube er an „starke Persönlichkeiten mit starken Meinungen“.

Die Einmütigkeit, mit der die Perfomance Obamas nun gepriesen wird, wirkt fast unheimlich. Nicht nur hält die Begeisterung seiner Anhänger an, auch seine bisherigen Gegner auf der rechten Seite des politischen Spektrums sind voll des Lobs für Obamas Mut, so parteiübergreifend eine Crew der besten Köpfe zusammenzustellen. Nur sehr vereinzelt werden Bedenken angemeldet: Wird Obama mit diesen alten Hasen des politischen und militärischen Establishments den versprochenen „Change“ vollziehen können? Setzt er nicht auch im Wirtschaftsbereich auf bewährte Experten und nicht auf junge Erneuerer? Kann mit diesem Personal eine neue Weltordnung geschaffen werden? Lassen die Personalentscheidungen nicht schon erahnen, was viele im Vorfeld der Wahlen bereits vorausgesagt haben: die große Ernüchterung?

Sie muss nicht eintreten. Im Schatten der desaströsen Politik von Bush vollzog sich zuletzt auch bei einem Teil der Republikaner ein grundlegender Meinungsumschwung, nicht zuletzt in der Außenpolitik: In den Empfehlungen des so genannten Hamilton-Baker-Plans vom Dezember 2006 etwa, auch von prominenten Republikanern mitverfasst, wurde bereits eine fundamentale Abkehr vom Bush-Kurs vorgeschlagen: Entmilitarisierung der amerikanischen Außenpolitik, Gespräche und Verhandlungen auch mit Gegnern, vor allem mit dem Iran und Syrien, und volles Engagement für eine Friedenslösung im israelisch-palästinensischen Konflikt.

Genau das ist aber auch das Programm Obamas. Warum sollte er nicht mit jenen pragmatisch-moderaten Republikanern arbeiten, die ähnlich denken wie er? Robert Gates ist einer von ihnen. Überhaupt folgt die Obama-Politik offenbar einer pragmatischen Logik: Wo es möglich und sinnvoll ist, wird er seine Politik nicht von den eigenen Leuten verwirklichen lassen, sondern von Leuten anderer Couleur und anderer Weltanschauung. Das schafft größere Glaubwürdigkeit und eine breitere Unterstützungsbasis in der Gesellschaft. Obamas Wahlkampfpathos der Vereinigung der Gegensätze dürfte also nicht nur Rhetorik sein, sondern könnte sich als erfolgreiche Methode politischen Handelns herausstellen.

Vielleicht sind seine überraschenden Besetzungsentscheidungen weniger, was so mancher fürchtet, ein rechtes Verwässern seiner linken Versprechungen, sondern das Gegenteil: der Versuch, die Linkswende der amerikanischen Politik auch von gemäßigten Rechten exekutieren zu lassen. Das wäre eine politische Innovation sondergleichen.

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