Glühbirnen-Verbot wird Streitthema

Glühbirnen-Verbot wird Streitthema: Wahlkampfthema bei den Europa-Wahlen

Wahlkampfthema bei den Europa-Wahlen

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Von Otmar Lahodynsky

Es ist also passiert. Mittwoch vergangener Woche hat die EU-Kommission unter dem Vorsitz von José Manuel Barroso das Aus der konventionellen Glühlampe zugunsten der Energiesparlampe per Verordnung besiegelt. Klare Glühbirnen werden ab 1. September schrittweise bis 2012 vom Markt genommen, mattierte Birnen dagegen müssen ab September ohne jede Schonfrist aus dem Handel verschwinden. profil widmete dem Thema vergangene Woche eine international viel beachtete Titelgeschichte („Das Wolfram-Komplott“, profil 12/09), die nicht nur unter Konsumenten, sondern vor allem auch unter EU-Parlamentariern gesteigertes Unbehagen auslöste. „Wir geben uns nicht geschlagen. Wir fordern zumindest eine Unterbrechung der Entscheidung“, sagt der Vize-Chef der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament und EU-Abgeordnete der SPÖ, Hannes Swoboda.

Swobodas Forderung nach einer Verschiebung der Entscheidung, um das im Juni neu zu wählende EU-Parlament mitreden zu lassen, wurde nicht mehr berücksichtigt. „In mehreren Mitgliedsstaaten hat der zwangsweise ­Umstieg von der Glühbirne auf Sparlampen für Unruhe und ­Unverständnis gesorgt“, heißt es in einem Schreiben an die Adresse des Kommissionspräsidenten. Die Kommission betonte in einer Aussendung, keinesfalls willkürlich gehandelt zu haben. Die EU-Abgeordneten, die jetzt eine neue Debatte verlangen, „sind halt ein wenig spät aufgewacht“, so eine Sprecherin.
Auch der ÖVP-Europaklub-Chef Othmar Karas hält die Vorgangsweise der Kommission für „fragwürdig“. „Wenn eine Verordnung so weit in das tägliche Leben der Bürger eingreift, dann sollte sich das Europaparlament noch einmal damit befassen“, meint Karas. Kommende Woche will er das Thema im EU-Parlament ansprechen.

Birn-out. Der Umweltsprecher des ÖVP-Europaklubs, Richard Seeber, geht mit der EU-Behörde noch härter ins Gericht: „Auch wenn in manchen Kommissionsbüros das Licht schon ausgegangen zu sein scheint, bedeutet das nicht, dass wir als Parlamentarier das akzeptieren müssen.“
Umweltminister Niki Berlakovich bleibt gegenüber profil auf Linie: „Für den Klimaschutz ist es wichtig, dass alte Glühbirnen durch energiesparende Lampen ersetzt werden.“ Obendrein würden sich die Bürger viel Geld durch niedrigere Stromkosten ersparen. Immerhin sieht auch der Umweltminister in einem Punkt noch Handlungsbedarf. Der Quecksilbergehalt in den Energiesparlampen werfe Probleme auf. „Es wird daher notwendig sein, in einer Informationsoffensive den Menschen die richtige Entsorgung nahezubringen“, so Berlakovich. Die Einführung eines Pfands für Energiesparlampen sei nicht geplant, wird betont.

Die EU-Kommission tut Warnungen vor erhöhtem Quecksilberaufkommen als „getrübte Wahrnehmungen“ ab, von heimischen Experten gibt es neue Warnungen. Das Europäische Zentrum für Umweltmedizin (EZU) in St. Pölten kritisiert in einer Stellungnahme, dass die Entsorgung quecksilberhaltiger Lampen „nach wie vor unbefriedigend“ sei, zumal kein geeignetes Rücknahmesystem, etwa auf Pfandbasis, existiere. Der wissenschaftliche Beirat des EZU, in welchem unter anderem die renommierten Universitätsprofessoren Franz Rupp, Michael Kundi und Wilhelm Mosgöller vertreten sind, bedauert auch, „dass die an sich vernünftigen Energiesparmaßnahmen auf Kosten vermehrter niederfrequenter und magnetischer Felder durch die notwendige Vorschaltelek­tronik erkauft werden“. Im Klartext: Energiesparlampen erzeugen ungesunden Elektrosmog.

Die Umweltmediziner empfehlen daher zumindest „für den Nahbereich (ein bis zwei Meter) zum Lesen und Arbeiten“ den weiteren Einsatz von herkömmlichen Glühbirnen. Und sie kratzen an einem der zentralen Vorteile der Energiesparlampen: „Bei den üblichen Schaltzyklen, die insbesondere für das Energiesparen erhöht werden sollten, fällt bei den meisten Energiesparlampen die Lebensdauer hinter jene der Glühbirne zurück.“

Kartelltradition. Johann Hatzenbichler, ehemaliger Geschäftsführer der Lichtsparte des niederländischen Philips-Konzerns, hält solche Bedenken bei Lampen moderner Bauart dagegen für unangebracht. „Energiesparlampen helfen Strom sparen, weil sie nur ein Fünftel der Energie einer herkömmlichen Glühbirne brauchen. Sie halten bei normalem Gebrauch auch achtmal länger.“ Das Quecksilberproblem könne wie bei Leuchtstoffröhren durch Recycling gelöst werden.

Dass zumindest die Industrie, allen voran Philips und die deutsche Siemens-Tochter Osram, durch das nun erreichte Verbot der herkömmlichen Glühbirnen nachhaltig profitieren werden, passt historisch ins Bild. Der an der Berliner TU wirkende österreichische Techniker Günther Luxbacher hat in seinem Buch „Massenproduktion im globalen Kartell“ (GNT Verlag, Berlin 2003) weltweite Konzernabsprachen in der Beleuchtungsindus­trie nachgewiesen. Bereits 1924 wurde zwischen den Herstellern Osram, Philips und General Electric das „Phoebus-Kartell“ gegründet, das Länderquoten, Patente, Preise und die nationale Beleuchtungspolitik bis 1965 weltweit kontrollierte. Die Glühbirne war dabei „das erste Massenprodukt, das weltweit kartelliert wurde“, so Luxbacher. Fortsetzung folgt nun mit der Energiesparlampe.