Helmut A. Gansterer

Helmut A. Gansterer Adieu

Adieu

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„Wir dürfen nicht klagen, wenn etwas Schönes zu Ende geht.
Wir haben dankbar zu sein, dass es gewesen ist“

Verkürzt nach Goethe

Jetzt, da die Kolumne Good News ausläuft, erinnere ich mich an die erste, als wäre es heute Morgen gewesen. KollegInnen in profil hänselten. Im Zuge einer TV-Diskussion war ich als „berüchtigter Optimist“ vorgestellt worden. Sogar das Wort „Zuversichtsakrobat“ war gefallen. Ein boshafter Kollege wollte Salz in eine Wunde streuen, die keine war. Witzige Zuschreibungen trägt man ja wie Orden. Er sagte: „Echte gute Nachrichten haben heutzutage auf einer Handfläche Platz.“ Das nervte dann doch. Ich bot an, vier Kolumnen voll Good News zu schreiben, ohne mich zu wiederholen.

Die Wette galt. Aus vier Stück wurden 300, aus zwei Monaten wurden 13 Jahre. Jetzt ist damit Schluss. Gute Nachrichten wird es auch weiterhin zum Saufüttern geben, weit mehr als Bad News, falls man mein „selektives Wahrnehmungsvermögen fürs Helle“ (Tobias Moretti) hat. Aber der Typus meiner Good News in der gleichnamigen Kolumne dreht sich ein wenig im Kreis. In dieser Hinsicht ist das Reindl ausgeschmiert. Was wiederum an Tante Joleschs Geheimrezept für Krautfleckerln erinnert: „Immer z’wenig.“ Besser aufhören, solange meine klugen Leserinnen und schönen Leser gern noch zwei, drei Teller mehr davon hätten.

Ich muss auch Egoismus bekennen. Ein Mann meines Jahrgangs, ich bin 66, verdient eine entspannte Weltreise ohne die Handschellen kurzer deadlines (Abgabetermine). Ich mag Udo Jürgens’ Liedzeile „mit 66 Jahren ist noch lange nicht Schluss“. Ich gehe noch weiter als er. Mithilfe meiner sündigen, römischen Götter will ich bis 100 arbeiten und möglichst hohe Steuern zahlen, ich habe mich so dran gewöhnt.

Bei allem Übermut, der Journalisten zeitlebens eigen ist (fragen Sie Hugo Portisch und Paul Lendvai), ist allerdings in der Reife eine weise Bündelung der Kräfte angesagt. Zum Beispiel: nur noch Kolumnen schreiben, die zuverlässig erfrischen. Nur ein Buch in der pipeline bearbeiten, nicht zwei. Nur ein neues Vortragsthema pro Jahr finden, nicht drei. Und eine Weltreise machen, die nicht auf Distanz, sondern auf Tiefe zielt. Also nicht Südsee, Tibet, Silicon Valley, Fuji-san und Kilimandscharo. Das ist für reiselustige Schreiber meiner Generation ohnehin zehnmal abgehakt. Wie peinlich aber, sich mit dem „OscART für Kunstkommentare“ und als „Kunstmediator“ ausgezeichnet zu wissen, aber nie die Rubens-Villa in Antwerpen gesehen zu haben.

Wie generell an der bewahrten Zärtlichkeit von profil und HELGA (Akronym des profil-Zentralsekretariats für Helmut Gansterer) kein Zweifel sein soll. Auch die Vorabdrucke meiner Bücher bleiben wie bisher im profil daheim.*

Eine Abschiedskolumne ohne Sentimentalität hat kein Herz, eine ohne Substanz hat kein Hirn. Auch in dieser soll die Ambition aller 300 Kolumnen, den Lesern auch ­einen persönlichen Vorteil zu bieten, aufrecht bleiben. Dieser wurde meist im Wege von „Anleitungen“, „Befehlen“ und „Tipps“ versucht. Einige davon haben die Leser in tiefes Elend gestürzt, aus dem sie erst Jahre später wieder ans Licht kamen. Es gab aber auch Dankbriefe und Heiratsangebote von Schlossherrinnen mit pastoralen Prachtbildern von Gainsborough an der Wand.

Diesmal kam mir eine Fügung zupass. Durch Zufall feierte das „Trio des Jahres“ sein 20-jähriges Jubiläum. In diesem Zentral-Event des unternehmerischen Mittelstands werden überragende Klein- und Mittelunternehmer Österreichs ausgezeichnet. Als Festredner schnappte ich mir die Vertreter der drei Trio-Gründungspartner zu einer Diskussion über „nachhaltige Erfolgsrezepte“. Namentlich Christoph Leitl (Wirtschaftskammer), Reginald Benisch („trend“), Rainer Hauser (Bank Austria/Uni-Credit), als Gast noch Reinhold Mitterlehner (Wirtschaftsminister). Die Antworten waren derart übereinstimmend, dass sie als gültiger ­Navigator für jeden einzelnen Leser gelten können, der lieber gewinnt als verliert.

Antwort Nr. 1: Alle esoterischen Rezepte sind als Humbug enthüllt. Unternehmerisch die quasireligiösen „Management by Anything“-Modelle der 1970er-Jahre. Persönlich alle angeschminkten Fremdrollen wie extra autoritär, extra visionär oder extra leutselig. Wer seine Persönlichkeit verknüllt, endet als Putzfetzen.

Nr. 2: Kernkompetenz bewahren. Lieber in die Tiefe der Qualität als in die Fläche der Menge gehen. Österreichs KMUs fuhren gut damit. Sie sind in zahllosen Klein-Nischen Weltmarktführer. Dort gilt „Made in Austria“ bereits mehr als „Made in Germany“ und das Schweizerkreuz. Auch Einzelpersonen fahren besser, wenn sie ihre zentralen Stärken stärken und auf ihre Schwächen pfeifen.

Nr. 3: Ethik. Von Skeptikern schon als Wort verspottet. Bei KMUs die Regel, wie auch faire Gewerkschafter und Arbeiterkämmerer einräumen. Man lobt Handschlagqualität, Sozialintelligenz und Standorttreue trotz Weltoffenheit. Gilt als Rezept auch für Einzelkämpfer.

Nr. 4: Leidenschaft. Das zentrale Magma. Renaissance des Opa & Oma-Spruchs: „Man macht nur gut, was man gern macht.“ Heute weiß man auch, wie man dies überprüfen kann. Mit dem Dreisatz „Love it – Change it – Or leave it“.

Helmut A. Gansterers Bestseller und Vorträge finden Sie unter seiner
Website www.gansterer.at

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