Interview: „Man muss darüber reden“

Waltraud Klasnic über das Thema Homo-Ehe

Drucken

Schriftgröße

profil: Wie geht es Ihnen mit den jungen Wilden in der steirischen Volkspartei, die mit Ideen wie Homo-Ehe, Ganztagsschule, Begrenzung von Managergehältern oder Kritik an der verzopften Familienpolitik der ÖVP am Wiener Parkett für Furore sorgen? Lassen Sie sie gewähren, oder reden die in Ihrem Auftrag?
Klasnic: Ich habe in der steirischen Volkspartei viele junge Leute mit Verantwortung ausgestattet, weil eine lebendige Auseinandersetzung zwischen den Generationen notwendig ist. Die dürfen wir nicht verlieren. Es geht nicht darum, dass alle einer Meinung sind, aber man muss darüber reden.
profil: Ihr Klubobmann Christopher Drexler findet die von der ÖVP Salzburg angezettelte Debatte über die Fristenlösung „unglaublich“ und warnt vor einer „ideologischen Verengung“ der Gesamtpartei, Ihr Landesgeschäftsführer Andreas Schnider ist entsetzt, dass Kanzler Wolfgang Schüssel über die Gleichstellung von Homosexuellen nicht einmal diskutieren will. Und was sagen Sie?
Klasnic: Ich gehe meine Wege gemeinsam mit der steirischen Volkspartei. Es wäre zu wenig, wenn nur die Jungen über bestimmte Themen reden. Die Stärke der Volkspartei war immer die Offenheit, die Freiheit und das Gespräch – und nicht zu vergessen: die Würde des Menschen.
profil: Wie steht es mit der Würde der Frauen in Salzburg, die keine Möglichkeit haben, im Landeskrankenhaus eine Schwangerschaftsunterbrechung durchführen zu lassen? Alarmiert Sie das nicht, dass einige Ihrer Parteikollegen die Fristenlösung rückgängig machen wollen?
Klasnic: In der Steiermark ist das kein Thema. Das ist Gesetz. Bei uns gibt es diese Möglichkeit. Frauen sind oft in wirklich schwierigen Situationen. Man muss die Frauen verstehen, aber auch den Müttern und Kindern helfen. Ich nehme für mich in Anspruch, in Österreich die Erste gewesen zu sein, die die anonyme Geburt und die Babyklappe vorgeschlagen hat. Jetzt gibt es das in ganz Österreich.
profil: Wussten Sie eigentlich, dass Frauen, die im Westen Österreichs leben, trotz Fristenlösung nicht zu ihrem Recht kommen?
Klasnic: Ich muss ehrlich sagen, ich habe das nicht gewusst. Mein Schwerpunkt liegt in der Steiermark. Für Österreich kann ich nicht reden.
profil: Die steirische Volkspartei hat als liberale Speerspitze gegen den Bund eine gewisse Tradition. Man nannte das die „steirische Breite“. Fehlt das der Gesamtpartei?
Klasnic: Ich will Diskussion, und ich will, dass sich Politiker den Themen des Alltags und des Lebens nicht verschließen.
profil: Sie bringen in öffentlichen Reden selbst sehr häufig den lieben Gott ins Spiel …
Klasnic: Dazu stehe ich auch.
profil: Abtreibung und Homosexualität sind nach den Regeln der Amtskirche verboten bzw. nicht erwünscht. Geraten Sie da als gläubige Politikerin nicht in einen Gewissenskonflikt?
Klasnic: Ich habe die Diskussion um die Fristenlösung noch erlebt, und der damalige Kardinal König hat dieses Gesetz nicht verurteilt. Daran sollte man sich gerade heute wieder erinnern.
profil: Aber Homosexualität gilt in der Amtskirche als wider die Natur.
Klasnic: In unserem Leben ist so vieles offiziell. Gott sei Dank sind die Herzen der Menschen weit und groß. Es gibt auch die Güte.
profil: Werden Sie den Antrag Ihres Klubobmanns für eine Homo-Ehe nach deutschem Vorbild unterstützen?
Klasnic: Das wird in der Steiermark diskutiert werden und dann entschieden.
profil: Und in der Bundes-ÖVP …?
Klasnic: … werde ich dafür sorgen, dass diese Diskussion geführt wird.
profil: Ihr Klubobmann hat jüngst auch eine Begrenzung der Managergehälter in öffentlichen Unternehmen gefordert. Warum sind dann die Estag-Gehälter, die sich der Vorstand vor kurzem genehmigt hat, ungefähr doppelt so hoch?
Klasnic: Es gibt eine Verordnung nach dem Stellenbesetzungsgesetz des Bundes. Die Gehälter der Estag-Manager liegen darunter.
profil: War das also nur ein populistischer Ausritt eines Jungpolitikers, den man nicht ernst nehmen muss?
Klasnic: Ganz und gar nicht. Drexler hat zu Recht eine Situation angesprochen, die viele Menschen ärgert. Er hat zumindest den Mund aufgemacht und eine öffentliche Debatte entfacht. Im Grunde muss aber das Unternehmen entscheiden.
profil: Nach der Estag-Krise, der Selbstzerfleischung der Kontrahenten Paierl und Hirschmann und deren Abgang liegt die steirische Volkspartei rund zehn Prozent unter dem Wahlergebnis von 2000. Wie wollen Sie das aufholen?
Klasnic: Das eine sind Umfragen, das andere Wahlergebnisse. Wir werden das schon wieder schaffen.
profil: Sie predigen den Dialog, waren aber nicht imstande, die beiden Streithähne zur Räson zu bringen. Haben Sie Fehler gemacht?
Klasnic: Ab einem bestimmten Zeitpunkt gab es keine menschlichen Bindungen und Rücksichten mehr. Sie konnten einfach nicht mehr miteinander. Das kommt immer wieder vor. Schauen Sie sich an, was sich Androsch und Vranitzky gegenseitig ausrichten. Wo Menschen sind, menschelt’s.
profil: Menschen oder Männer?
Klasnic: Frauen haben noch andere Spielregeln. Aber es sind auch noch nicht so viele Frauen in Spitzenpositionen. An sich könnte man von den Herren schon erwarten, dass sie – über die Jahrhunderte hinweg – gelernt haben müssten.
profil: Trauen Sie Ihrem langjährigen Parteikollegen Gerhard Hirschmann zu, dass er Ihnen mit einer neu gegründeten liberalen Partei in den Rücken fällt?
Klasnic: Mein Ziel ist es, die steirische Volkspartei mit Waltraud Klasnic weiter an der Spitze zu halten. Über andere Dinge will ich nicht nachdenken.
profil: Was sagen Sie zur Äußerung von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, dass 45 Arbeitsjahre, selbst bei schwerer körperlicher Tätigkeit, kein Grund sind, ohne Abschläge in Pension zu gehen? Ist das nicht ein bisschen herzlos?
Klasnic: Bartenstein wird seine Aussagen selbst verantworten. Ich komme gerade von einer Spatenstichfeier auf der Autobahn und war bei den Mineuren, die im Tunnel arbeiten. Wer das sieht und mit den Männern redet, der weiß, was Schwerarbeit heißt.
profil: Sind 45 Jahre genug, oder müssen auch diese Männer bis 65 arbeiten, wenn sie keine Abschläge hinnehmen wollen?
Klasnic: Ich nehme mir als Politikerin nicht das Recht heraus zu sagen, wie lang jemand arbeiten muss.
profil: Aber das ist doch der Kern der Pensionsreform, dass die Politik festsetzt, wie lange gearbeitet werden muss und was es weniger wird, wenn man früher aufhört. Klasnic: Bei der Harmonisierung der Pensionen bedarf es sicher noch einiger Gespräche. Ich selbst kenne die Vorlage noch gar nicht.