Interview: „Neid muß man sich erarbeiten“

Interview: „Neid muss man sich erarbeiten“

Helmut Elsner leugnet jede Verantwortung

Drucken

Schriftgröße

profil: Herr Elsner, im Oktober 2005 ist das US-Brokerhaus Refco kollabiert, Ende März sind die Spekulationsverluste der Bawag in der Karibik publik geworden. Wir schreiben Mitte Mai. Warum haben Sie so lange geschwiegen?
Elsner: Ich war der Meinung, dass man als Pensionist nicht öffentlich in Erscheinung treten sollte. Dass ich mich jetzt äußere, hängt mit der unglaublichen Medienkampagne gegen mich und meine Familie zusammen, die Züge einer Menschenhatz annimmt. Mein neunjähriger Enkel wird in der Schule gefragt, ob der Opa ein Verbrecher sei, und meine Schwiegereltern, die auf die 90 zugehen, werden in Floridsdorf sogar auf offener Straße belästigt.
profil: Nun sitzt vor mir ein Mann, dem einerseits die Hauptverantwortung für die verlustreichen Karibik-Spekulationen zugeschrieben wird und der andererseits maßgeblich in die mutmaßliche Betrugsaffäre Refco involviert gewesen sein soll …
Elsner: Das weise ich entschieden zurück. Überhaupt sind die beiden Komplexe streng voneinander zu trennen.
profil: Dann trennen wir. 1994 hatte sich die Bawag aus den umstrittenen Geschäften mit dem Sohn des damaligen Generaldirektors Walter Flöttl zurückgezogen. Warum haben Sie die Geschäfte mit Wolfgang Flöttl nach Ihrem Amtsantritt 1995 wieder aufgenommen?
Elsner: Die Geschäfte haben bis 1994 erhebliche Gewinne für die Bank gebracht. Im Mai 1995 kam mein Bilanzchef zu mir und sagte, die Hochrechnung für die Bilanz des Gesamtjahres würde nicht so besonders aussehen, weil uns einerseits die Gewinne aus diesen Geschäften fehlten und die Bank andererseits erstmals nach Bankwesengesetz bilanzieren müsste. Das erforderte unter anderem eine Neubewertung unseres Aktienbestandes. Und da waren einige Papiere darunter, die wir zu höheren Kursen in den Büchern hatten. Die haben sich zwar später erholt, aber zur Bilanz 1995 wäre der Abwertungsbedarf sicher schlagend geworden. Daher haben wir uns entschlossen, diese sehr ertragreichen Geschäfte mit Doktor Flöttl wieder aufleben zu lassen.
profil: Waren die wirklich so ertragreich? Wie ich höre, hat die Bawag aus den Beziehungen zu Wolfgang Flöttl schon vor 1994 Verluste hinnehmen müssen.
Elsner: Das ist absolut falsch. Wir hatten einen mehrfachen Schilling-Milliardenbetrag verdient. Das ist evident und auch von der Oesterreichischen Nationalbank geprüft worden. Wir haben bei der Neuaufnahme nur einen wesentlichen Unterschied gemacht: Ich habe mir die Vermögenswerte von Wolfgang Flöttl, die mit einer Milliarde Dollar bewertet wurden, genau angesehen und eine persönliche Haftung von ihm eingefordert. Diese haben wir auch erhalten. Außerdem haben wir festgehalten, dass der Vorstand unmöglich die politische Verantwortung übernehmen könne. Daher haben wir den ÖGB-Eigentümervertretern im Aufsichtsrat die Entscheidung überlassen, ob diese Art von Geschäften zu einer Gewerkschaftsbank passen.
profil: Die Gewerkschafter im Bawag-Aufsichtsrat haben demnach nicht nur von den Spekulationsgeschäften gewusst, sie haben diese auch ausdrücklich gebilligt?
Elsner: Es handelte sich nicht um Spekulationen. Es waren konservative Geschäfte, wo wir etwa Dollar aufgenommen, Dollar veranlagt und uns mit einer fixen Verzinsung begnügt haben. Was auch bedeutet, dass wir zunächst Gewinne gemacht haben. Im September 1998 konnte ich dem Aufsichtsrat berichten, dass wir bis dorthin etwa 600 Millionen Schilling (43,6 Millionen Euro, Anm.) verdient hatten. Das entsprach einer Verzinsung von damals etwa vier Prozent über dem Geldmarktsatz. Die Verträge dahinter waren so gestaltet, dass die Gruppe Flöttl Eigenkapital nachschießen musste, sobald Verluste auftauchen. Solche sind im Oktober 1998 eingetreten. Flöttl hat eine Yen-Spekulation durchgeführt und dabei Geld verloren. Davon habe ich erst im Nachhinein erfahren. Der Verlust hat dazu geführt, dass unser gesamtes Kapital weg war.
profil: Von welchen Summen reden wir?
Elsner: Das waren etwa 600 Millionen Dollar. Wir haben ihm damals das gesamte Privatvermögen weggenommen und damit den Erstkredit abgedeckt. Das Problem war: Hätten wir den Aufsichtsrat, dem das ja zu berichten gewesen wäre, in seiner Gesamtheit informiert, wäre das öffentlich geworden. Mit allen schädlichen Konsequenzen, die wir jetzt erleben.
profil: Sie haben den Aufsichtsrat vorsätzlich nicht informiert, um, wie Sie sagen, Schaden abzuwenden. Gleichzeitig haben Sie damit aber wissentlich wesentliche Bestimmungen des Aktienrechts verletzt.
Elsner: Das haben wir nicht. Wir haben damals ein Gutachten von Universitätsprofessor Gerhard Frotz eingeholt. Er hat uns klar gesagt, dass ein Vorstand in erster Linie die Aufgabe habe, sein Unternehmen zu schützen. Wir haben daher nur den Aufsichtsratspräsidenten (Ex-ÖGB-Finanzchef Günter Weninger, Anm.), den ÖGB-Präsidenten (damals Fritz Verzetnitsch, Anm.) und natürlich die Wirtschaftsprüfer informiert.
profil: Und das halten Sie bis zum heutigen Tag für die richtige Vorgehensweise?
Elsner: Natürlich. Wie wir aus vergangenen und späteren Ereignissen wissen, sind Informationen aus dem Aufsichtsrat verbotenerweise immer wieder direkt an die Medien gegangen. Hätten wir allerdings gewusst, was in der Folge geschehen ist, hätten wir uns vielleicht anders verhalten.
profil: Damit keine Missverständnisse auftreten: Wolfgang Flöttl hat 1998 rund 600 Millionen Dollar an Bawag-Geldern verspekuliert, was Sie dem Aufsichtsrat und der Öffentlichkeit verschwiegen …
Elsner: Das muss ich korrigieren. Den Verlusten von 600 Millionen Dollar standen ja Sicherheiten gegenüber, die wir gezogen haben.
profil: Das amtierende Bawag-Management hat jüngst erklärt, dass die meisten dieser Sicherheiten entweder nicht werthaltig oder schlicht nicht realisierbar gewesen seien.
Elsner: Das stimmt nicht. Wir haben damals rund 400 Millionen Dollar wieder zurückgeholt. Das ist dokumentiert.
profil: Dann bliebe immer noch ein Verlust von 200 Millionen Dollar.
Elsner: Genau kann ich das heute nicht mehr sagen, ich habe ja keine Unterlagen mehr. Aber in etwa könnte das so gewesen sein.
profil: Die Bawag hat 1998 also rund 200 Millionen Dollar aus Geschäften mit Flöttl verloren. Dessen ungeachtet, haben Sie ihm in weiterer Folge noch einmal 350 Millionen Dollar überantwortet.
Elsner: Wir hatten keine andere Wahl. Wir mussten versuchen, das Investmenthaus Flöttl am Leben zu erhalten. Wäre bekannt geworden, dass er in der Japan-Krise alles verloren hatte, dann hätte es uns auch aufgestellt. Das wollten wir vermeiden. Die Flöttl-Gruppe stellte insgesamt ein mittelgroßes internationales Investmenthaus mit über hundert Mitarbeitern dar, dessen Verbindung zur Bawag an den Börseplätzen bekannt war. Wir haben daher seine Firmen übernommen und Betriebsmittel bereitgestellt. Gleichzeitig haben wir vereinbart, unter Federführung des renommierten Investmentprofis Kaveh Alamouti, neustrukturierte Veranlagungen vorzunehmen. Dieser war dafür bekannt, durch risikoarme Veranlagungen gute Erträge zu erzielen. Alamouti wurde aber offenbar gegen Ende 2000 von Flöttl übergangen. Hätte Flöttl sich an die Verträge gehalten, wäre nichts passiert. Stattdessen hat er die Gelder Ende 2000 zusammengeworfen und eine Yen-Zinsoption geschrieben. Danach war auch dieses Geld weg.
profil: Wenn ich richtig gerechnet habe, hat die Bawag nach Ihrer Darstellung aus Geschäften mit Wolfgang Flöttl zwischen 1998 und 2000 insgesamt 550 Millionen Dollar verloren. Nach Darstellung der Bawag soll es aber das Doppelte gewesen sein.
Elsner: So viel war es auf keinen Fall. Aber ich tue mir, wie gesagt, ein wenig schwer, genaue Zahlen zu nennen, weil ich ja keine Unterlagen habe.
profil: Merkwürdig. Die Bawag scheint diese auch nicht zu haben. Generaldirektor Ewald Nowotny hat mehrfach erklärt, es fehlten wesentliche Aufzeichnungen …
Elsner: Das kann ich mir nicht vorstellen. Das muss alles in der Bank sein. Ich habe die Dokumente jedenfalls nicht. Aber wenn man die halbe Bank enthauptet, dann kann es schon sein, dass man gewisse Dinge nicht mehr findet.
profil: Nowotny hat angedeutet, Sie seien bei der Aufarbeitung der Angelegenheit nicht sonderlich kooperativ gewesen.
Elsner: Kollege Nowotny war einmal kurz bei mir. Ich wollte ihm die Geschichte erklären. Aber nach sieben Minuten ist er wieder gegangen. Seitdem wurde ich nicht mehr kontaktiert. Ich bin aber auch heute noch zu jeder Auskunft bereit.
profil: Wolfgang Flöttl beteuert indes, Sie hätten ihn im Jahr 2000 genötigt, von der vereinbarten Anlagestrategie abzugehen. Sie sollen ihn außerdem aufgefordert haben, aus den 350 Millionen Dollar „rasch 600 Millionen“ zu machen.
Elsner: Das ist absolut falsch. Es gibt ein schriftliches Geständnis, das er unterschrieben hat.
profil: Flöttl meint, er habe das unter Druck unterschrieben. Und außerdem hätten Sie versichert, das Papier sei lediglich dazu da, ein paar Leute zu beruhigen, und hätte keinerlei Rechtsfolgen.
Elsner: Das ist eine leicht zu widerlegende Schutzbehauptung. Flöttl, ein studierter Jurist, hat nicht nur das Papier unterschrieben. Ich habe ihn damals nach Wien zitiert, und er hat seine Verfehlungen gegenüber Aufsichtsratspräsident Weninger noch einmal gestanden.
profil: Weninger hat unmittelbar vor seinem Rücktritt im März dieses Jahres erklärt, die Bawag sei Ende 2000 nicht mehr in der Lage gewesen, eine Bilanz zu erstellen. Weshalb der ÖGB gezwungen gewesen sei, eine Haftung zu übernehmen.
Elsner: Er hat die Aussage inzwischen widerrufen, sie ist schlicht falsch. Ende 2000 waren wir in der Abschlussphase der P.S.K.-Übernahme. Wäre das mit Flöttl damals publik geworden, hätten wir die Postsparkasse vielleicht nicht bekommen. Das konnten wir nicht riskieren. Wir waren in der Lage zu bilanzieren, wir hatten Reserven. Allerdings wären die Kapitalquoten unweigerlich gesunken, und damit hätten wir öffentlich wiederum Erklärungsbedarf gehabt. Daher hat der ÖGB eine Ausfallsbürgschaft gewährt, mit dem Auftrag, die Sache so schnell wie möglich zu reparieren. Es war vorhersehbar, dass die Haftung niemals schlagend würde.
profil: Nun wird spekuliert, dass die Bawag die Postsparkasse überhaupt nur deshalb erworben hat, um gegebenenfalls die Haftung des Bundes in Anspruch nehmen zu können.
Elsner: Das ist abstrus. Wir haben damals keine Bundeshaftung gebraucht. Wenn man eine braucht, muss man an die Öffentlichkeit gehen. Genau das wollten wir vermeiden, und wir haben es vermieden. Sie selbst haben gesehen, dass das sechs Jahre lang dicht war. Die jetzige Bawag-Führung hat erst jüngst bestätigt, dass die Sache historisch sei und verdaut. Die Bilanz ist sauber, wie Kollege Nowotny erklärt hat. Ich möchte ergänzen: Sauber waren die Bilanzen immer. Sonst hätten wir keinen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk bekommen.
profil: Der verantwortliche Wirtschaftsprüfer steht inzwischen ebenfalls im Zentrum behördlicher Ermittlungen …
Elsner: Das mag sein. Wir haben die Wirtschaftsprüfer jedenfalls zu nichts genötigt.
profil: Ich frage Sie noch einmal: Halten Sie es wirklich für anständig, derart dramatische Entwicklungen über einen so langen Zeitraum geheim zu halten?
Elsner: Wir haben getan, was aus unserer Sicht das Beste für die Bank war. Ein kleiner Kreis hat davon gewusst, und alle haben fleißig mitgeholfen, die Sache zu reparieren. Als ich 2002 ausgeschieden bin, war die Stimmung in der Bank eine äußerst positive. Wir sind schließlich von Erfolg zu Erfolg geeilt. Ich darf rekapitulieren: Begonnen hat es mit dem Verkauf der Papierfabrik Steyrermühl, bald danach haben wir uns an max.mobil beteiligt, wo wir später einen höheren Milliardenbetrag als Buchgewinn erzielen konnten. Wir haben die Postsparkasse gekauft, die Istrobanka in der Slowakei sowie eine Bank in Tschechien und eine Beteiligung an der ehemaligen ungarischen Außenhandelsbank. Ich kann Ihnen sagen, dass wir damals von anderen Banken beneidet wurden. Ich erinnere an das Europasparbuch, auf welches eine andere Großbank Einlagen getätigt hat, was in der Folge zu Neueinlagen von einer Milliarde Euro geführt hat.
profil: Ist es Zufall, dass Sie in Ihrer Aufzählung ausgerechnet das US-Brokerhaus Refco vergessen haben? Wie ist es überhaupt zu dieser Beteiligung gekommen?
Elsner: Unser Treasurer Thomas Hackl hatte ein Trainee-Programm bei Refco abgewickelt und mir erzählt, dass der damalige Eigentümer Thomas Dittmer gerne mit uns ins Geschäft kommen möchte. Wir haben uns nach sorgfältiger Analyse dazu entschlossen, dort mit zehn Prozent einzusteigen. Bis zu meinem Ausscheiden haben wir für Refco hauptsächlich Dienstleistungen im Clearing-Bereich erbracht und dafür Provisionen erhalten. Das war’s.
profil: Das war’s?
Elsner: Ja. Wenn Sie jetzt Ultimo-Geschäfte ansprechen wollen, dann kann ich Ihnen versichern: Das ist zu meiner Zeit zweimal passiert, das waren Randerscheinungen. Das ist international durchaus üblich. Auch Notenbanken und Staaten machen Ultimo-Geschäfte.
profil: Die stehen aber, mit Verlaub, nicht im Verdacht krimineller Konspiration. Die Bawag soll laut Nachforschungen geschädigter Refco-Gläubiger dem späteren Refco-Chef Phillip Bennett dabei geholfen haben, mittels dubioser Geldtransfers Bilanzlücken zu kaschieren. In einem jüngst in New York eingebrachten Antrag auf Zulassung einer Schadenersatzklage werden Bawag und Bennett wörtlich als „partners in crime“ geführt …
Elsner: Das weise ich zurück. Zu meiner Zeit ist das sicher nicht passiert. Ich kenne diese Vorwürfe nicht.
profil: Ist es also nach Ihrer Zeit passiert?
Elsner: Das weiß ich nicht.
profil: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Ihr Nachfolger Johann Zwettler einer privaten Holding von Phillip Bennett im Oktober 2005, wenige Tage vor dem Refco-Kollaps, einen 350 Millionen Euro schweren Kredit gewährt hat? Und das an einem Wochenende, ohne Einbindung des Aufsichtsrates?
Elsner: Das müssen Sie ihn fragen.
profil: Wie erklären Sie jene Bawag-Finanzierungen, die über die vom ÖGB eingerichtete Desana-Stiftung in Liechtenstein liefen? Die Bawag hat dadurch vorübergehend 37 Prozent von Refco kontrolliert.
Elsner: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Zu meiner Zeit war die Bawag mit zehn Prozent an Refco beteiligt. Von der Desana habe ich in der Zeitung gelesen.
profil: Dann muss es wohl Kollege Zwettler gewesen sein.
Elsner: Weiß ich nicht.
profil: Irgendwer muss es ja gewesen sein.
Elsner: Irgendwer sicher, aber nicht ich. In meine Zeit fielen lediglich die so genannten Karibik-Geschäfte. Und die sind bekanntlich längst verdaut. Dass man mir die Schuld für Schadenersatzforderungen aus den USA, die jetzt gewährte Bundeshaftung oder gar den Verkauf der Bank umhängen will, das geht bitte nicht.
profil: Sie werden verstehen, dass die öffentliche Wahrnehmung ziemlich anders ist. Sie haben einbekannt, dass schon zu Ihrer Zeit alles zugedeckt wurde. Letztlich ist damit alles nur noch schlimmer geworden.
Elsner: Es wäre anders gekommen, wenn nicht durch Refco einiges aufgekommen wäre. Aber dafür kann man mich nicht verantwortlich machen. Als ich ausgeschieden bin, war Refco ein sicheres, sauberes und lukratives Geschäft. Ich kenne zwar die weitere Entwicklung nicht. Dennoch verstehe ich nicht, warum die Bawag jetzt mit aller Vehemenz einen Vergleich in den USA sucht. Ich weiß auch nicht, warum man daher eine Staatsgarantie braucht. Aus meiner Zeit kann es keine Vorwürfe geben. Ich habe nie auf die Geschäftspolitik von Refco Einfluss genommen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Nachfolger das getan hätte.
profil: Fühlen Sie sich eigentlich als Sozialist?
Elsner: Fragen Sie mich das, weil ich aus der Partei ausgetreten bin?
profil: Ja.
Elsner: Ich bin der sozialdemokratischen Gesinnungsgemeinschaft beigetreten, weil ich eine antinazistische und antirechtspopulistische Haltung habe. Dass man jetzt öffentlich auf mich hinprügelt, das kann ich mir nicht bieten lassen. Eine Gesinnungsgemeinschaft, die so mit Menschen umgeht, der will ich nicht angehören.
profil: Haben Sie kein schlechtes Gewissen, weil Sie heute ein Penthouse bewohnen, das Sie über Ihre Frau seinerzeit von der Bawag um einen Bruchteil des Marktwerts erworben haben?
Elsner: Überhaupt nicht. Das war nicht meine Entscheidung, sondern die der Eigentümer. Ich bin 1978 aus Graz nach Wien gekommen, und die Bawag hatte sich verpflichtet, mich mit einer Wohnung zu versorgen. Ich habe damals einen Dachausbau in der Walfischgasse bezogen, wo ich bis in die neunziger Jahre gewohnt habe. Die Wohnung war in Ordnung, nur das Haus war unangenehm. Dahinter war eine Diskothek, und der Notausgang führte durch das Stiegenhaus. Sie können sich vorstellen, welchen Gestalten man da nächtens begegnet ist. 1997 haben mir die Bawag-Eigentümer (damals ÖGB und Bayerische Landesbank, Anm.) angeboten, von der Walfischgasse an die Adresse Tuchlauben Nummer drei zu ziehen. Ich habe diese Wohnung kurz vor meiner Pensionierung gegen das Objekt Tuchlauben Nummer sieben getauscht, weil diese Wohnung kleiner ist. Man hat mir vonseiten der Eigentümer einen Preis angeboten, den habe ich akzeptiert. Das war’s.
profil: Herr Elsner, tun Sie jetzt bitte nicht so, als hätten Sie die Eigentümer überhaupt nicht gekannt.
Elsner: Ich wollte mit meiner Antwort nur erklären, dass ich an der Preisgestaltung in keiner Weise mitgewirkt habe.
profil: Sie haben 470.000 Euro für knapp mehr als 300 Quadratmeter in bester Innenstadtlage bezahlt. Sie werden mir zugestehen, dass das ein echter Freundschaftspreis war.
Elsner: Die tatsächliche Kaufsumme betrug 570.000 Euro. Mag sein, dass der Preis höher gewesen wäre, wenn man die Wohnung an Dritte verkauft hätte. Aber ich betone noch einmal: Das war eine Entscheidung der Eigentümer.
profil: Das müssen Sie Ihrem ehemaligen Arbeitgeber erzählen. Die Bawag hat Räumungsklage eingebracht und ficht die Wirksamkeit des Kaufvertrages an.
Elsner: Das wird Sache der Gerichte sein. Ich habe mir jedenfalls nichts vorzuwerfen und werde auch nicht ausziehen. Ich kann diese Vorgänge nicht verstehen, das hat wohl mit dem Mediengetöse zu tun.
profil: Herr Elsner, so ganz unbeteiligt dürften Sie an dem Getöse nicht sein. Ich darf daran erinnern, dass Sie schon zu Ihrer aktiven Zeit mithin für Irritationen gesorgt haben. Sie haben nach der Übernahme der P.S.K. ein zweites Vorstandsgehalt bei den Österreichischen Lotterien bezogen und vor Pensionsantritt Ihre Ansprüche bar und auf einmal eingestreift. Nach einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 2003 darf man Sie öffentlich „Abzocker“ nennen. Stört Sie das?
Elsner: Natürlich stört mich das, weil es nicht stimmt. Nachdem wir die Postsparkasse übernommen hatten, stand uns ein Lotterien-Vorstandsmandat zu. Ich wollte damals Stephan Koren (heute stellvertretender Bawag-Generaldirektor, Anm.) damit betrauen, aber ich wurde seitens der übrigen Lotterien-Eigentümer gebeten, den Job selbst zu machen. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte Koren den Doppelbezug gehabt.
profil: Stephan Koren muss sich jedenfalls nicht vorwerfen lassen, auch noch den gesamten Pensionsanspruch vorab kassiert zu haben.
Elsner: Ich lasse mir das auch nicht vorwerfen. Die einmalige Auszahlung der gesamten Pension ist ja keine Erfindung von mir gewesen. Ich habe damals den vom sozialdemokratischen Finanzminister Rudolf Edlinger festgesetzten Steuersatz in Anspruch genommen. Das haben hunderte andere Österreicher auch gemacht.
profil: Aber die waren nicht Generaldirektor einer Gewerkschaftsbank.
Elsner: Ich war Generaldirektor einer Bank. Dass der Eigentümer ÖGB hieß, hatte damit nichts zu tun. Die Ansprüche standen mir vertraglich zu. Ich orte hier hauptsächlich eines: Neid. Ich denke, dass auch Neid eine Form der Anerkennung ist, wenngleich eine sehr perfide. Ich halte es da mit Karl Farkas: „Neid muss man sich hart erarbeiten.“

Interview: Michael Nikbakhsh