Italien droht Unregierbarkeit

Italien droht nach Wahlen Unregierbarkeit

Aktuell. Wahlen bringen Patt zwischen Mitte-Links-Allianz und Silvio Berlusconi

Drucken

Schriftgröße

Die Mitte-Links-Allianz um Pierluigi Bersani gelang es, die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer zu erreichen, jedoch nicht im Senat. Eine stabile Regierung ist aber nur möglich, wenn eines der Lager die Mehrheit in beiden Kammern erringt.

Bersani kam im Senat laut offiziellen Ergebnissen auf 31,6 Prozent, die Mitte-Rechts-Allianz um seinen Rivalen Silvio Berlusconi erreichte überraschend 30,7 Prozent. Da die Mandate im Senat entsprechend der Einwohnerzahl verteilt werden, ergaben sich laut Hochrechnungen für Berlusconis Lager 115 Sitze, auf Bersanis Bündnis entfallen 120 Senatoren. Damit dürfte Berlusconi sein Ziel erreicht haben, eine mögliche linke Regierung zu lähmen.

Komiker Grillo als Gewinner
Eigentlicher Gewinner ist der Komiker Beppe Grillo, für dessen Protestbewegung fast jeder fünfte Italiener votierte. Im Senat holte die "Fünf Sterne-Bewegung" aus dem Stand über 23,8 Prozent. In der Kammer kam sie auf 25,55 Prozent und zieht als stärkste Einzelpartei in die Abgeordnetenkammer ein. "In dreieinhalb Jahren sind wir zur absolut stärksten Partei im Land aufgerückt", erklärte der Kabarettist stolz.

In der Abgeordnetenkammer erreichte Bersanis Bündnis laut Innenministerium 29,5 Prozent der Stimmen, Berlusconis lag der Linken mit 29,18 Prozent auf den Fersen. Grillos Bewegung schaffte es auf 25,55 Prozent. Bersanis Block brachte angesichts des sich abzeichnenden Patts Neuwahlen ins Gespräch und sprach von einem Rückschlag für den Euro. Die Börsen drehten nach anfänglichen Gewinnen ins Minus.

Börsen verlieren
Angesichts der Ernüchterung nach der Italien-Wahl und den damit einhergehenden Sorgen vor neuen Turbulenzen an den Finanzmärkten rasselten die europäischen Börsen am Dienstag kurz nach Handelsstart deutlich ins Minus. Der Euro-Stoxx-50 knickte um 2,68 Prozent ein und in Frankfurt verlor der DAX um 2,11 Prozent. An der Mailänder Börse gab der FTSE MIB-Index um massive 4,34 Prozent nach.

In der drittgrößten Euro-Volkswirtschaft, die als wichtiger Dominostein in Sachen Euro-Rettung gilt, droht nach bisherigen Ergebnissen eine politische Blockade. Dies sei Gift für die Märkte, sagten Händler.

Italiens scheidender Premier Mario Monti zeigte sich wegen der Gefahr der Unregierbarkeit in seinem Land besorgt. "Italien muss eine Regierung garantiert werden. Es ist noch zu früh, um an Lösungen zu denken, wir stehen vor einer gravierenden Verantwortung", erklärte der 69-Jährige. Italien brauche eine tragfähige Regierung und nicht ein Kabinett, das nur zu überleben versuche, sagte Monti, der mit einem Zentrumsblock an der zweitägigen Parlamentswahl teilnahm. Montis Zentrumsblock geht als klarer Verlierer aus den Wahlen hervor. Das Bündnis gemäßigter Parteien schaffte es in der Abgeordnetenkammer auf 10,56 Prozent, im Senat auf 9,1 Prozent. Das liegt unter den Erwartungen des Wirtschaftsprofessors, der auf rund zwölf Prozent gehofft hatte.

An der Parlamentswahl haben sich weniger Menschen beteiligt als 2008. Rund drei Viertel der Wahlberechtigten gaben am Sonntag und Montag ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung betrug in der Abgeordnetenkammer 75,2 Prozent und im Senat 75,1 Prozent, teilte das Innenministerium mit. Das sind 5,7 Prozent weniger als bei den Parlamentswahlen im Jahr 2008, damals gingen noch über 80 Prozent wählen.

(APA/Red.)