„Keine weiteren Ortstafeln mehr“

Interview: Haider über slo-wenische „Nationalisten“

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profil: Herr Landeshauptmann, wieso hebt Ihr Bündnis Zukunft Österreich nicht ab?
Haider: Das BZÖ hat bereits abgehoben. Wir entwickeln nur unsere Personalstrukturen bewusst sehr vorsichtig, weil wir ja nicht eins zu eins die FPÖ übernehmen wollen.
profil: Könnte es nicht sein, dass Sie sich diesmal verschätzt haben? Der Zustrom zum BZÖ hält sich in Grenzen, Sie haben Schwierigkeiten, Landesgruppen aufzubauen, von der tristen Finanzlage gar nicht zu reden.
Haider: Davon wissen nur die Medien zu berichten, die das offenbar zu ihrem Steckenpferd machen: Alles, was neu ist, von vornherein totzuschreiben.
profil: Deutschland wählt im Herbst. Soll Österreich diesem Beispiel folgen?
Haider: In Deutschland hat die rot-grüne Koalition abgewirtschaftet, unsere schwarz-orange hat Österreich vor Deutschland platziert. Das ist auch der Grund, warum wir gesagt haben, wir wollen mit dem BZÖ diese Regierungsarbeit bis zum Jahr 2006 fortsetzen.
profil: Also keine Neuwahlen?
Haider: Nein. Wieso auch. Nur weil SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer ideenlos herumsitzt und sagt, wenn nicht bald Neuwahlen kommen, kommen mir die Leute auf die Schliche, dass ich keine Alternative habe?
profil: Andererseits traktieren Sie gerade Ihren Koalitionspartner, indem Sie lautstark nach einer Volksabstimmung über die EU-Verfassung rufen.
Haider: Eine Koalition beinhaltet kein Denkverbot. Ich habe respektiert, dass die Minister des BZÖ eine Koalitionsvereinbarung unterschrieben haben, die eine Volksabstimmung ausschließt. Ich selbst versuche aber, andere Lösungen zu finden. Es kann sein, dass ein Bundesland eine Klage einbringt. Oder dass der Herr Bundespräsident nicht unterschreibt. Heinz Fischer müsste nur bei dem, was er vor seiner Wahl gesagt hat, bleiben. Die von ihm propagierte Neutralität ist durch die EU-Verfassung gefährdet, Punkt zwei ist der behutsame Umgang mit unserer Verfassung. Der Bundespräsident hat streng zu prüfen: Gibt es Gründe, eine Volksabstimmung durchzuführen? Ist das Gesetz verfassungskonform? Wenn das alles nichts hilft, wird es von mir aus einem Anlassfall heraus eine Klage geben.
profil: Was könnte das sein?
Haider: Das kann ein Gesetz sein oder ein Bescheid, der von uns bekämpft wird und beim Höchstgericht landet.
profil: Das heißt, Sie machen es wie die Slowenen-Vertreter in der Ortstafelfrage.
Haider: Genau. Das Verfassungsgericht wird dann daran gemessen, wie glaubwürdig es beim Ortstafelerkenntnis war.
profil: Apropos Ortstafeln: Der Kärntner Heimatdienst hat sich für seine Verhältnisse relativ weit vorgewagt und mit Slowenen-Vertretern einen Kompromiss über 158 neue zweisprachige Ortstafeln erzielt. Sie haben das verächtlich als „Privatmeinung einer Herrenrunde“ abgetan. Wieso?
Haider: Weil ich der Meinung bin, dass eine Lösung nur auf rechtlicher Grundlage erfolgen kann, an deren Ende keine neuen Verfassungsklagen möglich sind. Ich will von den Verfassungsrichtern nun endlich wissen: Was ist die Voraussetzung für die Erfüllung von Artikel 7 des Staatsvertrages? Wir haben vor 25 Jahren internationale Standards gesetzt: die Regelung, dass bei 25 Prozent gemischtsprachiger Bevölkerung zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden. Jetzt kommen die Richter plötzlich daher und sagen, es sollte ein geringerer Prozentsatz sein. Ich will nun verbindlich wissen: Was genau ist die Intention der Verfassungsrichter?
profil: Die Richtlinie liegt bei rund zehn Prozent.
Haider: Ab zehn Prozent! Der frühere Verfassungsgerichtshofpräsident Ludwig Adamovich hat bei einem Vortrag in Kärnten sogar die Meinung vertreten: zwischen 15 und 20 Prozent. Ich will jetzt einmal wissen, von welchen Kriterien geht der VfGH aus? Gibt es internationale Spielregeln, Normen, oder ist das eine rein willkürliche Annahme des Verfassungsgerichtshofs: einmal 15, einmal 18 Prozent und in zwei Jahren wieder 14 Prozent. Ich habe jetzt das Gesetz aus dem Jahre 1977 zu hundert Prozent erfüllt, wir sind gesetzeskonform. Ich will im Prinzip gar keine weiteren zweisprachigen Ortstafeln mehr. Ich tue mir das sicherlich nicht mehr weiter an. Ich glaube, dass wir uns den Luxus nicht leisten sollten, uns mit Ortstafeln wechselseitig zu traktieren.
profil: Das heißt: keine weiteren zweisprachigen Ortstafeln mehr?
Haider: Keine weiteren zweisprachigen Ortstafeln. Es sei denn, es gibt einen Konsens mit der Bevölkerung, der von dieser mitgetragen wird und sicherstellt, dass es zu keinen neuen Klagen kommt. Es muss dann aber auch eine Erklärung von Slowenien geben, dass der Artikel 7 erfüllt ist. Eine Erklärung, die auch von allen Slowenen-Organisationen unterschrieben wird.
profil: profil hat unlängst prominente Kärntner, von Franz Klammer bis Dagmar Koller, zu diesem Thema befragt: Kein Einziger versteht, wo das Problem liegt, zweisprachige Ortstafeln aufzustellen.
Haider: Das sind dieselben Promis, die sich vor Jahren geäußert haben, dass sie nicht verstehen, warum man in der Ausländerfrage restriktiv ist. Heutzutage würde keiner mehr ein Lichterlmeer gegen uns organisieren. Promis werden in Kärnten nicht gewählt. Gewählt werden anständige Politiker, die tun, was für das Land richtig ist.
profil: Sie glauben nicht, dass auch in der Mehrheitsbevölkerung bereits ein Umdenken eingesetzt hat?
Haider: Die Kärntner Bevölkerung will keinen Streit über Ortstafeln haben, denn die Ortstafeln sind gar nicht das Thema. Es geht eher um gestörte Formen des Zusammenlebens. Der Hintergrund, warum es etwa in Neuhaus solche Emotionen gab, ist die Kirche. Der Pfarrer weigerte sich, in der Messe auch nur ein einziges deutsches Wort zu sprechen. Und außerdem sieht die Kärntner Bevölkerung nicht ein, dass sie Ortstafeln aufstellen soll, während gleichzeitig die Nachbarn in Slowenien ein Problem haben, auch nur eine einzige zweisprachige Ortstafel in der Gottschee zu errichten.
profil: Aber wo liegt unser Problem? Kein Mensch in Slowenien stellt heute Gebietsansprüche.
Haider: Ich würde die jüngsten Debatten im slowenischen Parlament nicht bagatellisieren. Dort wird wieder über die Formulierung eines einheitlich slowenischen Kulturraums unter Einschluss von Südkärnten verhandelt. Das ist eine Provokation. Die jetzige Regierung hat ein Sprachengesetz passieren lassen, das aber so was von nationalistisch ist. Man muss in den Betrieben einen bestimmten Anteil slowenischsprachiger Mitarbeiter haben. Der Internet-Auftritt muss Slowenisch sein, nicht Englisch. Wir durften in Slowenien nicht auf eine Messe mit einer Gemeinschaftsausstellung von Kärntner Unternehmen gehen, weil die Prospekte nicht vollständig zweisprachig übersetzt waren. Jeder kann selber beurteilen, wo die Nationalisten sitzen.
profil: Warum treten Sie eigentlich nicht mit Ihrer Autorität als Landeshauptmann auf und überzeugen die Kärntner Bevölkerung von den Vorzügen der Zweisprachigkeit?
Haider: Ich bin Demokrat. Und als solcher weiß ich, dass Mehrheiten entscheiden. Ich habe immer gesagt: nichts gegen den Willen der Bevölkerung. Ich stelle mich aber der Diskussion, fahre hinaus zu den Leuten, sage ihnen, dass eine Lösung angedacht ist, die eine bestimmte Form haben könnte. Ich bin meinen Landsleuten schuldig, dass hier Ruhe herrscht. Sie können in 90 Prozent der Haushalte der slowenischen Volksgruppe gehen, und es wird Ihnen jeder sagen, dass es eine Provokation war, dass Rudi Vouk, der stellvertretende Obmann des Rates Kärntner Slowenen, beim Verfassungsgerichtshof geklagt hat, weil er angeblich eine Ortstafel nicht lesen konnte. Diese Rabauken und Krawallisierer sollten nicht Recht bekommen.
profil: Ihr BZÖ-Bundesrat Siegfried Kampl hat von „brutaler Naziverfolgung nach dem Zweiten Weltkrieg“ gesprochen. Hat es Ihrer Meinung nach so etwas in Kärnten gegeben?
Haider: In Kärnten hat es viele Besonderheiten gegeben. Einerseits war Kärnten eines der wenigen Bundesländer, das einen Akt der Selbstbefreiung gesetzt hat. Bevor die Engländer hier einmarschiert sind, haben sich die demokratischen Kräfte wieder gefunden, NS-Gauleiter Friedrich Rainer zum Rücktritt bewegt und eine zivile Regierung installiert. Das war auch wichtig bei den Staatsvertragsverhandlungen in Moskau. In Kärnten hat es aber auch in Wolfsberg sehr scharfe Anhaltelager für ehemalige Nationalsozialisten gegeben. Und die Verfolgung von Familien durch Tito-Partisanen. Trotzdem ist es gelungen, dass ehemalige Nazis mit ehemaligen KZ-Häftlingen genauso eine Regierung gebildet haben wie höhergradige Hitlerjungen mit ausgesiedelten Slowenen dann politisch zusammengearbeitet haben. Es hat in Kärnten irre Schicksale gegeben. Die Slowenen wurden von den Nazis ausgesiedelt. Von Benito Mussolini wurden die Kanaltaler vertrieben, die dann ausgerechnet auf den Höfen der Slowenen wieder angesiedelt wurden. Nach 1945 sind die Slowenen zurückgekommen, und die Kanaltaler waren auf ihren Höfen.
profil: Was meinen Sie mit „sehr scharfe Anhaltelager“?
Haider: Dass das eine strenge Haft war, wo die Leute etwa sehr wenig zum Essen gekriegt haben, also nicht gut behandelt worden sind.
profil: Die normale Bevölkerung hat die Briten als Besatzungsmacht aber durchaus positiv in Erinnerung.
Haider: Das ist auch in Ordnung so. Die Briten waren ein Segen für Kärnten, weil sie gleichzeitig mit den Tito-Partisanen einmarschiert sind. Titos Truppen waren auf dem Vormarsch nach Kärnten, sind bis nach Klagenfurt gekommen. Wenn die Engländer nicht so konsequent und hart gewesen wären, wäre Klagenfurt von Tito-Truppen besetzt geblieben. Keinesfalls segensreich waren die Briten aber für die in Kärnten stationierten Kosaken*), die sie samt und sonders an Stalin ausgeliefert haben. Oder die Domobranzen*) an die Tito-Partisanen. Und es sind tausende kroatische Bürger, Ustascha-Kämpfer, in den sicheren Tod geschickt worden.
profil: Kehren wir zurück in die Gegenwart. Es gab Fotos von einem Ihrer Bekannten in kurzen Unterhosen auf Titelblättern. Wie fanden Sie diese?
Haider: Ich glaube, dass es zulässig ist, dass einer in einer Badehose auf einem Foto zu sehen ist.
profil: Wir haben jetzt eher an Saddam Hussein am Titelblatt der britischen Tageszeitung „Sun“ gedacht.
Haider: Ach so. Das ist eine typisch englisch-amerikanische, unsensible Vorgangsweise, ihn als Häftling so vorzuführen. Im Irak hat dieses unsensible Verhalten mittlerweile wahrscheinlich schon mehr Menschen das Leben gekostet als das Regime von Saddam Hussein.
profil: Wie ist derzeit eigentlich Ihr Verhältnis zu Ihrem einstigen politischen Ziehsohn Karl-Heinz Grasser?
Haider: Ganz gut.
profil: Dürfen Medien das Privatleben von Politikern derart beleuchten, wie sie es beim Finanzminister getan haben?
Haider: Ich glaube, dass der Karl-Heinz durchaus gewusst hat, dass er fotografiert wird.
profil: Das heißt, er kokettiert ein bisschen mit der Publizität.
Haider: Kann durchaus sein.
profil: Sie haben keine Sorge, dass auch Sie bald in Bade-shorts abgelichtet werden könnten?
Haider: Damit hätte ich kein Problem.

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