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Knackig vergeht …

Knackig vergeht …

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Ein neues Schimpfwort ist aufgetaucht. „Sie Siebziger-Jahre-Feministin!“, sagen jüngere Frauen wie ältere Männer verächtlich zu mir, wenn sie mich, wie es scheint, bis ins Mark treffen wollen.

Jedoch: Ja, und? Ich stehe zu meinem Siebziger-Jahre-Feminismus. Es ist kein besserer nachgekommen.

Unsere Forderungen von damals sind nach wie vor aktuell – leider, weil nach wie vor unerfüllt. Dass sie unerfüllt sind, spricht nicht gegen die Forderungen, sondern bloß gegen die (Macht-)Verhältnisse, die eine geschlechtergerechte Gesellschaft bisher nicht zugelassen haben.

Was woll(t)en wir denn? Gleichen Lohn für gleichwertige Leistung, den gleichen Zugang zu Führungspositionen, eine gerechtere Aufteilung der bezahlten und der unbezahlten Arbeit, materielle Unabhängigkeit von Partnern, auch im Alter, durch eigene, ausreichende Pensionen. Schlecht?

Schlecht ist nur, dass so wenig weitergegangen ist. Nach wie vor verdienen Frauen weniger, kommen schwerer in Führungspositionen, kümmern sich fast im Alleingang um Kinder und Alte, machen die unbezahlte (Haus-)Arbeit und haben einen wenig gesicherten Lebensabend vor sich.

Sogar die flotten jungen Frauenzimmer der neunziger Jahre, die geglaubt haben, ihnen stünden alle Türen offen, weil sie fesch und knackig wären im Gegensatz zu den älteren Weibern, haben inzwischen einsehen müssen: knackig vergeht, Benachteiligung besteht. Also: Welche Art von neuem Feminismus sollten wir wohl ausrufen?

Im Hinblick auf die gegenwärtigen Verhältnisse könnte er nur noch weniger lieblich ausfallen als in den siebziger Jahren. Denn die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern geht weiter auf, immer mehr Frauen werden in ungesicherte Beschäftigungsverhältnisse gedrängt, der verlängerte Durchrechnungszeitraum für die Pensionen benachteiligt die so genannte weibliche Erwerbsbiografie, und die weibliche Erwerbsbiografie unterscheidet sich weiterhin und umso mehr von der männlichen, je weniger öffentliche Betreuungseinrichtungen für Kinder und Alte es gibt. (Der hier fällige Hinweis, dass Kinder und Alte auch Väter und Söhne was angehen sollten, wird ja in der Regel ebenfalls als Nachhall aus den ach so fernen Siebzigern überhört.)

Die vom GATS-Abkommen angestrebte so genannte Liberalisierung der Dienstleistungen (liberal heißt in diesem Zusammenhang, missbräuchlich verwendet, frei von gesellschaftlicher Verantwortung) wird in der Praxis zusätzlich Arbeitsaufwand vom bezahlten in den unbezahlten Sektor verschieben. Was bedeutet es denn beispielsweise, wenn die Verweildauer in Spitälern, auch nach Operationen, aus Gründen der Kostenersparnis immer mehr verkürzt wird? Dass die Patienten plötzlich doppelt so schnell gesund werden? Nein, sondern bloß, dass sie daheim weiter gepflegt werden müssen, und zwar eine ganze Weile. Anzunehmen, dass sich Männer und Frauen den vermehrten Pflegeaufwand gerecht teilen werden, wo schon der geringere kaum geteilt wurde, wäre, milde gesagt, naiv.

Ein Kennzeichen des alten Feminismus, wird gern behauptet, sei das Bestehen auf einer Gleichstellung der Geschlechter, während man sich inzwischen geschmeidig auf eine Gleichwertigkeit geeinigt habe.

Also – die Gleichwertigkeit, liebe Damen und Herren, die ist ein uralter Hut. Ich respektiere Sie, auch wenn Sie weniger verdienen. Sie putzen zwar meinen Dreck, aber das heißt nicht, dass Sie weniger wert sind in meinen Augen. Davon kann sich keine was abschneiden. Und darum ist es gescheiter, sich nicht mit einer unbestimmten, bloß behaupteten Wertschätzung abspeisen zu lassen, sondern das Recht auf gleiche Lebensqualität einzufordern.

An dieser Stelle kommt für gewöhnlich (oh ja, die Einwände sind absehbar) der Einwand, wie öde jegliche Gleichmacherei doch sei. Aber Gleichstellung heißt nicht: uniforme Lebensentwürfe. Gleichstellung heißt: gleiches Recht auf welchen Lebensentwurf auch immer, für beide Geschlechter beziehungsweise unabhängig vom Geschlecht.
Es sind, im Gegenteil, die Rollenzuweisungen der Männer-kommen-vom-Mars-Frauen-von-der-Venus-Fraktion, die uniforme Verhaltensweisen propagieren.

Themawechsel: Dr. Edgar Pree, Obmann des Väterrechte-Vereins „Recht des Kindes auf beide Eltern“ und unermüdlicher Warner vor den Gefahren der Zuwanderung beziehungsweise dem drohenden Aussterben der eingeborenen österreichischen Bevölkerung, zitiert mich in letzter Zeit, wegen meiner Auseinandersetzungen mit den KopftuchbefürworterInnen, gern als Zeugin für die Bedrohung durch den Islam. Diese Vereinnahmung weise ich entschieden zurück. Ich fürchte mich nicht vor dem „Fremden“, und ich lehne es nicht grundsätzlich ab. Mir ist nicht das Fremde als Fremdes suspekt, aber ich nehme für mich in Anspruch, das so genannte Fremde genauso kritisch zu betrachten wie das so genannte Einheimische (das manchmal ebenfalls ganz schön befremdlich ist).

Wichtig ist mir die Sicherung unserer Grundrechte, die ich nicht an eine bestimmte genetische Ausstattung gebunden sehe und von denen ich auch nicht glaube, dass es einer bestimmten genetischen Ausstattung bedarf, um sie zu respektieren. Wenn MitbürgerInnen – welcher Herkunft und Abstammung auch immer – sie, beispielsweise für Frauen, infrage stellen, dann ist, denke ich, Gegenwehr angebracht. Aber wenn MitbürgerInnen – welcher Herkunft und Abstammung auch immer – sie hochhalten und notfalls verteidigen: wunderbar.