Lebensmenschen des Kärntner BZÖ: Der Kampf um das politische Erbe Jörg Haiders
Im Juni vergangenen Jahres feierte Jörg Haider einen Brückenschlag. Gemeinsam mit seinem damaligen Tiroler Amtskollegen, Herwig van Staa, weihte der Kärntner Landeshauptmann einen Radsteg über die Drau ein, der die Gemeinden Oberdrauburg (Kärnten) und Nikolsdorf (Osttirol) verbindet. Zum Andenken an den im Oktober tödlich verunglückten BZÖ-Chef soll der Steg nun offiziell den Namen Jörg-Haider-Brücke erhalten. So will das zumindest der Lienzer Bürgermeister Johannes Hibler, ÖVP.
In der eigenen Partei wird die Erinnerung an den Übervater ebenfalls hochgehalten. Allerdings leidet die Denkmalpflege derzeit unter Irritationen. Im BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich) tun sich wenige Wochen vor der Kärntner Landtagswahl am 1. März erste Risse auf. Anlass war das Selbstvertrauen des neuen Landeshauptmanns Gerhard Dörfler. Haiders Nachfolger hatte in einem Interview die orange Erfolgslatte für die Landtagswahlen auf über 40 Prozent gelegt. Und im Drüberstreuen beschuldigte er den frisch gekürten FPÖ-Spitzenkandidaten, Mario Canori, für seinen Wechsel vom BZÖ zu den Blauen 200.000 Euro kassiert zu haben. Es war ein Ausritt Marke Dörfler, ohne Konsequenzen: Canori zog die angedrohte Klage nach einer Klarstellung Dörflers zurück. Das orange Führungspersonal hatte eigenwillig-brüsk reagiert. BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz und Uwe Scheuch, Kärntner BZÖ-Landesparteiobmann und Landeshauptmann-Stellvertreter, gaben Dörfler den Ratschlag, Canori nicht durch Anschuldigungen aufzuwerten. Und ein Ergebnis von jenseits der 40 Prozent bei den Landtagswahlen sei, so Scheuch, ein persönliches Ziel Dörflers, also keineswegs Parteilinie. Dabei hatte auch der Klubobmann des BZÖ im Nationalrat, Josef Bucher, vor wenigen Wochen explizit 40 Prozent als Wahlziel genannt.
Es geht um viel an diesem 1. März. Kärnten ist die Machtbasis des orangen Bündnisses. Verliert das BZÖ den ersten Platz, wird die Partei damit auch bundesweit empfindlich geschwächt. Laut einer jüngsten Umfrage des SORA-Instituts im Auftrag der SPÖ liegt das BZÖ in Kärnten derzeit bei 41 Prozent. Die SPÖ hat deutlich aufgeholt und kommt auf 38 Prozent. Im BZÖ nimmt man die Umfrage nicht ernst. Wahlkampfmanager Stefan Petzner: Die Zahlen sind ein Unsinn. Nach unseren Daten liegen die Sozialdemokraten bei 30 Prozent.
Parteiintern wachsen freilich die Zweifel, dass Landeshauptmann Dörfler der richtige Mann am richtigen Platz ist. Dem Quereinsteiger fehlt es innerparteilich an Macht, Einfluss und Verbündeten. Im Gegensatz zu Uwe Scheuch. Gemeinsam mit seinem Bruder Kurt, Klubobmann im Landtag, hat er die Partei fest im Griff. In BZÖ-Kreisen geht man davon aus, dass Uwe Scheuch und nicht Dörfler nach der Wahl das Amt des Landeshauptmannes übernehmen wird. Was sich sogar in der Öffentlichkeit argumentieren ließe: Schließlich treten Scheuch und Dörfler als Team an.
Einen Landeshauptmann Scheuch würden auch die Kärntner Freiheitlichen eher unterstützen. Die Brüder Scheuch entstammen einer strammen freiheitlich-nationalen Großbauernfamilie, blauer Kärntner Adel. Der Quereinsteiger Dörfler ist dagegen ein ideologischer Flachwurzler. Neo-FPÖ-Frontmann Mario Canori erklärte nach seiner Kür zum blauen Spitzenkandidaten kurz vor Jahreswechsel, seine Fraktion würde nach der Wahl im Landtag einen freiheitlichen Landeshauptmann wählen. Zusatz: Scheuch sei für ihn durchaus als freiheitlich zu klassifizieren. Im Gegensatz zu Canori selbst. Der Präsident des Fußball-Bundesligisten Austria Klagenfurt fühlt sich in Lokalen zwischen Klagenfurt und Pörtschach mit Schickimicki-Publikum deutlich wohler als in Landgasthäusern unter rechts-ruralen blauen Funktionären. Zur FPÖ war Canori erst nach dem Angebot, Spitzenkandidat zu werden, gewechselt.
Unter Uwe Scheuch als Integrationsfigur wäre mittelfristig sogar eine Wiedervereinigung von Blau und Orange in Kärnten denkbar, zumal der Funktionärsaustausch anhält. So freute sich der Kärntner FPÖ-Obmann Franz Schwager über drei jüngst vom BZÖ zur FPÖ übergelaufene Villacher Gemeinderäte. Schwager: Viele Funktionäre haben nur wegen Jörg Haider zum BZÖ gewechselt. Die wollen jetzt alle wieder bei uns mitarbeiten. Uwe Scheuch weist alle Spekulationen um seine Person zurück: "Hier wird versucht, von außen Streit in das BZÖ zu tragen, um das Erbe Jörg Haiders zu zerstören. Das werden wir nicht zulassen."
Von Gernot Bauer