Luftschutz: Polit-Propaganda

Luftschutz: Politische Propaganda

Wie Österreich auf einen Luftkrieg vorbereitet wurde

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Im Mai 1934 überraschte das Organ „Der Luftschutz“ das noch nicht angeschlossene Österreich mit dem Bericht über eine „Luftschutzübung“, der ein seltsames Konzept zugrunde lag: „Die militärische Annahme setzte einen Fliegerangriff auf Wien voraus.“ Eine etwas irritierende Mitteilung für alle, die noch an Hitlers Kriegslust zweifelten.

Im September desselben Jahres wurde in der Broschüre „Luftschutz durch Selbstschutz“ darauf hingewiesen, dass „in aller Welt … Luftschutzübungen abgehalten“ werden, denn „in Europa allein sind heute über 10.000 Militärflugzeuge angriffsfähig“. Der „Österreichische Luftschutzbund“ mutmaßte jedenfalls damals schon: „Ganz Europa ist heute ein einziger Gefahrenherd.“

Im Juni 1938 war dann in der Ostmark alles klar: „Luftschutz tut Not!“, denn es herrsche „Krieg in zwei Erdteilen“. In Spanien ringe „der Bolschewismus mit dem Nationalismus Spaniens um die Vorherrschaft“, in China gebe es „Kämpfe am Kaiserkanal“. Die Ansicht, dass „die Frage der Luftangriffe auf nicht verteidigte Städte durch ein internationales Abkommen gelöst werden müsste“, war für den NS-Staat, der den Völkerbund verlassen hatte, bemerkenswert. Ebenso, dass diese Zeit nicht nur beherzte Männer brauchte, denn Hermann Göring stellte fest: „Deutschland kann – wenn es einmal angefallen wird – keine schwachen, entnervten Frauen brauchen.“

Einen Monat später zeigte Generalfeldmarschall Göring (der später meinte, er wolle Maier heißen, „sollten jemals Bomben auf Berlin fallen“) erstaunliche Vorahnung: „Der militärische Luftschutz allein kann Deutschland nicht gegen alles schützen. Wenn jemals der furchtbarste aller Kriege, der Luftkrieg, über unser Vaterland hereinbrechen sollte, dann kommt es darauf an, dass keiner von euch die Nerven verliert …“ In allen Gauen wurden die „Deutschen Volksgenossen“ aufgerufen, sich zum „Reichsschutzbund“ zu melden, damit „bis zum letzten Haus und zum letzten Hof das friedliche Schaffen des Volks gesichert wird“.

Heimatfront. Im Juni 1938 wurde das Geschäft mit „Luftschutz-Ausrüstungen“, „Schutzraumtüren“ und „Fensterblenden“ heftig beworben.

Vier Tage nach Hitlers Überfall auf Polen erschien die Broschüre „1000 Worte Luftschutz“, eingeleitet vom Hinweis: „Die deutsche Luftwaffe, die allein geschaffen wurde, um der deutschen Sicherheit und des europäischen Friedens willen, ist eine ausgesprochene Verteidigungswaffe.“ Und weil bloß sich selbst verteidigende Nationen oft grundlos angegriffen werden, musste erläutert werden, dass die Begriffe „Luftschutzraum“ und „Luftschutzwart“ bald „allen Deutschen so vertraut sein werden wie etwa der Briefträger oder die Zeitungsfrau“.

Die hatte schlechte Nachrichten, denn sie mussten Broschüren des „Reichsschutzbundes“ verteilen, in denen ab 1944 von einer „Heimatfront“ geschrieben wurde, an der „sich jeder mit dem Wesen des Feuers vertraut machen sollte“.