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Nächste Austro-Film mit Oscar-Chance: Das Drama 'Revanche' von Götz Spielmann

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Von Stefan Grissemann

Man muss sich Österreichs Filmszene als Kreativ-Biotop mit Weltgeltung vorstellen. Am Donnerstag vergangener Woche wurde die Sensation, die im Februar 2008 mit dem Oscar für Stefan Ruzowitzkys NS-Abenteuer „Die Fälscher“ begonnen hatte, überraschend prolongiert: Götz Spielmanns subtiles Psychodrama „Revanche“ wurde ein knappes Jahr nach seiner Premiere bei den Filmfestspielen in Berlin aus 65 internationalen Einreichungen für den Auslands-Oscar nominiert.

„Revanche“, geschrieben, inszeniert und koproduziert von Spielmann, ist eine spannend erzählte Liebes-, Hass- und Kriminalgeschichte, die komplexe Schuld- und Machtverhältnisse auslotet. Die in den Filmtitel erhobene Vergeltung wird aus Liebe ins Auge gefasst: Ein flüchtiger Bankräuber (Johannes Krisch) will sich rächen an jenem jungen Polizisten (An­dreas Lust), der unter nervlichem Druck mit ­einem ungezielten Schuss die Geliebte des Kriminellen, eine junge ukrainische Prostituierte (Irina Potapenko), getötet hat. Der Mann nähert sich seinem Kontrahenten, ohne die Sache zu überstürzen – und beginnt eine Affäre mit dessen Frau (Ursula Strauss). Das Schicksal nimmt seinen unabsehbaren Lauf.

Von der Stadt geht die Erzählung aus, und sie endet am Land, im tiefen Waldviertel. Der Regisseur verwandelt seinen Film dabei von der Halbweltstudie in einen stillen Psychothriller, gibt seiner Erzählung eine strenge, schlüssige Form. Die Schauspielerarbeit ist Götz Spielmanns kreatives Zentrum. Zu wissen, „welche Mechanismen im Schauspieler stattfinden“, helfe bei der Arbeit sehr, meint der 47-Jährige. „Das sind innere, verborgene Prozesse. Wenn man sie kennt und spürt, kann man mit einem Schauspieler auf seiner Ebene kommunizieren: Das ist fast eine Geheimsprache.“ Spielmann arbeitet langsam, bedacht, fast übervorsichtig; nur drei Kinofilme hat er in den vergangenen 15 Jahren gedreht: das Krimi-Stimmungsbild „Die Fremde“ (1999), das sexuell erhitzte Sozialpanorama „Antares“ (2004) und vier Jahre später eben „Revanche“. Tatsächlich sind Spielmanns Ansprüche denkbar hoch: „Mein Ziel ist es, formale Präzision mit emotionaler Vitalität zu verbinden.“

Als Favorit wird „Revanche“ am 22. Februar zwar nicht ins Rennen gehen, denn zwei der Konkurrenzfilme im Kampf um die Auszeichnung als bester nicht englischsprachiger Film – Laurent Cantets Sozialfresko „Die Klasse“ und vor allem der israelische Kriegs-Trickfilm „Waltz With Bashir“ (beide derzeit im Kino) – genießen nicht nur das Qualitätsprädikat des Filmfests in Cannes, sondern auch den Startvorteil politischer Aktualität. Aber erstens: Für Überraschungen ist die Oscar-Jury jederzeit gut. Zweitens: Der Weg ist das Ziel. In Hollywoods Kodak Theatre gilt: Dabei sein ist fast alles – und die Ehre, mit einem Kino der Peripherie und des Nonkonformismus sogar im Zentrum der Weltfilmindustrie eine Rolle zu spielen, ist Götz Spielmann schon jetzt nicht mehr zu nehmen.