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ÖAAB: Neues Leben durch Neugebauer?

Neues Leben durch Neugebauer?

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Der Neustart wird auch symbolisch vollzogen. Noch dieses Jahr soll der Österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB) von seinem bisherigen, schon etwas abgewohnten Hauptquartier in der Wiener Laudongasse im achten Bezirk in die noblere Innere Stadt übersiedeln. Die neue Adresse: Lichtenfelsgasse 7.
Seit zehn Jahren logiert an dieser Adresse die ÖVP, und seit über einem Jahr stand ein Stock leer.
Auch im übertragenen Sinn ist für den ÖAAB die Zeit für einen Tapetenwechsel gekommen. In der Vorwoche wurde die Wachablöse vollzogen. Langzeitobmann Werner Fasslabend, Ex-Verteidigungsminister, Nationalratspräsident a. D. und nunmehr einfacher Abgeordneter, hatte schon vor Wochen erklärt, am 11. Oktober beim ÖAAB-Kongress in Tulln nicht mehr kandidieren zu wollen. Fasslabends Nachfolger: Fritz Neugebauer, Chef der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) und Vizepräsident des ÖGB.
Die Kür des bulligen Hauptschullehrers war nicht ohne negative Begleiterscheinungen abgelaufen. Bei den Oberösterreichern war Neugebauer auf offene Ablehnung gestoßen. ÖAAB-Landeschef Franz Hiesl hatte selbst mit dem Job geliebäugelt. Die Wahl des als Beamtenvertreter punzierten Neugebauer würde den ÖAAB „zu sehr verengen“, argumentierte Hiesl. Bis zuletzt hatten einige Landeschefs Verteidigungsminister Günther Platter, nebenbei ÖAAB-Obmann in Tirol, bekniet, den Job zu übernehmen. Platter winkte ab. Bei einem vertraulichen Treffen der ÖAAB-Spitzen im Anschluss an die Sitzung des ÖVP-Parteivorstands Dienstagabend in Wien wurde Neugebauer schließlich auf den Schild gehoben.
Auf den designierten ÖAAB-Chef wartet eine wahre Sisyphusarbeit. In den vergangenen Jahren war es mit dem ÖAAB bergab gegangen, in der ÖVP hat der Arbeitnehmerflügel in der Auseinandersetzung mit den beiden anderen starken Teilorganisationen, dem Wirtschafts- und dem Bauernbund, an Terrain verloren. Und dies, obwohl der ÖAAB mit 190.000 Mitgliedern die stärkste Teilorganisation ist und mit Platter, Innenminister Ernst Strasser, Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, Finanzstaatssekretär Alfred Finz sowie Infrastrukturstaatssekretär Helmut Kukacka auch in der Regierung stark vertreten ist.
Seit der Wende im Jahr 2000 befand sich der ÖAAB in einer Zwickmühle. Man musste die schwarz-blauen Sparpakete mittragen, obwohl die Leistungskürzungen und Abgabenerhöhungen vor allem die eigene Klientel betrafen. Erst in der vorsommerlichen Debatte um die Pensionsreform gelang es dem ÖAAB, wieder an Statur zu gewinnen. Allen voran glückte dies Neugebauer, der sich lange Zeit gegen die Pläne der Regierung gesträubt hatte und im letzten Moment noch Verbesserungen für seine Beamten ertrotzte. Ähnliche Beharrlichkeit erhoffen sich die ÖAAB-Granden von Neugebauer nun auch in der Auseinandersetzung mit Wolfgang Schüssel, sei es in dessen Funktion als Kanzler, sei es als Bundesparteiobmann.
Zum neuen Generalsekretär erkor Neugebauer Werner Amon, den früheren Chef der Jungen ÖVP, der sogleich forsch ans Werk ging. Er wolle, so der Steirer Amon, den ÖAAB wieder „sichtbarer nach außen“ machen. Selbstbewusstsein zählte früher zu den Tugenden der ÖAABler schlechthin. Gründungsobmann Lois Weinberger leitete in den fünfziger Jahren einen Aufsatz über das Verhältnis zwischen den einzelnen VP-Bünden nicht unbescheiden ein: „Im Anfang war der ÖAAB.“
Gernot Bauer