Die Suche nach dem Sugar-Daddy

Parteifinanzen - Erste Geldbeschaffungs-aktionen verliefen eher fruchtlos.

Ohne potente Spender ist die BZÖ nicht lebensfähig

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In einem Büro in diesem Shopping-Komplex residiert seit vergangener Woche das BZÖ. Auf 140 Quadratmetern mitten in Wiens City hat Jörg Haider sein vorerst letztes Hauptquartier aufgeschlagen. Gewiss, meint der von der FPÖ herübergeholte Generalsekretär Uwe Scheuch, so ein Büro habe schon seinen Preis, aber wenn man die Nähe zum Parlament und zu den verschiedenen Ministerien dagegenhalte und die damit eingesparten Transportkosten …
Das BZÖ muss den Finger auf jeden Posten legen: Die finanzielle Ausgangslage der Haider-Partei ist augenscheinlich trist. Vor allem im Hinblick auf die bevorstehenden Urnengänge müssen bei den BZÖ-Verantwortlichen die Alarmglocken läuten. Nur wenn sich potente Spender finden, hat die orange Bewegung eine Überlebenschance.
Die FPÖ bezog im Vorjahr 4,5 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln (Parteien-, Klub- und Akademieförderung). Partei- und Akademieförderung in der Höhe von 2,7 Millionen bleiben bei der „alten“ FPÖ. Die BZÖ-Granden Haider, Gorbach & Scheibner können nur über den Rest verfügen, 1,8 Millionen Klubförderung. Dazu kommen allfällige Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen – 35 Euro pro Kopf und Jahr. Sie dürften aber kaum ins Gewicht fallen: Bislang meldet das BZÖ nur rund 1000 Zahler. Mehr als zwei Millionen Euro wird das BZÖ aus staatlicher Förderung und den Zahlungen der Mitglieder also nicht erlösen.
Nur zum Vergleich: Jörg Haider allein hat in den Jahren 2000 bis 2002 zugegebene 640.000 Euro an persönlichen Spesen aus der FPÖ-Kassa entnommen. Derartige „Nebengeräusche“ werden in Zukunft wohl nicht mehr möglich sein.
„Eines ist klar: Wir werden uns an einen harten und konsequenten Sparkurs halten müssen“, knirscht BZÖ-Finanzreferent Harald Fischl, dereinst Vorsteher des Haider-Anbetungsvereins „Club Jörg“. Nobler Nachsatz: „Über Geld spricht man aber bekanntlich nicht.“
Wird man aber müssen: Die Kosten für einen Nationalratswahlkampf, wie ihn die FPÖ zuletzt 2002 geführt hat, liegen laut offiziellen Angaben bei 3,5 Millionen Euro. „Man kann aber davon ausgehen, dass sie doppelt so viel ausgegeben haben“, schätzte vergangene Woche der Politologe Hubert Sickinger, Spezialist für Parteifinanzen, in einem Interview mit dem „WirtschaftsBlatt“.

Verdacht. Das glaubt auch der neue FPÖ-Chef Heinz Christian Strache: „Eine Wahlkampagne ist unter sieben Millionen nicht zu machen. Und es wäre nur korrekt, wenn das BZÖ einmal darlegt, wer seine Sponsoren sind. Alles andere nährt den Verdacht, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht.“
Die zwei Millionen, die das BZÖ jährlich an Gesamteinnahmen verbuchen kann, reichen jedenfalls bei Weitem nicht. Jörg Haider selbst sah die Lage in der ORF-„Pressestunde“ nach der Abspaltung nicht weiter dramatisch: Man werde eben „keine große Parallelstruktur zu anderen Parteien ausbauen“, das BZÖ werde „eine recht schlanke Bündnisbewegung“ sein, man wolle sich „nicht selbst durch die Organisationsausgaben schröpfen“.
Damit könnte Haider einem Denkfehler aufsitzen: Einerseits kosten der Aufbau und die Pflege eines Parteiapparats nicht wenig Geld; andererseits fehlen in Wahlkämpfen ohne Apparat die ehrenamtlichen Funktionäre an allen Ecken und Enden. Jeder Handgriff, jeder Zettelverteiler, jeder Plakatierer muss bezahlt werden.
Michaela Sburny, Bundesgeschäftsführerin der Grünen: „Es ist ganz wichtig, freiwillige Helfer vor Ort zu haben. Alles andere geht sofort ins Geld.“ Außerdem könne der Kontakt mit den Wählern ohne Organisationsstrukturen nur über Werbespots, Anzeigen und Postwurfsendungen gehalten werden – und das ist sündteuer.
Nach einhelligen Schätzungen der Experten benötigt das BZÖ in einem Nationalratswahljahr mindestens zwei Millionen an Spendengeldern, um wenigstens einigermaßen über die Runden zu kommen. Eine gewaltige Summe: Die FPÖ wies in ihren Finanzberichten seit dem Jahr 1997 stets Spendenerlöse zwischen 14.000 und 25.000 Euro aus. Nur 2003 stellte mit Spendeneinnahmen von 200.000 Euro ein Ausnahmejahr dar. Das BZÖ benötigt zehnmal so viel.

Nicht-Spender. Derartig hohe Beträge können nur von Großspendern kommen. Zwei infrage kommende Herren – Magna-Chef Frank Stronach und Strabag-General Hans Peter Haselsteiner – haben bereits abgewunken: Sie hätten das BZÖ nicht finanziert und dies auch nicht vor.
Alles andere wäre auch ein Skandal der Sonderklasse: Beide unterhalten enge geschäftliche Beziehungen zu Haider in dessen Funktion als Landeshauptmann. Das Eintreten Haiders für Haselsteiners Strabag im hart am Rande des Abbruchs stehenden Vergabeverfahren für das Klagenfurter Stadion ist bekannt. Frank Stronach erfüllte sich im vergangenen Winter mithilfe Haiders seinen Traum vom Schloss am Wörthersee. Haider selbst war im Gemeinderat von Reifnitz aufgetreten und hatte die Stadtväter überredet, Schloss Reifnitz an Freund Frank zu verkaufen. Dieser würde im Gegenzug einen Betrieb in Kärnten eröffnen.
Dass Spenden freilich auch abgeschiedene Wege gehen können, zeigt jene großzügige Gabe von fünf Millionen Schilling, die Haider im November 1996 aus der Villa des Industriellen Herbert Turnauer in einem Plastiksackerl mitnehmen durfte. Im Rechenschaftsbericht der FPÖ fand sich das generöse Zubrot nicht.
Eine bekannt spendable Organisation, die Industriellenvereinigung, scheint Haider derzeit mit einem Schmusekurs in Sachen EU-Erweiterung bezirzen zu wollen: Offensiv forderte der BZÖ-Obmann vergangenen Freitag in einer Pressekonferenz die rasche Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in die Union. Die Industriellenvereinigung hatte seinerzeit die FPÖ von der Spendenempfängerliste gestrichen, als Haider vor dem EU-Referendum von 1994 für ein Nein eingetreten war. IV-Sprecher Christoph Neumayer am Freitag zu profil: „Bis jetzt ist noch niemand an uns herangetreten.“

Unschärfen. Die Fragen nach den BZÖ-Finanzen werden immer dringlicher, je öfter kleine „Unschärfen“ bei der Geldbeschaffung ans Licht kommen.
So überwies die damalige FPÖ-Chefin Ursula Haubner am 16. März – wenige Tage vor Gründung des BZÖ – dem Haider-Freund und BZÖ-Mitbegründer Gernot Rumpold laut „Format“ 30.000 Euro für die „Organisation und Durchführung“ des geplanten FPÖ-Bundesparteitags. Die von Rumpold erbrachte Leistung sei jedoch maximal 5000 Euro wert, erklären FPÖ-Vertreter.
Verwirrung gibt es auch um die geplante tägliche BZÖ-Onlinezeitung, die Larissa Lielacher gestalten soll, die Tochter des streitbaren Börsen-Gurus Michael. Lielacher sprach von 4500 Euro Einrichtungsgebühr und 1000 Euro pro Ausgabe. BZÖ-Werber Rumpold gab hingegen an, Lielacher unterstütze die neue Partei kostenlos. Die Onlinezeitung auf der BZÖ-Website lässt sich vorerst auch durch hartnäckiges Anklicken nicht öffnen.
Unklar ist die Lage in den Ländern. In Wien hat sich eine BZÖ-Abspaltung im Landtag als Klub konstituiert und bezieht entsprechend der Wiener Gesetzeslage 612.482 Euro Klubförderung. Da sich die Förderung für den Landtagsklub der FPÖ nur um 72.000 Euro reduziert, kommt für die Differenz der Steuerzahler auf.

Problemfälle. Im Burgenland sitzt das BZÖ noch auf dem Trockenen. Jörg Steiner, Chef der BZÖ-Landesgruppe: „Büro haben wir zurzeit keines.“ Und wie steht es mit dem Geld? Steiner lacht laut auf: „Ja, das kann ich Ihnen auch nicht sagen.“ Ob sich unter diesen Bedingungen ein Antreten bei den Landtagswahlen im kommenden Herbst ausgeht, weiß er „beim besten Willen nicht“.
In der Steiermark – BZÖ-Kandidatur ebenfalls ungewiss – hat Landeshauptfrau Waltraud Klasnic der neuen Dreipersonenfraktion des BZÖ 50.000 Euro Klubförderung zuerkannt. Ein Wahlkampf geht sich damit freilich nicht aus.
Bleibt Kärnten, wo die FPÖ zum großen Teil im BZÖ aufgegangen ist. Die Mitgift erscheint fragwürdig: Die schwer verschuldete Partei hatte im Spätherbst 2003 die Parteienförderung bis 2014 an eine Bank verpfändet, um Jörg Haiders üppigen Wahlkampf zu finanzieren. Gleichzeitig beschlossen FPÖ und SPÖ im Landtag eine „Sonderförderung“ von 3,3 Millionen Euro.
Die FPÖ-Finanzen blieben dennoch desolat. Im März 2004 fragte Parteiobmann Martin Strutz im Auftrag Haiders bei der wohlhabenden Wiener FPÖ um einen Kredit in der Höhe von einer Million Euro an. Wiens Parteichef Strache verlangte eine Bankbesicherung, die Strutz nicht beibringen konnte.
Zwei Wochen später trieb Haider dann doch noch Geld auf: Als Chef der FPÖ-Parteiakademie ließ er 500.000 Euro der jährlich mit 1,2 Steuer-Millionen geförderten Akademie an die marode FPÖ Kärnten überweisen. Akademie-Geschäftsführer Herbert Kickl bestätigte vergangenen Freitag gegenüber profil die Transaktion: „Das Geld hat die FPÖ Kärnten bekommen – wofür, weiß ich nicht. Offensichtlich haben sie es gebraucht. Sie haben es später aber zurückgezahlt.“
Einigen scheint der Ernst der Lage inzwischen klar geworden zu sein. Günter Barnet, Klubdirektor der BZÖ-FPÖ im Parlament: „Wir werden wohl bei potenziellen Spendern Klinken putzen müssen.“

Von Herbert Lackner und Ulla Schmid