"Ich wollte nie Randgruppenmusik machen"

Peter Heppner: "Ich wollte nie Randgruppenmusik machen"

Interview. Der deutsche Sänger Peter Heppner über ökonomisches Arbeiten und das Loslassen von seiner Band Wolfsheim

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Interview: Philip Dulle

profil: Sie kokettieren gerne damit, dass Sie mit Ihrem ersten Soloalbum von 2008 nicht besonders zufrieden sind. Was hat sich seit „Solo“ verändert?
Heppner: Ich lasse mir nicht mehr fertige Songideen von anderen Musikern schicken, arbeite jetzt lieber mit zwei guten Freunden zusammen. Dadurch kann ich direkt in den Entstehungsprozess eingreifen. „Solo“ war noch nicht stimmig.

profil: Wie viel Persönliches steckt nun in „My Heart of Stone“?
Heppner: Relativ viel, nur die Musik haben wir zu dritt gemacht. Aber wo mein Name auf der CD steht, sage ich natürlich, was gemacht werden muss.

profil: Ist die Musik bei Peter Heppner zweitrangig?
Heppner: Wenn wir jetzt nach der deutschen Verwertungsgesellschaft gehen, entfallen auf die instrumentale Musik nur 25 Prozent der Erlöse, auf die Gesangsmelodie weitere 25 Prozent, die restlichen 50 Prozent sind für den Text. Das spiegelt sich auch im Arbeitsprozess wider; die Musik ist eigentlich schnell gemacht.

profil: Sie denken also ökonomisch?
Heppner: Ich arbeite an jedem Album schon drei, vier Jahre – und muss auch in der Zwischenzeit davon leben können.

profil: Wie viel Wert legen Sie aufs Texten?
Heppner: Die Musik ist das Fundament, aber ich war für das neue Album zwei Jahre nur mit dem Recherchieren von Themen und Texten beschäftigt, und ich verwerfe gern auch einen Gutteil meines Materials. Ich komme ja nicht aus jenem Unterhaltungsbereich, indem es reicht, immer nur über die Liebe zu singen.

profil: Trotzdem haben Sie keine Berührungsängste mit breitenwirksamer, radiotauglicher Musik?
Heppner: Ich wollte immer Popmusik machen, nie Randgruppenmusik. Auch nicht mit Wolfsheim. Das liegt womöglich an meiner künstlerischen Sozialisation, ich wollte ja eigentlich bildender Künstler werden. Eine Van Gogh-Ausstellung spricht auch Millionen an, was seine Kunst nur noch größer macht. Man kann mit ernsthaften, künstlerischen Themen auch breitenwirksam agieren.

profil: Inwieweit passen Sie Ihre Musik dem Mainstreamgeschmack an?
Heppner: Ich werde nie den Künstler in mir verraten oder dem Massengeschmack anpassen. Außerdem wollte ich mit meiner Kunst immer schon anecken, aber das bei möglichst vielen Menschen.

profil: Sie würden „My Heart of Stone“ somit als Ihr erstes richtiges Solowerk bezeichnen?
Heppner: Ja. Ich musste mir ja erst mal klarwerden, wie Peter Heppner solo eigentlich klingen soll.

profil: Mussten Sie davor mit Ihrer Ex-Band Wolfsheim abschließen?
Heppner: Natürlich war das ein enormer Umbruch in meinem Leben, den ich erst verarbeiten musste. Dazu kamen die Veränderungen im Musikgeschäft, und ich war in einem Alter, in dem man sein Leben und seine Entscheidungen zu hinterfragen beginnt.

profil: Wolfsheim wurde also nicht aufgrund Ihres Soloprojekts geopfert?
Heppner: Nein, auch wenn das oft behauptet wurde. Ich stand plötzlich vor den Trümmern meines Lebenswerks und brauchte Jahre, um darüber hinwegzukommen.

profil: Wie steht es um den Urheberrechts- und Namensstreit bei Wolfsheim?
Heppner: Das ist vorbei. Ich sollte ja aus der Band geworfen werden, was auch in zweiter Instanz nicht gelang. Es ist mir nicht leicht gefallen, aber das Kapitel Wolfsheim musste ich für mich schließen.

profil: Kamen die Probleme mit Ihrem einstigen Bandpartner erst mit dem immensen Erfolg der Band?
Heppner: Die Erfolge von Wolfsheim waren gar nicht so immens. Ich hatte mit jedem Soloprojekt mehr Erfolg.

Zur Person
Peter Heppner, 44, etablierte sich seit Ende der Achtziger als Sänger des Synthiepop- und Dark Wave-Duos Wolfsheim und scheute dabei nie Kolloborationen mit Künstlern unterschiedlichster Richtungen (u.a. Nena, Joachim Witt und Schiller). 2005 unterschrieb Heppner einen Vertrag für ein Solo-Album, das einen Rechtsstreit mit seinem ehemaligen Kollegen Markus Reinhardt und das Ende der Band nach sich ziehen sollte.