Peter Michael Lingens

Politiker als Geldvernichter

Politiker als Geldvernichter

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So wenig Zweifel es darüber geben kann, dass Werner Faymann mit seinem 5-Punkte-Plan im Wahlkampf einen haushohen Punktesieg über Wilhelm Molterer einfährt, so wirtschaftlich unsinnig sind seine beiden spektakulärsten Vorschläge: die Abschaffung der Studiengebühren und die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel. Er ist freilich in kollegialer Gesellschaft: Was österreichische Politiker in jüngster Zeit an wirtschaftlichen Fehlleistungen produziert haben, triebe ein schwächeres Unternehmen in die roten Zahlen – Gott sei Dank bietet ihnen die Zweite Republik dank EU und Privatisierung nicht mehr so viele Möglichkeiten, in die Wirtschaft einzugreifen. Sie können nur mehr dort Unheil stiften, wo sie, wie beim Eurofighter, direkt Aufträge vergeben oder Vergaberichtlinien negieren.

Der Fall des Vorplatzes des Wiener Praters ist symptomatisch: Eine Stadträtin, die von Städtebau und Kultur und Geschäft nicht die geringste Ahnung hat, Grete Laska, vergibt den Auftrag für die Neugestaltung freihändig mit der Begründung, dass der Platz bis zur Fußball-EM fertig gestellt sein sollte. Weil man ja erst ganz kurz wusste, dass Österreich die EM austragen würde. Es entsteht ein städtebauliches Vorzeigeprojekt: die schlechteste Architektur, die es derzeit in Europa zu sehen gibt. Architekt und Generalunternehmer haben nie etwas Vergleichbares abgewickelt und hinterlassen ein Rundum-Desaster: Sie können den Bauunternehmen nur 40 Prozent der erbrachten Leistungen bezahlen. Frau Laska will jetzt „alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen“. Sie dürften sich darauf reduzieren, dass die Stadt Wien den geprellten Unternehmern zulasten der Steuerzahler irgendwelche lukrativen Ersatzaufträge zuteilt. Die finanziellen Folgen der kaufmännischen Unfähigkeit der Vizebürgermeisterin sind freilich marginal, wenn man sie daran misst, was bei der Vergabe des Eurofighter-Auftrags verschustert wurde: Kein Land wird diese Flugzeuge jemals zum österreichischen Preis kaufen.

Wenn Verteidigungsminister Darabos jetzt gescholten wird, dass er die Eurofighter in seinen Verhandlungen keineswegs verbilligt hat, so liegt der noch größere Skandal doch davor: im viel zu teuren Einkauf durch Schüssel & Co. Die meisten Bürger sind überzeugt, dass dabei politisch mitgeschnitten wurde. Ich will es geradezu hoffen: Dann wäre es wenigstens nicht die pure Unfähigkeit, die zu den überhöhten Preisen geführt hat. Beim Debakel der AUA war sie es dagegen ganz sicher: Es gibt, außerhalb der Politik, keinen Menschen, der nicht seit zehn Jahren wusste, dass die AUA einen größeren Partner braucht. Das Bestehen auf einem österreichischen Minderheitsaktionär setzt die Geldvernichtung einvernehmlich zwischen Molterer und Faymann fort. Womit ich bei ihrem Wahlkampf wäre. Faymanns taktischer Geniestreich, sich von Gusenbauer abzusetzen, indem die Studiengebühren nun in einer freien parlamentarischen Abstimmung abgeschafft werden, ist so teuer wie unsozial: Österreichs Universitäten werden – leider – fast nur von Söhnen und Töchtern aus Oberschichtfamilien frequentiert, die durchaus in der Lage wären, die Studiengebühren zu bezahlen – Studenten, die der Arbeiterklasse entstammen, sind dort kaum anzutreffen. Finanziert werden die Universitäten aber aus Steuermitteln, zu denen auch Arbeiter durchaus beitragen. Diese subventionieren also die Studenten aus der Oberklasse. Natürlich wäre daher ein Aufstocken der Stipendien für bedürftige Studenten ungleich sozialer gewesen. So kehrt die SPÖ gemeinsam mit den Grünen zur ausschließlichen Umverteilung von unten nach oben zurück.

Ähnlich unsinnig ist die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Deren gestiegene Preise drücken laut Volkshochschulkurs für Volkswirtschaftslehre eine im Verhältnis zum Angebot erhöhte Nachfrage aus. Das ist nützlich, weil es entweder eine Steigerung des Angebots oder eine Drosselung der Nachfrage nach sich zieht. Angesichts des Übergewichts so vieler Österreicher wäre nicht einmal Letzteres so absurd. Aber natürlich gibt es das Problem derer, die sich nicht einmal mehr die nötigste Malzeit leisten können. Dann muss man ihnen mehr Geld in die Hand drücken, nicht aber die Mehrwertsteuer zu enormen Kosten tatsächlich auch für die Käufer von Champagner und Gänseleber senken. Das hilft stattdessen den Nahrungsmittelketten: Normalerweise hätten sie jetzt daran denken müssen, ihre in Österreich weit höher als in Deutschland bemessenen Spannen zu senken, damit der Umsatz nicht allzu sehr zurückgeht. So haben sie einen angenehmen Polster, durch den sie weiter bestens verdienen können. Dass sie „versprochen“ haben, den Steuervorteil weiterzugeben, kann nur ein Werner Faymann glauben.
So wie nur ein Wilhelm Molterer glauben kann, dass man der Erhöhung des Benzinpreises durch Preiskontrollen beikommen wird.

Es gab einmal eine Zeit, in der man auch in Österreich meinte, dass Politiker, die wirtschaftliche Entscheidungen treffen, etwas von Wirtschaft verstehen sollten: Ein Reinhard Kamitz oder ein Stephan Koren waren als Finanzminister hochkarätige Fachleute, und selbst das Rote Wien hat in der Zwischenkriegszeit den brillanten Bankier Hugo Breitner als Finanzstadtrat beschäftigt. Es wäre kein Nachteil, ein wenig zu dieser Tradition zurückzukehren.