Porträt: Heinz Sundt - Der Netzwerker

Porträt: Der Netzwerker

Jetzt will ihn der Finanzminister loswerden

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Peter Feigl hat schon bessere Zeiten erlebt. Mehrere Absagen von Topspielern trüben den Start der diesjährigen BA-CA-Tennistrophy, die diese Woche in der Wiener Stadthalle stattfindet. Klingende Namen sind für Feigl als Organisator wichtig. Fehlen sie, fehlt meist auch die Spannung und damit die Zuschauer.

Vielleicht sollte Feigl die Halle schon etwas früher als gewohnt fürs Publikum öffnen. Samstagvormittag nämlich steht eine Partie auf dem Plan, wie sie spannender kaum sein könnte. Im Promi-Doppel treffen zwei erbitterte Gegner aufeinander: Heinz Sundt, Generaldirektor der Telekom Austria, und Rainer Wieltsch, Telekom-Aufsichtsrat und Vorstand des 47-Prozent-Aktionärs ÖIAG. Flankiert von Organisator Feigl und Ex-Profi Alexander Antonitsch werden sich die beiden Manager, wie schon im Vorjahr, heftig ins Zeug legen. Feigl erinnert sich nur zu gut: „Da gab es keine Gnade. Sundt hat alles gegeben und letztlich knapp gewonnen. Andere Manager würden sich da wohl eher etwas zurückhalten, wenn sie gegen ihren Boss spielen.“

Sundt könnte bei Wieltsch aber wohl auch mit einem geschenkten Sieg nicht punkten. Wieltsch und sein Vorstandskollege Peter Michaelis haben den Telekom-Chef seit Monaten im Visier. Als verlängerter Arm von Finanzminister Karl-Heinz Grasser betreibt das ÖIAG-Duo sogar seine Ablöse. Eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung am Dienstag dieser Woche kennt nämlich nur einen Tagesordnungspunkt: Vorstandsangelegenheiten.

Reibebaum. Es ist nicht das erste Mal, dass Heinz Sundt bei der ÖIAG-Führung in Ungnade gefallen ist. Anfang 2001, kurz nach dem Börsegang der Telekom Austria (TA), hatte es Johannes Ditz, der damalige Vorstand der Verstaatlichtenholding, auf ihn abgesehen. Das Unternehmen befand sich damals in einer schwierigen Phase, war schwer verschuldet und defizitär, und der Kurs der Aktie war nach der Markteinführung merklich abgerutscht. Der geplante Turnaround sei gefährdet, befand Ditz damals und kündigte kurzerhand Sundts Ablöse an.

Der Vorstoß des ÖIAG-Chefs sollte für ihn zum Bumerang werden. „Ich hatte damals eine schwierige Phase mit ihm“, meint Ditz heute lapidar und möchte die Angelegenheit „nicht weiter kommentieren“. Kurze Zeit später musste Ditz selbst seinen Hut nehmen.

Diesmal jedoch sind die gegen Sundt aufgefahrenen Geschütze von größerem Kaliber. Der Finanzminister höchstselbst will den Telekom-Chef abschießen. Mehrfach hatte der nämlich gegen ihn aufbegehrt: Sundt forderte die Rückzahlung von 240 Millionen Euro, welche die Telekom zu viel an Steuern bezahlt haben soll. Er äußerte sich öffentlich gegen Grassers Plan, die Handytochter Mobilkom zu verkaufen. Und schließlich bezeichnete er den von Grasser initiierten Abbruch der Verhandlungen über einen Einstieg der Swisscom bei der TA offen als „Fehler“.

Harte Bandagen. Widerspruch von unten wollte der Finanzminister nicht dulden und drängte auf die Ablöse des TA-Chefs. Sundts Vorgänger Werner Kasztler: „Da wird mit einer Rücksichtslosigkeit und Unverfrorenheit von oben durchgegriffen.“ Und auch Sundt selbst warnt vor „steigender Unsicherheit im Unternehmen und auf den Kapitalmärkten“. SPÖ-Verstaatlichtensprecher Johann Moser wundert sich, „dass die übrigen Aufsichtsratsmitglieder da so lange zuschauen“.

Spätestens diesen Dienstag ist es mit dem Zuschauen vorbei. Dann muss das zwölfköpfige TA-Kontrollgremium über die Vorstandsfrage abstimmen. Während Wieltsch und Michaelis als ÖIAG-Vertreter die Neuausschreibung betreiben werden, scheint sich im Aufsichtsrat eine knappe Mehrheit gegen ein derartiges Vorgehen zu bilden (siehe Kasten). Einige Kapitalvertreter haben dem Vernehmen nach bereits Position für den Verbleib Sundts bezogen. Vor allem aber weiß der TA-Chef den gesamten Betriebsrat, und damit auch die vier Vertreter im Aufsichtsrat, hinter sich. Michael Kolek deutet an, sich im Fall des Falles auf Sundts Seite zu schlagen: „Ich wüsste auch nicht, was man unserem Vorstand vorwerfen will. Wirtschaftlich hat er alle Ziele übererfüllt.“

Tatsächlich ist die Performance der Telekom Austria über die vergangenen vier Jahre der Ära Sundt in jeder Hinsicht vorzeigbar. Das Ergebnis konnte seit dem Jahr 2000 um 45 Prozent gesteigert werden, die Schulden wurden um mehr als ein Drittel reduziert, und auch der Aktienkurs hat sich nach den anfänglichen Startschwierigkeiten mittlerweile ganz zufrieden stellend entwickelt. Ex-TA-Chef Kasztler bewundert aber vor allem an Sundt, „wie er den enormen Beamtenabbau ohne großen Wirbel durchgezogen hat“. Für Erich Huhndorf, den ehemaligen TA-Betriebsratschef, ist Sundt „ein Mann mit Handschlagqualität“. Dies sei insofern bemerkenswert, als er in seinen 47 Jahren bei der Telekom „oft genug das Gegenteil erlebt“ habe.

Nicht nur in den eigenen Reihen schätzt man die Qualitäten des 56-jährigen Sundt, dessen Karriere ihn von IBM über den Mayr-Melnhof-Konzern an die Spitze der Mobilkom und letztlich der TA führte. Heinrich Otruba, ehemaliger Telekom-Regulator und heutiger Leiter der europäischen Regulierungsbehörde: „Er hat die Mobilkom zu einem hervorragend funktionierenden Unternehmen gemacht.“ Selbst sein einst erbittertster Konkurrent, Hansjörg Tengg, Gründungschef von max.mobil (heute T-Mobile), hat nichts zu mäkeln: „Wir haben uns harte Wettbewerbe geliefert, aber nie persönliche Aversionen entwickelt. Uns verbindet bis heute ein freundliches Verhältnis.“ Auch sein ehemaliger Chef bei der Mayr-Melnhof-Tochtergesellschaft Neupack, Franz Gehbauer, spricht Gutes: „Er hat eine sehr verbindliche Art und war als Verkaufsleiter bei den Kunden sehr geschätzt.“ Josef Sindelka, der ihn 1996 als damaliger Chef der Post und Telekom Austria für den Aufbau des Mobilfunk-Geschäftes holte, erinnert sich heute noch gerne an „den tüchtigen Burschen, der weiß, was er will, und dann auch zu seiner Meinung steht“.

In seiner 35-jährigen beruflichen Laufbahn hat sich Sundt vor allem zum exzellenten „Networker“ gemausert. Er nützt berufliche Engagements wie auch private Passionen gleichermaßen zur Kontaktpflege. Bis zu 80 namhafte Manager folgen alljährlich seiner Einladung zu einer vorweihnachtlichen Zusammenkunft. Beim zwanglos-legeren Weinkellerbesuch deklamiert Sundt gerne Gedichte. Beim anschließenden Geplauder bei guten Tröpferln lässt sich en passant natürlich auch manch geschäftliches Anliegen erörtern.

Auch die Sponsoringaktivitäten der Telekom in Sport und Kultur nützt der TA-Boss zur Kontaktpflege. Der ausgewiesene Opernliebhaber (Lieblingswerk: Giuseppe Verdis „Don Carlos“) und Freund von klassischer Musik und Jazz lädt Freunde und Geschäftspartner dreimal im Jahr in den Musikvereinssaal. Einmal konnte Sundt dabei sogar eines seiner großen Idole, Jazz-Legende Oscar Peterson, begrüßen. Mit einem weiteren großen Vorbild, dem Wiener Starpianisten Rudolf Buchbinder, verbindet Hobbypianist Sundt eine langjährige Freundschaft. Buchbinder, der Sundt zwar noch nie Klavier spielen gehört hat, aber dessen ehrliche Begeisterung für die Musik schätzt, ist angetan von der Ruhe, die der Telekom-Chef meist ausstrahlt: „Ich hab ihn noch nie aggressiv erlebt.“

Gefürchteter Gegner. Buchbinder hat ihn wohl noch nicht auf dem Tenniscourt gesehen. Dort gilt er nämlich durchaus als kämpferisch. Sein langjähriger Tennispartner, Raiffeisen-Versicherungs-Vorstand Christian Sedlnitzky: „Er ist einer der gefinkeltsten Spieler und daher sehr gefragter Doppelpartner.“ Auf dem roten Sand hat Sundt nicht nur Manager wie Sedlnitzky oder BA-CA-Chef Erich Hampel, sondern auch den Künstler Helmut Margreiter näher kennen gelernt. Margreiter: „Erst später hat er meine Bilder gesehen.“ Seit der Übersiedlung der Telekom in die Lassallestraße im zweiten Wiener Bezirk zieren seine Gemälde Sundts Büro im achten Stock. „Er sagt, er betrachtet sie oft, um Kraft zu tanken.“

Auch den Sport nützt der passionierte Skifahrer mit Ferienwohnung in Kitzbühel, um an seinem Netzwerk weiterzuknüpfen. Alljährlich lädt die TA-Tochter Mobilkom zum Beachvolleyball nach Klagenfurt und zum Snowboard-Weltcup nach Kreischberg – und war zudem auch einige Jahre Namenssponsor am A1-Ring. Die TA selbst wiederum ist fixer Partner im Alpinskisport. Überall nutzen Sundt und seine Co-Vorstände die Gelegenheit, Vertreter aus der Politik ebenso zu hofieren wie Manager, Journalisten und mitunter auch Vertreter wichtiger Behörden und Ämter. Sundt und seine Crew vermeiden es zwar tunlichst, die Gäste direkt auf etwaige Anliegen anzusprechen. Selbstverständlich hilft das ungezwungene Beisammensein mit gutem Catering und sportlichen Highlights aber, das grundsätzliche Einvernehmen herzustellen und gute Anknüpfungspunkte für das nächste Geschäftsmeeting zu schaffen.

Was Sundt bis heute aber verwehrt blieb, ist der gute Draht in die politische Top-Ebene. Insider meinen, es fehle ihm auch jetzt die nötige Lobby. Ex-Konkurrent Tengg: „Er ist politisch nicht zuordenbar, da tun sich halt manche Politiker schwer damit.“ Und umgekehrt.