Porträt: FPÖ-Ticket, erste Klasse

Hecke hat beste Chancen, ÖBB-Chef zu werden

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Die Entscheidung fiel in den frühen Abendstunden des Mittwochs vergangener Woche. Rudolf Fischer, Vorstand der Telekom Austria, traf sie nach reiflicher Überlegung: Der 51-Jährige will nun – nach entsprechendem Druck seitens der Eigentümervertreter – in der Telekom Austria bleiben. Er zog seine Kandidatur für den Posten des ÖBB-Vorstands zurück. Nachfolger von ÖBB-Chef Rüdiger vorm Walde soll ein anderer werden.

Und der steht damit auch so gut wie fest: Walter Hecke, Chef der Autobahnfinanzierungsgesellschaft Asfinag, wird aller Voraussicht nach am kommenden Donnerstag vom ÖBB-Aufsichtsrat zum neuen Chef der Bundesbahnen gekürt werden. Hecke und Fischer waren zuletzt immer wieder als Favoriten für den heiklen Spitzenposten genannt worden. Jetzt hat Hecke freie Bahn.

Was nicht heißen soll, dass Hecke unumstritten wäre: Der ÖBB-Aufsichtsrat soll mit der Kandidatur des 57-Jährigen nicht ganz so glücklich sein. Zumal Hecke seinen bevorstehenden Karrieresprung in erster Linie der Politik zu verdanken haben wird. Der Asfinag-Chef genießt die volle Unterstützung des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider sowie des Dritten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn. Vergangene Woche sprach sich auch Verkehrsminister Hubert Gorbach recht unverblümt für Hecke als neuen ÖBB-Vorstand aus. Womit die Weichen wohl eindeutig gestellt wären.

Guter Draht. Es wäre nicht das erste Mal, dass Hecke einen Karrieresprung mithilfe eines FP-Tickets macht. Schon im September 2001 profitierte er von seinem guten Draht zu den Freiheitlichen: Damals wurden neue Chefs für die Asfinag gesucht, und Hecke machte völlig überraschend das Rennen. Der für den Posten allgemein favorisierte Christian Trattner, stellvertretender Sektionsleiter im Finanzministerium, wurde von Hecke ausgestochen. Offenbar hatte dessen Bestellung aber nicht alle restlos überzeugt: Kurze Zeit später wurde Trattner doch noch zum dritten Vorstand des Unternehmens ernannt.

Heckes enge Bande zur FPÖ sind freilich keineswegs offizieller Natur: Der Asfinag-Chef ist nicht Parteimitglied. Von Freunden wird er sogar als „unpolitisch, aber grundsätzlich bürgerlich-liberal“ beschrieben. Als Mann, der allerdings mit den Freiheitlichen „keine Berührungsängste“ habe. Aufgefallen ist vielen seiner Weggefährten allenfalls „eine langjährige Bekanntschaft mit Thomas Prinzhorn“. Ihn kennt Hecke schon seit Jahrzehnten aus der Industriellenvereinigung. Dass Hecke außerdem ein Cousin von Prinzhorn-Freund und ÖIAG-Aufsichtsratspräsident Alfred Heinzel ist, war seiner Karriere unter der schwarz-blauen Regierung wohl auch nicht hinderlich.

Networker. Trotzdem: Walter Hecke gilt nicht nur als exzellenter Networker, sondern auch als passabler Manager. In der Asfinag wird er als „Lichtgestalt“ beschrieben, allerdings sei das Tüfteln an Details, also das operative Tagesgeschäft, nicht wirklich sein Ding. Hecke fühlt sich wohl in der Rolle des Strategen.

Seine Karriere hat Walter Hecke bei Siemens Österreich begonnen. Auch das war wohl kein Zufall: Sein Vater, Hans Hecke, war dort langjähriger Generaldirektor. Hecke junior zog es also zum Altvorderen. Bei Siemens wurde ihm nach einiger Zeit die Geschäftsführung einer Tochtergesellschaft anvertraut, die sich auf die Produktion von Stromzählern spezialisiert hatte. Wenige Jahre später wurde Walter Hecke – ein typischer Karriereweg für aufstrebende Siemens-Manager – ins Ausland geschickt: nach Mexiko.

Persönliche Gründe veranlassten ihn jedoch, das Mexiko-Engagement vorzeitig zu beenden: Seine Frau Michaela wurde dort nicht heimisch, Hecke brach daher recht bald seine Zelte ab. Dass er damit im Siemens-Konzern nicht sonderlich gut angeschrieben war, ist anzunehmen. Jedenfalls war seine Rückkehr nach Österreich auch gleichzeitig sein Start in die Selbstständigkeit.

Ein Freund beschreibt Hecke als „unternehmerischen Typ“ – womit vermutlich dessen Hang zum Risiko gemeint ist. Denn sonderlich erfolgreich war Hecke als Unternehmer nicht: Sein erstes „Baby“, die Norma Goerz Instruments GmbH, die sich auf die Herstellung von Strommessgeräten spezialisierte, musste 1995 Ausgleich anmelden. Und die Etna Entsorgungs-Technologie für nuklearen Abfall GmbH, an der Hecke immer noch Anteile hält, schlitterte im Oktober 2003 in den Konkurs.

Das Zwischenspiel als Unternehmer wird Hecke vermutlich also nicht wirklich genossen haben. Umso erleichterter muss er gewesen sein, als er im Jahr 2000 wieder Aussichten auf einen Managerposten hatte: Unter FP-Technologieminister Michael Schmid sollte die Forschungsgruppe Austrian Research Centers (ARC) rund um das Forschungszentrum Seibersdorf einen dritten Geschäftsführer bekommen. Im Gespräch war Walter Hecke. Geworden ist es ein anderer FPÖ-Adept: Ex-Verteidigungsminister Helmut Krünes.

Kritik. Dafür wurde Hecke kurze Zeit später von seinen freiheitlichen Freunden an die Asfinag-Spitze gehievt. Dort hat er durchaus erfolgreich die Einführung der Lkw-Maut beaufsichtigt, aber mancherorts wird auch prononcierte Kritik an seinem Wirken geäußert: Das Beratungsunternehmen Contrast durchleuchtete unlängst das Unternehmen und stellte fest, dass die 1997 gestartete Restrukturierung des Konzerns „nur teilweise umgesetzt“ wurde: Beim Controlling gebe es Doppelgleisigkeiten, „das Management hat keinen Überblick über den Gesamtkonzern“. Weshalb Hecke flugs in einer Pressekonferenz die völlige Neustrukturierung der Asfinag ankündigte.

In der Rolle des Managers, der anpackt, fühlt sich Hecke am wohlsten. Er ist beileibe nicht öffentlichkeitsscheu, „ein echtes Alphatierchen halt“, meint ein Bekannter. Er hat gerne das Sagen und pflegt als Vorstand einen eher autoritären, mitunter sogar groben Führungsstil. Teamfähigkeit ist nicht wirklich seine starke Seite: Seine (gleichberechtigten) Asfinag-Vorstandskollegen sind dem Vernehmen nach eher nicht so begeistert, dass sich Hecke fallweise – und ohne Widerspruch seinerseits – mit „Herr Generaldirektor“ ansprechen lässt. Das Klima in der Asfinag-Chefetage ist jedenfalls nicht gerade friktionsfrei. „Die streiten wie die Raben“, heißt es im Unternehmen.

Nach außen hin gibt sich Walter Hecke hingegen durchaus manierlich. Peter Newole, Geschäftsführer des Mautsystemerrichters Europpass, hat ihn „als sehr umgänglich erlebt“. Und sogar Hansjörg Tengg kann über den Asfinag-Chef nur Gutes berichten, obwohl er im Jahre 2002 ziemlich sauer auf Hecke war: Tengg hatte damals für das Siemens-Konsortium um den Auftrag zur Installierung des Lkw-Mautsystems gerittert und war leer ausgegangen. Dennoch habe er „mit Hecke persönlich nie ein Problem gehabt“, meint Tengg heute. „Jeder hat halt seine Rolle spielen müssen.“

Kontakte, die ihm nützlich erscheinen, pflegt Hecke mit Hingabe – in der Wirtschaft ebenso wie in der Politik. Er lässt kaum eine Abendveranstaltung aus, und das macht er nicht nur aus Pflichtgefühl. Gutem Wein und gediegenen Speisen nicht abgeneigt, bieten derartige Termine die Gelegenheit, den Kontakt mit dem vornehmlich aus beruflichen Weggefährten bestehenden Bekanntenkreis zu halten.

Walter Hecke wird als einer beschrieben, der durchaus weiß, wie man in Österreich Karriere macht. Und er handelt auch danach – dem Zufall wird wenig überlassen. Bei einer Podiumsdiskussion vor wenigen Monaten meinte Hecke über die Anforderungen an einen Manager: „Man muss wissen, was wichtig ist und was nicht.“ Seine beruflichen Prioritäten hat er bereits gesetzt.