Rainer Nikowitz

Rainer Nikowitz In extremis

In extremis

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Es gibt ja nun schon in guten Zeiten ganz schön viele Menschen, die es mit ihrem Wahlrecht bitter ernst meinen. Und jetzt haben wir auch noch eine böse Krise, die nach übereinstimmenden Expertenmeinungen nicht zuletzt dafür sorgen wird, dass extremistischen Parteien nur ja nicht die Unterstützung ausgeht. So werden etwa im ja leider moralisch stets leicht im Hintertreffen befindlichen Deutschland Zugewinne für die Linkspartei von Gregor Gysi und Oskar Lafontaine prophezeit. Denn die hat schließlich immer schon gewusst, was von diesem Kapitalismus zu halten ist.

In Österreich hingegen, das ja selbst in seinen unanständigen Zeiten stets anständig geblieben ist, muss man nur von einem weiteren Erstarken des rechten Rands und damit vor allem der FPÖ ausgehen. Denn die hat schließlich noch nie einen Schimmer davon gehabt, was von diesem Kapitalismus zu halten ist. Nachdem der anderswo noch so gefürchtete rechte Rand bei uns aber ohnehin eigentlich bereits der Mainstream ist, ist dies so weit an sich noch keine besonders beunruhigende Nachricht. Wir vom profil aber, die wir ja selbst eine äußerst inhomogene Splittergruppe sind, in der die Trotzkisten nicht mehr wissen, was die Bigamisten im Moment so im Schilde führen, gehen doch eher davon aus, dass sich nicht nur die FPÖ allein vom Scherbenhaufen des kreditfinanzierten Wohlstands bedienen wird.

So wissen wir zum Beispiel aus gut informierter Quelle – unsere Quellen sind zwar natürlich immer gut informiert, auf diese hier sind wir aber besonders stolz, war doch der Diener in der letzten Künstlergarderobe möglicherweise stumm, aber garantiert nicht taub –, dass Karlheinz Hackl, Gründer und Parteichef der „SKÖ – Solidarische Kultur Österreich“, nach seinem erfolgreichen Nichtantreten bei der Nationalratswahl und dem – nach seiner Ankündigung, auch in diesem Bundesland die politische Landschaft zu revolutionieren – nicht minder bedrückenden Fehlen am Stimmzettel der Kärntner Landtagswahl bereits an seinem Comeback arbeitet. Er plant, von den Wirren der Wirtschaft Zerrütteten in erster Linie durch fortgesetztes Zitieren von Schnitzler oder vor allem auch Balzac neuen Halt zu geben.

Nun sind sich Streetworker aber nicht sicher, wie sich Balzac auf einen von 16 seiner bisherigen 17 Lebensjahre schwer enttäuschten, arbeitslosen Jugendlichen auswirkt, dessen Lieblings-Handyklingelton eine Kettensäge ist, die auf ein Samurai-Schwert trifft. Hier scheinen gröbere soziale Verwerfungen kaum noch vermeidbar – es sei denn, Hackl lässt sich vom Bundespräsidenten noch von seiner doch reichlich gewissenlosen Ausnutzung einer doch wirklich ohnehin schon fragil genug erscheinenden Situation abbringen.

Hans Krankl wiederum schart bereits Getreue um sich, die wie er davon überzeugt sind, dass Österreich nach dem finalen Crash des Euro vor allem einmal eine ehrlich erspielte Qualifikation für die Euro braucht. Weiters plant er, das Land daran gesunden zu lassen, dass es nur mehr Musik zu hören bekommt, die Hans Krankl für Musik hält – und vor allem, dass es im Sommer keine Socken mehr zu seinen italienischen Schlüpfern tragen darf.
Vor allem Letzteres könnte bei sicherlich nicht ohne weit gehende Zugeständnisse von weißen Socken in Sandalen abzubringenden Pensionistenvertretern für Irritationen sorgen und zusätzlich zum ohnehin schon bröckelnden Gesamtgefüge auch noch einen neuen Generationenkonflikt befeuern.

Johannes Voggenhuber hat angeblich bereits die Satzungen für eine neue Partei beim Innenministerium hinterlegt, die sich die Abschaffung des Binnen-I auf die Fahnen geheftet hat – bei den Grünen jagt bereits eine Krisensitzung die nächste. Denn wer weiß, wozu dieser offensichtlich mittlerweile von jeglichen zivilisatorischen Mindeststandards abgekommene Mann noch fähig ist. Man müsse ihn jedenfalls unbedingt stoppen, bevor er beim Pinkeln aufstehe, verlautete aus den Reihen der Grünen. Ebenso, wie viele Firmen die Krise ja nur zum Vorwand nehmen, um endlich nach Herzenslust Leute feuern zu können, scheint es aber auch auf politischem Gebiet zumindest vereinzelt so zu sein, dass die Krise gar nicht so ungelegen kam. HC Strache hätte sicherlich auch sonst einen Grund gefunden, das Kriegsrecht in Favoriten für unabdingbar zu halten.

Und Gerhard Dörfler hätte das Kostgeld, das Asylwerber nunmehr auf der Saualm zahlen müssen, vermutlich auch eingehoben, wenn die Finanzierung dessen, was Kärnten „in diesen chaotischen Zeiten am dringendsten braucht“ – des 148 ­Meter hohen, einsprachigen Jörg-Haider-Denkmals an der slowenischen Grenze nämlich –, nicht aufgrund der Krise so schwierig geworden wäre. Letzte Meldung: DJ Ötzi plant laut einer Mitteilung der Austria Presse Agentur, „sich irgendwie zu engagieren“, dem Land, „dem er so viel zu verdanken hat“, endlich etwas zurückzugeben. Wenn wir Pech haben, dauert die Krise mindestens bis 2011. Wenn wir Glück haben, meint er Deutschland.

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