Rembrandt van Rijn wäre heute 407 Jahre alt geworden
Rembrandt, das heißt unweigerlich: Licht. "Hell und dunkel", "clair/obscur" oder "spotlight effects" lauten die Termini, mit denen die Kunsthistoriker seit Jahrhunderten die Lichtzaubereien des großen holländischen Barockmalers einzufangen versuchen. Dabei war Rembrandt keineswegs der Entdecker der Wirkung von Licht und Schatten in der Malerei. Das hatten vor ihm schon die Italiener, Leonardo da Vinci, Tizian, Tintoretto und - in illusionistischer Perfektion - der wilde Caravaggio besorgt.
Aber der oft als "später Caravaggist" titulierte Rembrandt Harmensz van Rijn, 1606 in Leiden als Sohn eines Müllers geboren, bei seinem Tod 1669 in Amsterdam bereits europaweit anerkannt, suchte sein Leben lang nach immer neuen Wegen, um seine Bilder im besten Licht erscheinen zu lassen. Rembrandt-Forscher wie Ernst van de Wetering kommen zum Schluss, dass er "beinahe mit Besessenheit die Lichterscheinungen um sich herum studiert haben muss", bis zu diffizilen Lichtquellen wie Kerzenschein oder der Lichtreflexion einer weißen Buchseite auf einem Knabengesicht im "Porträt des lesenden Titus".
Licht und Schatten
Dabei nutzte Rembrandt die "Unterordnung der Farbe unter die Lichtwirkung" (de Wetering) nicht nur dazu, ein Porträt plastisch erscheinen zu lassen oder eine Szenerie kompositorisch in Spannung zu versetzen ("Landschaft mit Steinbrücke"). In seinen religiösen Bildern sorgt die Verteilung von Licht und Schatten auf Figuren oder Figurengruppen für vordringlich erzählerische Wirkungen, wenn er etwa in einer "Verkündigung an die Hirten" den Botschaftsengel hell vor den dunklen Hintergrund stellt. Fast intensiver noch als auf den Gemälden wirken die Hell-dunkel-Kontraste auf den Radierungen, wo das Weiß des Papiers mit feinsten Nuancen einer differenzierten Schraffiertechnik changiert.
Krieg, Krise, Konkurs
Obwohl Rembrandt eine große Klientel von Auftraggebern hatte und vor allem die Radierungen schon zu seinen Lebzeiten weit über Holland hinaus gesammelt wurden, sind über sein Privatleben nur wenige Daten bekannt. Ab 1631 arbeitete er mit wachsendem Erfolg in Amsterdam, mit 28 heiratete er die vermögende Saskia van Uijlenburgh. Von den gemeinsamen vier Kindern überlebte nur der Sohn Titus - ob er tatsächlich der auf dem Porträt des lesenden Knaben Dargestellte ist, bleibt jedoch bis heute fraglich. Nach Saskias Tod 1649 lebte Rembrandt mit Titus' Kindermädchen Geertje Dircks, später mit Hendrickje Stoffels, der Mutter seiner Tochter Cornelia, zusammen.
Verschwendungssucht, schlechte Geschäftsführung und eine durch den Krieg mit England hervorgerufene Krise auf dem Kunstmarkt führten 1656 zum wirtschaftlichen Zusammenbruch und Konkurs des Künstlers. Das letzte Jahrzehnt seines Lebens lebte Rembrandt zurückgezogen, ganz auf seine Arbeit konzentriert.
Wie auch bei anderen alten Meistern, aber in wesentlich größerem Ausmaß, hat das fortschreitende 20. Jahrhundert eine kritische Sichtung dessen gebracht, was von Rembrandts eigener Hand und was von Gehilfen oder Schülern stammt. Wurde das malerische Ruvre des Meisters 1924 noch mit 700 Werken angegeben, so waren es 40 Jahre später nur mehr deren 420, mit seither weiter absteigender Tendenz.
Maßgeblich trug dazu das holländische "Rembrandt Research Project" unter der Leitung von Ernst van de Wetering bei, nach dessen Untersuchungen die Berliner Gemäldegalerie 1986 bekannt gab, dass ihr berühmtester Rembrandt, der "Mann mit dem Goldhelm", nicht echt sei - ein Schock für jeden Kunstliebhaber. Höhepunkt der Abschreibungsflut war dann die Ausstellung des New Yorker Metropolitan Museum 1995 unter dem Titel "Rembrandt/Not Rembrandt", in der von bis dahin 41 als eigenhändig geltenden Bildern nur mehr 18 übrig blieben.