Rent a Rentnerin

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I.Niederösterreich – ein Bundesland, in dem es an ganztägigen Kindergärten vielerorts mangelt – will in der Kinderbetreuung verstärkt auf Leihomas und Leihopas setzen, so verkündete es dieser Tage Familienlandesrätin Mikl-Leitner.
Dieses Vorhaben wirft ein paar Fragen auf. Ich stelle nur die vordringlichsten:

An welche Altersgruppe von SeniorInnen ist langfristig gedacht? Einerseits sollen wir ja alle immer später in Pension gehen, andererseits den Jungen so bald und so rüstig wie nur möglich zur Verfügung stehen. Was also stellt man sich vor? Fitte, taffe 70-, 75-Jährige im Einsatz? Und was ist mit den nicht so Fitten – wie werden sie lebhafte Drei-, Acht- oder Zehnjährige altersgerecht betreuen? Wer garantiert, dass der Leihopa nicht in Wirklichkeit ein Pädophiler ist? Ja, ich plädiere immer für mehr Männereinsatz bei der Kinderbetreuung – aber da ist ein Unterschied zwischen Vätern bzw. männlichem Personal in Einrichtungen, in denen die Betreuer nicht mit ein oder zwei Kindern allein zugange sind, und einem „Leihopa“, der in der Betreuungszeit tun und lassen kann, was er will. Last, but not least: Soll die Tätigkeit der Miet-Großeltern ein Fulltimejob sein, ein Beruf nach dem Beruf? Wohl eher nicht. Leihomas und Leihopas springen in der Regel nur aushilfsweise ein, als ständige Betreuung für die Zeit der elterlichen Berufstätigkeit sind sie nicht geeignet. Was bedeutet es daher, wenn nicht Kindergärten und Ganztagsschulen geschaffen, sondern Leihomas und Leihopas rekrutiert werden? Es bedeutet, dass Mütter nicht oder höchstens sehr eingeschränkt außer Haus arbeiten können – und offenbar auch sollen.

Zudem bedeutet es, dass sich das Land was erspart, denn an Alte zu appellieren, sie mögen doch für ein kleines Taschengeld Babysitter spielen, ist erheblich billiger als die Anstellung von qualifizierten PädagogInnen in öffentlichen Einrichtungen. Sage niemand, das sei kurzsichtig ausgeheckt: Angesichts der Tatsache, dass künftige Pensionen nur dann nennenswert ausfallen, wenn jemand ohne Unterbrechung berufstätig war (was aber Müttern ohne Kinderbetreuungseinrichtungen meist nicht möglich ist), wird die Zahl williger Leihomas, die sich dereinst ein Butterbrot dazuverdienen müssen, nicht gering ausfallen.

II.Die Aktion Leben wird 50. Ich erinnere mich noch gut an die vergleichsweise fundamentalistische Haltung dieser Organisation in den siebziger Jahren, als sie massiv gegen die Fristenlösung opponierte. Inzwischen ist sie eine Beratungseinrichtung geworden, die zwar Frauen in Not helfen will, sich gegen einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden zu können, aber bewusst keinerlei Druck auf die Schwangeren ausübt. Man habe erkennen müssen, sagte mir einmal eine Beraterin, dass es Situationen gebe, in denen es schwer falle, einer Frau guten Gewissens zu raten, sie möge doch ein Kind bekommen.

Die Lebenspraxis schaut halt oft anders aus als die Theorie. In der Theorie ist es leicht, auf dem hohen moralischen Ross zu sitzen und den Stab zu brechen über alle, die den gestellten Ansprüchen nicht genügen. Aber wer sich mitfühlend und verständnisvoll einlässt auf Mitmenschen, kommt bald drauf, dass es manchmal anständiger ist, ein Auge zuzudrücken, als sich zum unbarmherzigen Richter über Gut und Böse aufzuschwingen.

So gesehen könnte frau zufrieden sein, weil alte Gräben zugewachsen sind über der gemeinsamen Erkenntnis, dass Helfen besser ist als Strafen – wären da nicht neue fundamentalistische Gruppierungen, deren fanatischer Eifer und terroristische Selbstgerechtigkeit alles in den Schatten stellen, was früherer Aktionismus gegen die Fristenlösung hervorgebracht hat.

Und das Schlimme ist, dass sie ungebremst agieren dürfen. Keine Bannmeile um Ambulanzen, die Abbrüche durchführen, dafür immer wieder kirchlicher und/oder politischer Ehrenschutz für fragwürdige Veranstaltungen, zuletzt für eine Anti-Fristenlösungs-Tagung der Organisation Jugend für das Leben, für die sich sogar der steirische SPÖ-Vorsitzende als Schirmherr hergab, ehe er, unter medialem Druck (der Online-Zeitung „dieStandard“), seine Unterstützung zurückzog.

Deprimierend. Denn dass es die fanatischen Eiferer, die ihre Geltungssucht mit erbarmungslosen Feldzügen gegen Frauen in Not befriedigen, einmal menschlicher geben werden, ist erstens fraglich, und zweitens: Wer will das abwarten?

III.O ja, sagte der neue ÖBB-General Martin Huber, von Armin Wolf in der „ZiB 2“1) befragt, ob ihm beim Eisenbahnfahren Mängel aufgefallen seien. Für Geschäftsreisende müssten die Handyverbindungen besser werden, man könne zwischen Salzburg und Wien noch immer nicht durchgehend telefonieren!
Endlich. Das ist der Knackpunkt. Wenn ich einmal zwischen Salzburg und Wien mit fünf Leuten im Abteil sitzen kann, die alle durchgehend telefonieren, dann fahre ich nie wieder mit dem Auto.

Vielleicht aber doch, weil: Auf dem Wiener Neustädter Bahnhof gibt es keine VIP-Lounge; in der Station Liesing habe ich vergeblich nach einem Dutyfree gesucht; die Speisewagen führen keinen Roederer Cristal; und die Schaffner haben total ungeile Uniformen an.

Ach ja, und der kürzlich um viel Geld umgebaute Feldkircher Bahnhof (ein Bahnknotenpunkt) verfügt übrigens weder über einen Lift noch über Rolltreppen, nur über steile Treppen. Aber das fällt vermutlich unter Peanuts.