R. Buchacher über seinen Selbstversuch

Runderneuert

"Biologische Verjüngung von mindestens 3 Jahren"

Drucken

Schriftgröße

Wenige Tage vor dem geplanten Ende meines auf drei Monate anberaumten Anti-Aging-Tests bemerkte ich ein neues Detail, das die Veränderung meiner Körpermaße illustriert: Das feingliedrige schwarze Metallband meiner Armbanduhr schien plötzlich viel zu groß zu sein. Die Uhr, im Vorjahressommer erworben, rutscht auf dem Armgelenk locker hin und her. Ganze drei Finger passen mittlerweile zwischen das Armband und mein linkes Handgelenk. Jetzt werde ich das Band wohl enger stellen müssen.

Am Donnerstag der Vorwoche trat ich nach dem Aufstehen kurz vor sieben Uhr auf die Waage: 82,6 Kilogramm. Das wären um 13,4 Kilogramm weniger als bei Start der Kur am 24. Mai. Das ist unmöglich, dachte ich und stellte die Waage an einen anderen Platz. Doch die digitale Anzeige zeigte abermals den gleichen Wert. Meine Verwunderung war umso größer, als ich am Vortag wie an allen Tagen zuvor ausgiebig gegessen hatte. Ich war am vergangenen Mittwoch um sechs Uhr Früh aufgestanden und hatte zunächst, genau nach Vorgabe meines Anti-Aging-Coachs Johannes Huber, eine halbe Tablette Alpha-Liponsäure (300 Milligramm) mit reichlich Wasser geschluckt. Die Alpha-Liponsäure ist ein Antioxidans, das laut Huber dazu dient, die beim Sport und bei der Nahrungsaufnahme vor allem in den Mitochondrien, den Zellkraftwerken, entstehenden freien Radikale als Alterungsmotoren unschädlich zu machen.

Fettverbrennung. Nach Anlegen meiner Laufkleidung schluckte ich noch eine Ampulle des Fettverbrennungsmittels L-Carnitin (10 Milliliter) und ging dann auf einen leicht verkürzten Kurs meiner üblichen Laufstrecke im Bereich des Wiener Donauparks und der Donauinsel. Der Wiener Internist und Sportmediziner Paul Haber, der mich sowohl beim Start wie jetzt beim Abschluss der Kur einem Leistungstest unterzog, hatte mir geraten, mein enormes Laufpensum von zuletzt drei Halbmarathons pro Woche auf dreimal anderthalb Stunden zu reduzieren. Dieser Trainingsumfang würde ausreichen, um mein Leistungsniveau aufrechtzuerhalten beziehungsweise dieses behutsam weiter zu steigern.

Sättigung. Nach dem anderthalbstündigen Lauf über eine Strecke von etwa zehn Kilometern, dem Stretching und dem Duschen löffelte ich ein überreichliches Frühstücksmüsli, bestehend aus Fitness-Flocken, Getreide, Stein- und Beerenobst, Nüssen, Honig und Joghurt. Am späten Vormittag aß ich ein aus zwei Scheiben bestehendes Salamibrot, dazu zwei Tomaten, anschließend Trauben und einen Apfel. Um drei Uhr Nachmittag nahm ich ein verspätetes Mittagessen ein – eine normale Portion Tagliatelle, vermischt mit Blattspinat, und am Abend um 20 Uhr entgegen Hubers Dinner-Cancelling-Gebot noch eine schöne Portion Rucola-Salat mit Tomaten. Dazu trank ich im Tagesverlauf bestimmt zwei Liter fertigen Grüntee mit Zitrone, ein Getränk, das gewiss jede Menge Zucker oder Fruchtzucker enthält. Da kann keiner sagen, dass ich gehungert hätte. Und zu keinem Zeitpunkt an diesem Mittwoch hatte ich wirkliche Hungergefühle, ganz im Gegenteil: Kaum hatte ich etwas gegessen, fühlte ich mich eher übersättigt. Umso erstaunlicher ist es, dass ich nach einer konstanten Phase von 84 bis 85 Kilogramm (gegenüber dem Ausgangswert von 96 Kilo) wieder leicht an Gewicht verlor.

Die dafür seitens meiner Ärzte gegebene Erklärung lautet, dass sich mein Körper in einem umfassenden Umbauprozess befindet, der noch nicht abgeschlossen ist. Professor Haber meint sogar, dass die für die Kur veranschlagten drei Monate viel zu kurz sind, um das volle Ausmaß dieses Umbaus abschätzen zu können. Subjektiv habe ich das Gefühl, enormen Ballast abgeworfen zu haben und um vieles beweglicher zu sein als vor der Kur. Mir scheint, dass mein Körper aufgrund der gesetzten Maßnahmen – weit gehend befolgtes Dinner-Cancelling, Alkoholabstinenz sowie regelmäßiger Ausdauersport, unterstützt durch eine Reihe von Medikamenten – erst in die Lage versetzt wird, sich selbst auf ein ihm zuträgliches gesundes Maß einzurichten – so als strebe mein Organismus geradewegs auf den idealen Body-Mass-Index zu, ohne sich dabei durch Diätfehler nennenswert irritieren zu lassen.

Wohlgefühl. Besonders wichtig, „eigentlich das Wichtigste, noch wichtiger als die messbaren gesundheitlichen Verbesserungen“, ist laut Huber der Umstand, dass ich mich subjektiv wohl fühle. Von diesem Wohlgefühl war die Kur die meiste Zeit begleitet, wenngleich es, wahrscheinlich bedingt durch den körperlichen Umbauprozess, auch kurze Phasen gab, in denen meine Stimme brüchig klang und in denen ich mich etwas schwach auf den Beinen fühlte. Aber das waren keine wirklich unangenehmen oder nachhaltigen Erscheinungen. Ich habe den Eindruck, dass mein Körper und alle Organe wesentlich besser funktionieren als vor drei Monaten. Für mich persönlich lautet das Resümee: Ich bin froh und meinem Anti-Aging-Coach Huber dankbar dafür, dass ich diese Kur begonnen habe, denn für mich ist sie nicht abgeschlossen, ganz im Gegenteil: Ich betrachte das einmal Begonnene als eine nachhaltige Investition in meine körperliche und hoffentlich auch geistig-seelische Gesundheit, als Alters- und Krankheitsprävention, die ich nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, sondern im Gegenteil beibehalten will.

Verjüngung. Eines der zentralen Motive für dieses Vorhaben habe ich nun schwarz auf weiß: Alle meine gesundheitlichen Parameter haben sich durch die Kur deutlich verbessert, obwohl schon die Ausgangswerte nahezu ohne Ausnahme innerhalb des Referenzbereichs lagen. Und, was ja in Verbindung damit das Anliegen dieser in aller Öffentlichkeit ausgebreiteten Demonstrationskur war: Die nunmehr bei Vermessung des Körperfetts und der Muskelmasse, bei der Blutanalyse und beim Leistungstest auf dem Ergometer erhobenen Werte zeigen eine biologische Verjüngung an, wie wir sie in diesem Ausmaß für die kurze Zeitspanne von drei Monaten gar nicht erwartet hatten.
Wie lässt sich eine solche Verjüngung überhaupt messen?

Die Wissenschaft kennt ganz bestimmte Parameter, die den fortschreitenden Alterungsprozess anzeigen. Einer dieser Parameter ist das Verhältnis von Körperfett und Muskelmasse. Der alternde Mensch verliert, insbesondere wenn er körperlich inaktiv ist, zunehmend an Muskelmasse, die durch Fett ersetzt wird. Dieser Sarkopenie genannte Muskelschwund führt zu einer körperlichen Schwächung, die allmählich bis zur Hilflosigkeit und Pflegebedürftigkeit fortschreitet. Ein zweiter Parameter, an dem sich der Alterungsprozess ablesen lässt, ist der Zustand der Blutgefäße. Ihre Durchlässigkeit und Elastizität hat Einfluss auf den Blutdruck, auf das Funktionieren des Herz-Kreislauf-Systems und damit auf das Funktionieren sämtlicher Körperorgane. Die Gefäßspezialisten sagen sogar: Der Mensch altert zuallererst an seinen Blutgefäßen. Und ein dritter Parameter, die Ausdauerleistungsfähigkeit, markiert die Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Blutes und letztlich die Leistung jeder einzelnen Körperzelle.

Selbstreparatur. Zusammen ergeben diese Parameter ein verlässliches Bild vom biologischen Alter einer bestimmten Person, das – abhängig von genetischer Ausstattung und Lebensweise – vom tatsächlichen Alter mitunter erheblich abweichen kann. Wesentlich dabei ist aber die in den vergangenen Jahren von der Anti-Aging-Forschung gewonnene und in zahlreichen Experimenten an verschiedenen Modellorganismen sowie in Tierversuchen belegte Erkenntnis, dass der Alterungsprozess kein unumstößlicher Vorgang ist, sondern dass dieser bis zu einem gewissen Grad steuer- und von außen beeinflussbar ist. Der Mensch altert demnach nicht etwa so wie ein Auto durch stetige Abnützung, die sich durch den Einbau von Ersatzteilen hinauszögern lässt, bis das Vehikel endgültig den Geist aufgibt. Vielmehr verfügt der menschliche Organismus selbst über erhebliche Reparaturpotenziale, um schadhaft gewordene Zellen zu erneuern und sich so gegen den Alterungsprozess zur Wehr zu setzen. Im Idealfall gehen die körpereigenen Reparaturmaßnahmen so weit, dass bis zu einem gewissen Grad auch wieder eine Verjüngung von Körperorganen eintreten kann.

Wie die wissenschaftliche Forschung erst in den vergangenen Jahren herausgefunden hat, bedient sich der menschliche Organismus bei diesen Regenerationsmaßnahmen verschiedener Stammzelldepots, die in vielen Körperregionen oder Organen eingerichtet sind – so etwa im Knochenmark, in der Haut, ja sogar im Gehirn. Sobald eine Läsion auftritt, rufen bestimmte Signalstoffe solche Vorläuferzellen aus den Stammzelldepots herbei, um eine Gewebsregeneration einzuleiten. Mit zunehmendem Alter sinkt diese Regenerationsfähigkeit des Organismus. Aber – und das ist eine zentrale Erkenntnis der Anti-Aging-Forschung – das allmähliche Schwächeln des Reparaturpotenzials lässt sich durch bestimmte Maßnahmen hinauszögern, ja durch Neuaktivierung bis zu einem gewissen Grad sogar umkehren.

Langlebigkeitsgene. Zwei zentrale Dinge hat die Forschung in diesem Zusammenhang ergeben: Erstens werden durch regelmäßige Bewegung Stammzellen mobilisiert und damit Reparaturpotenziale aktiviert. Zweitens lässt sich durch Kalorienrestriktion zumindest im Tierversuch ein nachhaltiger Verjüngungs- und deutlich lebensverlängernder Effekt belegen. Mittlerweile gibt es mehrere Hinweise dafür, dass bestimmte Antioxidantien wie die Alpha-Liponsäure, Selen oder Vitamin C diese Prozesse unterstützen oder, wie das Vitamin-B-Präparat Niacin in Verbindung mit Resveratrol, sogar Langlebigkeitsgene aktivieren können.

Die wichtigsten, aus der wissenschaftlichen Literatur bekannten Erkenntnisse haben wir für unseren Versuch genützt. Ergebnis: eine Steigerung des gefäßschützenden guten HDL-Cholesterins im Blut um zehn Prozent; eine Abnahme des Körperfettanteils um 3,5 Prozentpunkte (von 28,6 auf 25,1) und – in den Augen meines Anti-Aging-Coachs Johannes Huber besonders bemerkenswert, weil schwer erzielbar – eine Abnahme des höchst ungesunden Bauchfetts um 3,3 Prozentpunkte. Durch das praktizierte Hanteltraining ist der Fettanteil in den Armen links um 6,5 und rechts um 6,1 Prozentpunkte zurückgegangen. Aber das wohl wichtigste Messergebnis ist jenes der festgestellten körperlichen Leistungssteigerung um etwa zehn Prozent (von 183 auf 198 Watt). Ein Jungbrunnen ist nichts dagegen.

Von Robert Buchacher