Wenn Beziehungen zur Hölle werden

Schlagende Verbindungen: Wenn die Liebe und Partnerschaft zum Dauerdrama wird

Liebe macht krank: Wie man sich befreien kann

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Von Angelika Hager und Sebastian Hofer

„Du liebst mich doch …“ „Nein. Ich hasse dich. Heute widert mich dein Anblick an. Komm ja nicht in meine Nähe. Wenn du mich berührst, werde ich schreien.“ „Fuck you, April! Fuck you! Dich und deinen gottverdammten Hass!“ Szenen einer Nähe von vormals ergreifendsten Liebespaar der jüngeren Kinogeschichte. In „Zeiten des Aufruhrs“, aktuell in den österreichischen Kinos, zelebrieren die „Titanic“-Darsteller Kate Winslet und Leonardo DiCaprio den Untergang ihrer Liebe in der Spießerhölle einer amerikanischen Kleinstadt in den fünfziger Jahren.

Liebe als inszeniertes Dauerdrama, aus dem beide Partner keinen Ausstieg finden, ist ein erschreckend weit verbreitetes Phänomen. In den Praxen der Paartherapeuten sammeln sich die Paare, die nicht mehr weiterwissen – meistens auf Initiative der Frau. Im Wochentakt überschwemmen Psycho-Ratgeber mit ­Titeln wie „Giftige Beziehungen“ oder „Wenn die Liebe zur Hölle wird“ die Selbsthilfe-Abteilungen der Buchläden. Die österreichischen Statistiken dokumentieren, dass Beziehungen noch nie so fragil, bestandslos und stressproduzierend wie heute waren. Mit 2007 erreichte die Scheidungszahl ihre historische Höchstquote: 49,5 Prozent in Österreich; 64 Prozent in Wien. Die Trennungsbetreiber sind zu 80 Prozent weiblich: Die zunehmende ökonomische Unabhängigkeit erleichtert – zumindest vordergründig – das emotionale Abkoppeln. Die Zahl der Alleinlebenden hat sich in den letzten fünfzig Jahren verdreifacht. Heute existieren über 1,2 Millionen Single-Haushalte in Österreich – und das sind nicht nur verwitwete Pensionisten. Die häufigste Ursache für das Alleineleben sind schlechte Erfahrungen in der vorigen Partnerschaft, wie 55,8 Prozent der Befragten im Zuge einer euro­paweiten Parship-Studie in Österreich angaben.

Eine von Abwertung, Streits in der Endlosschleife, Sarkasmus und Ignoranz für die Bedürfnisse des Partners geprägte Beziehung macht mit Sicherheit krank, manchmal sogar sterbenskrank. Die letzte sowie verheerendste Strafe für den quälenden Partner ist der Freitod. Rund 15.500 Suizidversuche werden in Österreich jährlich unternommen, wobei Männer weitaus stärker vertreten sind. Gernot Sonneck, Leiter des Wiener Instituts für medizinische Psychologie, geht davon aus, dass „unglückliche Beziehungen und Liebesschmerzen die zentrale Rolle spielen“.

Drama-Junkies. Die Grenzen zwischen Tätern und Opfern sind in destruktiven Partnerschaften immer fließend und nicht eindeutig auszumachen. Aus paartherapeutischer Sicht ist die tragische Kino-Ehe von Winslet und DiCaprio wie bei den meisten emotionalen Drama-Junkies in der Phase des Machtkampfs stecken geblieben – einer Periode, die jede Beziehung nach den Phasen der Verliebtheit und der darauffolgenden Entmystifizierung des Gegenübers durchläuft. „Normal-neurotische“ Paare, so die Psychotherapeutin Claudia Wille, schaffen nach dem Machtkampf und dem damit verbundenen Wechselspiel zwischen Dominanz und Unterwerfung den Weg über die „Rückbesinnung auf sich selbst“ zu einer „reifen Liebesbeziehung“. Das ist der Idealfall. Doch der Idealfall ist nicht die Regel. Eine Umfrage des deutschen Gewis-Instituts im Auftrag einer Frauenzeitschrift ergab, dass fast ein Drittel der befragten Frauen und Männer schon einmal Psychoterror in ihrer Beziehung erlebt haben. Knapp 20 Prozent davon gaben an, dass ihnen ihre aktuelle Beziehung Stress verursacht und Lebensenergie raubt. Die Psychologen Sonja Nufer und Hans Christian Schrader, Autoren des Buchs „Wenn Liebe zum Desaster wird“, gehen sogar davon aus, dass „Mobbing-Szenarien“ in 80 Prozent der Partnerschaften an der Tagesordnung sind. Dass der ursprünglich in der Arbeitswelt angesiedelte Begriff des Mobbings – was auf Deutsch mit „anpöbeln“ und „über jemand herfallen“ zu übersetzen ist – in der neueren Psychologie auf Beziehungswelten transponiert wird, liegt daran, dass „die Mechanismen sich da wie dort sehr ähnlich sind“, so der deutsche Paarspezialist Wolfgang Schmidbauer. „Die Beteiligten sind meist stark voneinander abhängig und deswegen auch sehr verletzbar.“ Auch die psychosomatischen Begleit­erscheinungen unterscheiden sich nicht. Dauerhaft seelischer Gewalt in Beziehungen ausgesetzt zu sein zieht ein erhöhtes Herzinfarktrisiko, Bandscheibenvorfälle, Migräne, Schlafstörungen und Depressionen nach sich. „Diese Art von Dauerstress“, erklärt Mobbing-Forscher Schrader, „produziert Hormone, die den Körper sukzessive vergiften. Das kippt dann in die Krankheit und kann bis zum Krebs führen.“

„Krankheitstheater“. Die Weichen für das spätere „Krankheitstheater“ (Thomas Bernhard) in Beziehungen wird in der frühen Biografie gelegt. Unbewusst werden in partnerschaftlichen Mobbing-Szenarien die Defizite der Kindheit nachgelebt. Häufigste Konstellation: Der Partner sucht sich ein Gegenüber, das dem gegengeschlechtlichen Elternteil, inklusive der damit verbundenen Kränkungen, am ehesten entspricht. Töchter, deren Vaterbeziehung durch emotionale Abwesenheit geprägt war, werden sich Männer mit einem verhaltenen bis nicht vorhandenen Zuwendungsvermögen aussuchen. Männer, die von dominierenden, sie erdrückenden Müttern großgezogen wurden, werden intuitiv Frauen suchen, die ihnen eine ähnliche Unterdrückungsdynamik zuteilwerden lassen. „Ich musste in meiner Kindheit ­immer um Beachtung kämpfen“, erzählt eine in psychotherapeutischer Behandlung befindliche 38-jährige Büroangestellte aus Wien, „deswegen konnte ich mit einem Mann, der mich liebevoll behandelt, überhaupt nicht umgehen. Und suchte mir zeitlebens solche Partner, die mir die wohl­vertrauten Schmerzen bereiteten.“ In der Therapie habe sie das Prinzip durchschauen gelernt: „Mit dem Erkenntnisstand hat sich der Grad meiner Freiheit schon einmal wesentlich vergrößert. Ob ich es auch in der Praxis umsetzen werde können, weiß ich noch nicht.“

Nirgends ist der Mensch seinem Kindsein ähnlicher als in der Liebe. Und nirgends ist er, so Sigmund Freud, so schutzlos ausgeliefert. Ohne therapeutischen Beistand in die Selbstreflexion zu gelangen ist in der Regel nahezu unmöglich. „Mit kindlicher Hoffnung“, so Sonja Nufer, „wird da oft über Jahre in Beziehungshöllen verharrt – weil man immer noch glaubt, irgendwann wird sich der andere noch ändern.“ Die fortgeschrittene Dauer innerhalb einer krankhaften Paarkonstellation erhöhe die „Verstrickungsgefahr“ und reduziere die „Chance zur Entflechtung“.

Häufigstes Anfangsindiz für einen schleichenden Vergiftungsprozess ist ein einsetzendes Ungleichgewicht der Zuwendung. Der amerikanische Psychiater Dean C. Delis („Ich liebe dich nicht, wenn du mich liebst“) nennt dieses Phänomen die „paradoxe Leidenschaft“. Wenn ein von starken Verlustängsten geprägter Mensch, der in seiner Kindheit durch mangelnde Zuwendung traumatisiert wurde, seinen Partner zu „überlieben“ beginnt, indem er ständig Kontrolle über ihn zu erlangen versucht, kommt das Objekt der Liebe automatisch in eine Machtposition. In dem Moment ist der „Überliebte dazu verführt, die Grenzen auszuloten“, so Delis. Die Krankheitsgeschichte einer paradoxen Leidenschaft brachte es zur Weltliteratur. Leo Tolstois „Anna Karenina“ beschreibt präzise das Spiel von Macht und Unterwerfung zwischen der verheirateten Anna und ihrem Liebhaber Oberst Wronskij. In dem Moment, wo die Ehefrau ihre Familie verlässt und für ihre Leidenschaft auch die gesellschaftliche Ächtung in Kauf nimmt, beginnt Wronskij sich ihr emotional zu entziehen. Paradox scheint auch, dass Tolstoi, der große Literaturpsychologe, seine eigene Ehefrau und die Mutter seiner dreizehn Kinder Sofja bis aufs Blut quälte und unterdrückte und sie im Alter von 82 Jahren nach über vierzig Jahren bei Nacht und Nebel verließ, um in der Einsamkeit zu leben. Auf dem Weg dorthin starb er allerdings an einer Lungenentzündung.

Im Extremfall ruft die wachsende Angst des Verlustes beim vermeintlichen „Opfer“ einer solchen paradoxen Konstellation krankhafte Eifersucht und Besitzansprüche hervor, die durch die unbewusste Provokation des sich entziehenden Partners am Pulsieren gehalten werden.

Qualvoll verheiratet. Das anfangs „schier überbordende, atemraubende Glück“ begann zu kippen, als er „wie besessen mein Handy und meinen Computer nach Botschaften von möglichen Nebenbuhlern zu durchforsten begann“, erzählt eine seit drei Jahren qualvoll verheiratete Lehrerin aus Niederösterreich. In der Folge verbot er ihr den Kontakt mit den alten Freunden und Freundinnen. Und holte sie jeden Tag von der Schule ab, damit sie ja keinen Schritt ohne seine Überwachung tat. „Dann hat mein Mann alle Fotos und Relikte meines früheren Lebens zerstört“, erzählt die 32-jährige Frau, die mehrfach versucht hatte, sich zu trennen, was ihr trotz „der endlosen Tränentäler“ noch nicht gelungen ist, „so als ob er mein ganzes Leben ausradieren wollte. Es ist die Hölle, aber irgendwie ist es doch Liebe.“ Was die an mehreren Therapien Gescheiterte nicht sieht: Macht und Kontrollzwang haben nichts mit Liebe zu tun. „Wo die Liebe herrscht, existiert der Wille nach Macht nicht“, schrieb der Begründer der Analytischen Psychologie, Carl Gustav Jung, „und wo die Macht vorrangig ist, da fehlt die Liebe. Das eine ist der Schatten des anderen.“

Die Auswirkung von manischem Kon­trollzwang sowie die Vorstufe für physische Gewalteskalation ist häufig das Phänomen Stalking – in Form von SMS-Terror, Abpassen vor der Wohnung und Rachefeldzügen, indem man den Partner bei Vorgesetzten und Freunden zu diffamieren sucht. Dieser pathologische Drang zur ständigen Kontaktaufnahme, der sich durch ein Wechselspiel zwischen hysterischen Zuwendungsbekenntnissen und blankem Hass charakterisiert, ist nicht durch Verständnis und die Bitte um Empathie in die Schranken zu weisen. Polizeipsychologen, für die das Bekämpfen von Stalkern inzwischen längst zum Arbeitsalltag gehört, raten von jeglicher Reaktion auf die Rachefeldzüge des verlassenen Partners ab. Wenn Frauen Opfer von Tötungsdelikten werden, sind die Täter in 70 Prozent aller Fälle Partner, Ex-Partner oder Bekannte. Haupttatort ist die Wohnung des Opfers. Während in den USA vorrangig die Schusswaffe bei häuslicher Gewalt zum Einsatz kommt, dominiert im deutschsprachigen Raum eine archaischere Gewalt­variante – das Würgen mit den bloßen Händen. In Österreich geht der Verein „Autonome Österreichische Frauenhäuser“ davon aus, dass jede fünfte Frau mit Gewalt im eigenen Haushalt konfrontiert ist. Und das Phänomen ist beileibe kein Unterschichtenphänomen, sondern zieht sich quer durch alle Altersgruppen und Schichten.

Physische Gewalt. Insgesamt suchten im Jahr 2007 1641 Frauen und 1549 Kinder Schutz in österreichischen Frauenhäusern. Mehr als die Hälfte davon waren Migrantinnen, die gewalttätigen Partner hingegen stammten zu 62 Prozent aus Österreich. Tragödien dieser Art haben meist eine lange Vorgeschichte, wie die französische Spezialistin für häusliche Gewalt, Marie-France Hirigoyen („Die Masken der Niedertracht“), im Interview erklärt. „Frauen tragen diese Situationen oft lange mit, weil sie es nicht schaffen, sich ihre Situation einzugestehen. Körperliche und seelische Gewalt haben immer den Wunsch nach Dominanz und Kontrolle als Hintergrund.“ Warum Frauen oft über Jahre in Prügel-Beziehungen bleiben und sich auch noch schützend vor ihre gewalttätigen Männer stellen, erläutert die Psychoanalytikerin so: „Sie erinnern sich nur an die ersten Schläge.

Physische Gewalt funktioniert wie Hirnwäsche. Die Opfer fühlen sich isoliert, kontrolliert, aber auch schuldig. Sie haben Angst und sind sowohl physisch wie auch häufig ökonomisch abhängig.“ Dass die Opfer durchaus auch eine Täter-Seite in sich tragen können, zeigen die Untersuchungen zur Partnerschaftskonstellation der Co-Abhängigkeit. Menschen, häufig Frauen, mit dieser Prädisposition, erliegen dem Rettersyndrom. Ihre Partnerwahl ist fokussiert auf ein Gegenüber, das an einer Suchtproblematik oder depressiven Störung laboriert. Zum Lebensinhalt avanciert die Aufgabe, den anderen vor dem Absturz zu bewahren. Aus der Schwäche des anderen schöpfen sie ihre vermeintliche Stärke; dabei leiden sie aber an einem ähnlichen inneren Konflikt wie ihr Partner. Würde dem Sucht- oder Depressionskranken aus eigener Kraft eine Heilung oder Verbesserung seines Zustands gelingen, wird der oder die Co-Abhängige um die Lebens- und Selbstaufgabe betrogen, was er oder sie unbewusst unter allen Umständen zu vermeiden trachtet. Die einzige Rettung für beide Beteiligten ist in solchen Fällen fast immer die Trennung auf Lebenszeit.

Jo-Jo-Beziehung. Mit der Öffentlichkeit als ständigen Zaungast haben die britische Sängerin Amy Winehouse und ihr On-and-off-Ehemann Blake Fielder-Civil – zur Freude des Boulevards – ihre „Co-Dependence-Love“ zelebriert, die der „Sun“ den launigen Kalauer „Amys Relationshit“ wert war. In den vergangenen Jahren hatten das Model Kate Moss und der heroinabhän­gige Frontmann der Babyshambles, Pete ­Doherty, das Terrain einer zerstörerischen Promi-Jo-Jo-Beziehung erfolgreich beackert.

Inzwischen hat der wie seine Frau an Kokain- und Alkoholsucht laborierende Ex-Videothekar Fielder-Civil die Scheidung eingereicht. Fortsetzung folgt. Amy Winehouse ist – abgesehen von ihrer Suchtproblematik – zusätzlich eine Repräsentantin des Borderline-Syndroms. Beziehungen mit Borderlinern sind nahezu ausschließlich aussichtslose Unterfangen. Das Syndrom ist bei Männern genauso verbreitet wie bei Frauen. Borderliner zeichnen sich durch rapide Stimmungsschwankungen und ein hohes Aggressionspotenzial aus. Geprägt wird dieses Phänomen durch frühkindliche Störungen wie die Absenz der Mutter. Borderliner überprüfen ständig die Liebesfähigkeit ihres Partners, indem sie ihn an seine Grenzen und darüber hinaus führen. Das Phänomen der Autoaggression in Form der Selbstverletzung, wie sie Prinzessin Diana auf der Höhe ihrer Ehekrise betrieb, ist jedoch bei Border­linern ausschließlich auf Frauen beschränkt.

Den Pas-de-feu an der Borderline ließ Edwald Albee seine Bühnenfiguren Martha und George im inzwischen zum Ehehöllen-Klassiker avancierten Drama „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ tanzen. „Ich werde dich in Stücke reißen“, brüllt da George seiner alkoholkranken Frau zu, die ihm antwortet: „Dafür fehlen dir die Eier, Schätzchen!“ Grandios besetzt zurzeit an der Burg nachzusehen. Krank machende Beziehungen müssen jedoch nicht zwangsweise von kranken Protagonisten betrieben werden. Sollte einer der Partner an einer Persönlichkeitsstörung oder psychischen Erkrankung leiden, wird eine Verbesserung nur durch eine Einzelbehandlung erzielt werden können.

Streitkultur. Eine Paartherapie kann jedoch bei Partnerschaften, die sich in einem lähmenden Stillstand befinden oder an massiven Kommunikationsstörungen leiden, durchaus hilfreich wirken. Es liegt oft nur am Erlernen einer konstruktiven Streitkultur. Oftmals drehen sich Paare in destruktiven Kreisen, weil „sie nicht gelernt haben, beim Streiten zu Lösungen zu kommen, sondern es ihnen ausschließlich darum geht, zu gewinnen“, so die Wiener Paartherapeutin Claudia Wille. Männer reagieren in solchen verfahrenen Situationen häufig mit einer inneren Emigration, indem sie sich der verzweifelten Bitte ihrer Partnerin um Nähe widersetzen und sich ihr entziehen. „Sein zunehmendes Nichtvorhandensein habe ich als die höchste und verletzendste Form der Aggression empfunden“, erklärt eine Wiener Psychotherapeutin und Ärztin, die um Anonymität ersuchte, die Krise ihrer inzwischen sechzehn Jahre dauernden Ehe, die vor fünf Jahren einsetzte. Ihr ganzer beruflicher Wissensstand nützte ihr im Zustand dieser Kränkung nichts: „Da ist man genauso hilflos wie jeder andere Mensch auch.“ Ihr Mann hatte damals eine erste „Nebenbeziehung“. Der Grund dafür aus seiner Sicht: „Wir sind uns zunehmend auf die Nerven gegangen.

Außerdem hatte ich nach so vielen Jahren das Gefühl, dass das noch nicht alles gewesen sein kann. Ein klassischer Fall von Midlife-Crisis, würde ich rückblickend betrachtet sagen.“ Eine dreitägige Session mit einem Paartherapeuten hat nach mehreren Therapieversuchen die Liebe wieder auf Schiene gebracht. „Heute geht es uns so gut wie nie zuvor“, erzählt die Frau. „Wir haben wieder gelernt, miteinander zu reden und uns nicht hinter der Banalität des Alltags zu verstecken.“ „Ohne Therapie hätten wir es wahrscheinlich nicht geschafft“, sagt er.

Die Voraussetzung für jede Form von Liebesfähigkeit, das war schon Sigmund Freuds felsenfeste Überzeugung, ist die Selbstliebe. „Jemand, der zu sich selbst keine Beziehung entwickeln kann“, so Wille, „wird auch nicht in der Lage sein, mit jemand anderem eine befriedigende Beziehung zu führen."