Schule: Musterschü- ler und Sitzenbleiber

Schule: Musterschüler und Sitzenbleiber

Gesamtschule: Wo das Modell getestet wird

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Am Anfang des Schuljahres lief es nicht so gut. Ein Vierer in Mathematik, ein Dreier in Deutsch. Doch dann ging Lukacs, 10, der Knopf auf. Sein Opa hatte mit ihm geübt. Seither schreibt er fast nur Einser und Zweier. Lukacs möchte ins Gymnasium. Sein „Nachhilfelehrer“ ist überzeugt, dass der Bub vif ist.

Als er von Rumänien nach Wien übersiedelte, war er ein kleiner Kindergartenzwerg, der kein Wort Deutsch verstand. Inzwischen entwickelte er sich zum sprachlichen Multitalent. Lukacs spricht nicht nur fließend Rumänisch, sondern auch ein gepflegtes Deutsch und merkt sich mühelos alle Englischvokabel.

Trotz dieser Fähigkeiten und der steil angestiegenen Leistungskurve wird ihm seine Volksschullehrerin nicht die AHS-Reife attestieren: Sein Zeugnis ist nicht gut genug. Opa Peter Blaskowitsch versteht die Welt nicht mehr: „Sieht sie denn nicht, wie belastbar und leistungsfähig der Bub ist?“

Lukacs ist ein Paradebeispiel für die Absurdität des herrschenden Systems. Obwohl wissenschaftlich belegt ist, dass verlässliche Prognosen über den Bildungserfolg bei Zehnjährigen kaum möglich sind, werden die Buben und Mädchen in diesem Alter auseinandersortiert: hier die mit Zukunft, dort die fast Chancenlosen.

Vielleicht schafft Lukacs nach der Hauptschule den Umstieg in ein Oberstufengymnasium, vielleicht auch nicht. Die Direktorin seiner Schule, Ulrike Molodzak-Körber, sagt, seine Lehrerin halte sich an das Gesetz. Glücklich sei sie nicht: „Die Volksschullehrer würden als Erste aufatmen, wenn es die AHS-Reifebescheinigung nicht mehr gäbe.“

Nach der PISA-Studie 2004 sah es kurz so aus, als könnte das Relikt eines am Ausleseprinzip orientierten Schulwesens entsorgt werden. Schließlich hatte der internationale Leistungscheck vor Augen geführt, dass Länder mit einem gemeinsamen Schulwesen für alle Kinder bis 14 gut abschneiden. Doch schon bald hatten die Polit-Ideologen die Debatte wieder erstickt.

Soziale Auslese. Inzwischen steht Österreich mit einem Schulwesen, das Kinder mit zehn Jahren auf Hauptschulen und Gymnasien verteilt, fast allein auf weiter Flur (siehe Kasten Seite 22). Die Folgen des Sonderwegs: In kaum einem anderen Land schlägt die soziale Herkunft so auf die Bildungskarriere durch. Einer Studie der Arbeiterkammer zufolge schicken Eltern, die bloß eine Pflichtschule abgeschlossen haben, ihr Kind mit einer siebenprozentigen Wahrscheinlichkeit auf eine höhere Schule. Haben die Eltern Matura oder studiert, steigt dieser Wert auf 33 beziehungsweise 44 Prozent.

Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) will nun die Mittelstufe neu erfinden. Geht es nach ihr, sollen künftig alle Zehn- bis Vierzehnjährigen gemeinsam unterrichtet werden. Erst danach sollen sich ihre Bildungswege trennen. Gesamtschule nannte man das früher. Pate für das Projekt stand allerdings nicht die verfemte Einheitsschule der siebziger Jahre, sondern die „finnische Schule“, in der sich die Lehrer um jedes Kind einzeln bemühen. Doch für einen grundlegenden Umbau des Schulwesens braucht die SPÖ die Zustimmung des Regierungspartners. Und der blockt alle Annäherungsversuche ab.

Inzwischen wechselte die pragmatische Neopolitikerin die Strategie. Schmied sparte sich die Energie, die ÖVP an Bord zu holen. Statt einer gemeinsamen Schule für alle Zehn- bis Vierzehnjährigen im ganzen Bundesgebiet soll es nun nur einzelne Testlabors geben. Damit der neue Schultyp von Skeptikern nicht gleich zu Tode administriert wird, sollen dort nur Lehrer unterrichten, die das wirklich wollen. Damit wird die bis dato einheitliche Schulzone Österreich ab dem Schuljahr 2008/2009 zu einem bildungspolitischen Fleckerlteppich.

• In den rot regierten Bundesländern Salzburg, Burgenland und Steiermark werden gemeinsame Mittelstufen errichtet. Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ), immer dabei, wenn es darum geht, der ÖVP eins auszuwischen, schloss sich den Plänen freudig an.

• In Niederösterreich und Vorarlberg werden „Mittelstufen light“ verwirklicht. Die Volksschule wird um ein, zwei Jahre verlängert.

• Tirol und Oberösterreich sind der schwarze Block. Hier bleibt alles beim Alten.

• Im roten Wien hat man nach mehr als drei Jahrzehnten Experimentierens genug. Die Rathaus-Schulreformer basteln an einer flächendeckenden Gesamtschule.

Überfall. Aus dem bundesweiten Flickwerk sticht die Steiermark hervor. Nur in diesem Bundesland sind sich ÖVP und SPÖ einig. Im Schulverbund Graz-West wird die gemeinsame Mittelschule seit 16 Jahren erprobt; sie soll nun ausgebaut werden. In den ländlichen Modellregionen hat man sich allerdings nicht mit Überzeugungsarbeit aufgehalten. „Ich weiß nur aus der Zeitung, dass meine Schule eine Versuchsschule werden soll“, tobt Gerd Lang, Direktor des Gymnasiums Köflach. „Das ist ja völlig konzeptlos!“ Lang kann sich nicht vorstellen, wie er mit den Hauptschulen in Köflach und Voitsberg kooperieren soll – und will sich das auch im Moment nicht überlegen: „Wir haben Matura, dann muss ich den Stundenplan machen, dann sind Ferien.“ Ein Fauxpas wie dieser macht es der ÖVP leicht, über Schmieds Plan so zu unken wie Generalsekretär Hannes Missethon: „Jeder Schulausflug ist besser vorbereitet.“

Köflach liegt in der obersteirischen Industrieregion, sechs Kilometer von Voitsberg entfernt. Diese Distanz ist einfach zu überwinden, einfacher jedenfalls als die Ängste am Gymnasium Köflach. Reden, reden, reden, damit will Ernst Meixner, SPÖ-Bürgermeister von Voitsberg, seinen Sommer verbringen. Meixner war Lehrer und glaubt zu wissen, woher die Vorbehalte kommen: „Der große Knackpunkt ist die Angst der Lehrer um ihr Gehalt und ihren Arbeitsplatz.“

Fast ideale Startbedingungen hingegen fand Ministerin Schmied in Klagenfurt. Auf dem Campus des Schulzentrums Weidmannsdorf stehen die Pädagogische Hochschule, die Modellhauptschule und das Oberstufengymnasium für Leistungssportler eng nebeneinander. Und alle drei können ein Scherflein beitragen. Gymnasialdirektor Walter Ebner zum Beispiel schöpft aus „zehn Jahren Erfahrung mit individueller Förderung“. Damit von seinen rund 380 Schülern nicht ständig welche durchfallen, weil sie während des Semesters auf Trainingslager und zu Wettkämpfen fahren, wurde schon vor Jahren die modulare Oberstufe eingeführt. Dieses Know-how soll nun in die geplante neue Mittelschule einfließen. Die Kollegenschaft begeisterte sich fast geschlossen für das Projekt „Gemeinschaftsschule der Zehn- bis Vierzehnjährigen mit innerer Differenzierung und modellorientierter Pädagogik“.

An der angrenzenden Hauptschule sind die Experten für Teamteaching zu Hause. Vor einigen Jahren wurden hier die Leitungsgruppen abgeschafft. Die Lehrer stellten auf individuelle Förderkonzepte um. Auch hier waren die Pädagogen sofort für das Mittelstufen-Experiment zu haben. Direktorin Elisabeth Herzele: „An manchen Schulen denken die Kollegen mit 45 an die Pension. Bei uns haben die meisten gleich gesagt: Super, endlich wieder etwas Neues.“ 2008/2009 startet die erste Testklasse. Sie soll ganztägig geführt werden. Genug freie Räume und Grünflächen gibt es, sogar ein Hallenbad. Den Unterricht werden sich die Hauptschul- und AHS-Lehrer teilen. Das Argument, dass die Kollegen dann auch gleich viel verdienen müssen, hält Herzele für vorgeschoben: „In Firmen arbeiten unterschiedlich bezahlte Menschen mit unterschiedlicher Ausbildung an einem gemeinsamen Ziel. Warum soll das bei uns nicht funktionieren?“

Skeptiker. Mitmachen sollen ohnedies nur Pädagogen, die von der Idee der neuen Mittelstufe überzeugt sind. „Man kann einem Skeptiker nicht verordnen, Begabungen zu erkennen und zu entwickeln“, sagt Marlies Krainz-Dürr, Rektorin der ebenfalls am Gelände angesiedelten Pädagogischen Hochschule. Sie ist für die laufende Evaluierung zuständig: „Die Lehrer werden unterrichten und ihr eigenes Handeln gleichzeitig erforschen.“ Die dabei gewonnenen Ergebnisse sollen später einmal all jenen Schulen zugutekommen, die ebenfalls auf eine gemeinsame Mittelstufe umsteigen wollen.

Die jetzt geplanten Testschulen – so Schmieds Dominotheorie – werden weitere nach sich ziehen. „Dieser Einstieg dient dem Umstieg“, sagt Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl. Strategisch gewitzt hat er im Burgenland zwei besondere Modellregionen ausgesucht: das zweisprachige Gebiet um Oberpullendorf, in dem Gegner der neuen Mittelschulen gleichzeitig gegen mehr Geld für Volksgruppen wären. Und das Südburgenland, in dem nicht viel schiefgehen kann, weil es dort nur gut funktionierende Hauptschulen und weit und breit kein Gymnasium gibt.

Im südlichsten Eck, in direkter Sichtweite von Ungarn, befindet sich Jennersdorf. Zwei junge Ungarn besuchen dort die Hauptschule. Es sind die einzigen Schüler von Hannes Thomas, die nicht perfekt Deutsch können. Der Direktor weiß, dass er im Schulparadies lebt: 99 Prozent aller Volksschüler der Kleinstadt Jennersdorf kommen mangels AHS zu ihm. Soziale Problemfälle kennt er von Wiener Direktorenkollegen: „Das ist keine Schule mehr, wenn drei Viertel dem Unterricht nicht folgen können. In den Ballungszentren, da braucht es die gemeinsame Schule.“ Thomas hat sie schon – er freut sich aber trotzdem, als Modellprojekt mehr Ressourcen zu bekommen.

Karl Brunner, Leiter des Oberstufengymnasiums Jennersdorf, hat schon einmal mit einer Hauptschule zusammengearbeitet. In den siebziger Jahren unterrichteten die AHS-Lehrer im Rahmen des Schulversuchs „Integrierte Gesamtschule“ Deutsch, Englisch und Mathematik in den ersten Leistungsgruppen. In den achtziger Jahren wurde der Schulversuch beendet. Brunner kann dem „Zurück in die Zukunft“ dennoch einiges abgewinnen: „Nachdem viele Schüler aus der Hauptschule bei mir landen, habe ich größtes Interesse daran, die Qualität dort zu heben.“

Pragmatische Erwägungen können schwerer wiegen als ideologische. Die ÖVP-Parteispitze hat ihr Nein zur Gesamtschule per Parteivorstandsbeschluss fixiert. Einige hundert Kilometer entfernt von Wien denkt man anders. Christian Stöckl ist ÖVP-Bürgermeister von Hallein. Er ist kein Fan der Gesamtschule, aber wer wie er im Stadtzentrum Hauptschulen hat, in denen die Hälfte der Kinder nicht gut Deutsch spricht, greift nach jedem Strohhalm: „Mir ist zwar schleierhaft, wie die Modellregion funktionieren soll. Aber ich bin für alles, das die Hauptschule aufwertet. Das sage ich als Bürgermeister und Pädagoge.“ Immerhin unterrichtet Stöckl ein paar Stunden Mathematik an der AHS. Der dortige Direktor fürchtet freilich eine „Nivellierung nach unten“. Stöckl will ihn überzeugen, dass Hallein als Modellprojekt auf mehr Geld und mehr Lehrer zählen kann: „Und das können wir dringend brauchen.“

Der Qualifikations-Mix aus Lehrer und Politiker kann parteipolitische Barrieren überwinden. Weiter drinnen im Gebirge, im Salzburger Pinzgau, fungiert Wolfgang Zingerle als Hauptschuldirektor und ÖVP-Ortschef. Er ist nicht gegen eine Gesamtschule, weil seine Schule schon seit 30 Jahren eine ist: „Und das funktioniert gut.“ Eine Zusammenarbeit mit dem Oberstufenrealgymnasium könne allen Seiten nur nützen.

Endlosschleife. Vielleicht springt der Funke auch auf andere über, wenn die Versuchsschulen erst einmal zu Vorzeigeschulen geworden sind, weil die Lehrer dort engagierter sind und ihnen mehr Mittel zur Verfügung stehen. Bloß: Bewiesen ist damit wenig. Kurt Scholz, der ehemalige Präsident des Wiener Stadtschulrates, zweifelt am Sinn, ein Experiment zu wiederholen, das seit 30 Jahren in Österreich und seit 100 Jahren international durchgeführt wird: „Entscheidend wird sein, ob man sich zu einem flächendeckenden Versuch durchringt.“ Nur so könne man à la longue aus der ideologischen Endlosschleife herausfinden.

Wien wäre dazu bereit und hat vor Wochen angekündigt, die neue Mittelschule in der ganzen Stadt einzuführen. Die Bundes-SPÖ pfiff die Rathaus-Roten aus Koalitionsräson zurück. Jetzt heißt es aus dem Büro des Wiener Stadtschulrates vage: „Wir arbeiten an neuen Konzepten.“ In der Anton-Krieger-Gasse im 23. Gemeindebezirk befindet sich seit mehr als drei Jahrzehnten eine gemeinsame Schule für alle Kinder bis 14 im Versuchsstadium. Der Schulverbund Wien-Liesing, zu dem die Anton-Krieger-Gasse gehört, wurde ausführlich wissenschaftlich durchleuchtet. Fazit: Mittelstufenklassen, in denen Begabte und weniger Begabte nebeneinandersitzen, lernen genauso viel wie im herkömmlichen Schulsystem; bei den sozialen Fähigkeiten sind die Schüler ihren Altersgenossen sogar überlegen. Von weiteren Schulversuchen verspricht sich Stadtschulrats-Präsidentin Susanne Brandsteidl keine neuen Erkenntnisse.

Die Wiener ÖVP-Politikerin Katharina Cortolezis-Schlager ist „nicht prinzipiell gegen eine neue Mittelstufe“. Bevor das Bestehende „zerschlagen“ werde, möchte sie allerdings sichergehen, „dass das Neue wirklich besser ist“. Aus ihrer Sicht fehlt es in Wien an weiterführenden Schulen für die 14-Jährigen: „Das ist hier die wahre Selektion.“ Fest steht: Reformen wären dringend nötig. Die Wiener Hauptschulen verkommen zu Restschulen. In gut situierten Wohngegenden wie Döbling oder Hietzing besuchen hingegen 95 Prozent der Kinder eine AHS.

Urbane Probleme. Jede größere Stadt hat ähnliche Probleme. Siegi Stemer, der in Vorarlberg zuständige ÖVP-Landesrat für Bildung, denkt daher ähnlich: „Ich will nicht erleben, dass zehn Schulen unter Laborbedingungen etwas erproben, das dann nicht auf alle ausweitbar ist, weil das Geld fehlt.“ Stemer hält Schmieds Einzelprojekte für wenig zielführend und arbeitet daran, in Vorarlberg „in die Fläche zu gehen“. In den Problemregionen Bregenz und Dornbirn/Feldkirch sollen sich Hauptschulen und AHS zu Partnerschulen verbinden, Lehrer hin- und herwechseln, Kinder gezielt gefördert und gefordert werden: „Unser Ansatz hat dasselbe Ziel. Nur sind wir viel konkreter als Schmied.“

Damit ist Vorarlberg ein Sonderfall unter den ÖVP-regierten Bundesländern.

Die Landeshauptleute der schwarz regierten Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich können sich immerhin eine Verlängerung der Volksschulzeit vorstellen, maximal auf sechs Jahre. Der Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa beschränkt sich vorerst darauf, zur „Entideologisierung der Debatte“ zu rufen. Indessen spielt der schwarze Block der ÖVP mit den Ängsten der Eltern vor einer Gesamtschule. „Die breite Mittelklasse fürchtet sich vor einer Gesamtschule, weil sie ihre eigenen Kinder aufs Gymnasium gebracht hat und nun nach unten isolieren will. Das erkennt die ÖVP“, analysiert Kurt Scholz.

Nach Jahrzehnten der ideologischen Debatten um „Zwangstagsschulen“ und „Einheitsbrei“ sind die Eltern allerdings nicht mehr so leicht aufzuregen. „Die Streitereien hängen ihnen zum Hals heraus“, berichtet Gerald Netzl, Obmann der Elternvereine. Aber jetzt kommen einmal Schulferien.

Bis zum Herbst wird auch die ÖVP ihre Strategie festgelegt haben: ob sie, um Schmied keinen Erfolg zu gönnen, die Modelle blockiert – oder ob sie mitzieht. Für die Blockade-Variante hat Finanzminister Wilhelm Molterer einen Hebel an der Hand: Je weniger Geld er genehmigt, desto sicherer verhungert das Projekt. Nur als Verhinderer dazustehen ist allerdings wenig populär. Den ersten Schulgipfel haben die ÖVP-Landeshauptleute schon platzen lassen. Sie waren „leider verhindert“, als Schmied sie einlud. Josef Pühringer, Landeshauptmann Oberösterreichs, plädiert dafür, „dass man ein paar Versuche macht und dem Regelschulsystem die gleichen Ressourcen zuführt. Dann schauen wir uns das in drei, vier Jahren an.“

Der Wirtschaftsflügel der ÖVP warnt vor einem „Horrorszenario“. „Es wäre nicht gut, wenn Niederösterreich sechs Jahre Volksschule hat, die Steiermark die Gesamtschule und Wien wieder etwas anderes“, sagt Michael Landertshammer, Leiter der bildungspolitischen Abteilung in der Wirtschaftskammer. Er fordert, die frühe Selektion zu überdenken – und steht damit der SPÖ näher als der ÖVP. Außerdem: „Es muss ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen geben. Nur dann macht eine Gesamtschule Sinn.“

Auch mit dieser Forderung rennt er bei der Ministerin offene Türen ein.

Engagierte Lehrer allein werden aus den geplanten Testschulen keinen bundesweiten Erfolg zaubern. Es braucht auch einen kräftigen gesellschaftlichen Rückenwind, sagt Uni-Rektorin Krainz-Dürr: „Wenn eine neue Schule mit so viel Misstrauen startet, ist das schwierig.“

Das weiß auch Ministerin Claudia Schmied. Sie will sich jetzt vier Jahre Zeit geben, die Eltern zu überzeugen: „Die breite Information der Gesellschaft ist die Grundlage für die Erneuerung des Schulwesens“.

Wenn 2010 der Nationalrat neu gewählt wird, werden die Schulversuche zwei Jahre gelaufen sein. Sollten die Österreicher ihnen dann eine Absage erteilen, wissen sie wenigstens, wogegen sie stimmen.

Von Eva Linsinger und Edith Meinhart