Sparpaket

Sparpaket: Bittere Pillen

Bittere Pillen

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Politiker sind es gewohnt, sich unbeliebt zu machen. Die Pharmaindustrie und die österreichische Apothekerschaft haben neuerdings Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat zu ihrer Lieblingsfeindin auserkoren. „Die hat ja von unserer Branche keine Ahnung“, wettert ein Industriemanager. Grund des Unmuts: Rauch-Kallat hat Ende November 2003 ein Medikamentenpaket (61. ASVG-Novelle) geschnürt, das im Jahr 2004 eine Einsparung von 120 Millionen Euro vorsieht. Dabei müssen die Markenhersteller die Preise neuer Medikamente um rund 20 Prozent reduzieren, die 1162 Apotheken ihre festgesetzte Gewinnspanne um 4,5 Prozent senken und die Großhändler ihre Spannen zurücknehmen. Seither rebelliert die Industrie.

In einem bitterbösen Brief an die Gesundheitsministerin zog der Obmann der Pharmaindustrie in der Wirkschaftskammer Österreich (WKÖ), Eberhard Pirich, seine zuvor geleistete Unterschrift zur Novelle wieder zurück (siehe Faksimile unten). „Die Industrie wird diese Vereinbarung nicht mittragen“, wettert auch Hubert Dreßler, Österreich-Chef des Pharmaherstellers Aventis und Funktionär in der Produzentenvereinigung Pharmig. Wesentlich verhaltener als die Industrie grollt hingegen die Apothekerschaft. „Wir sind gezwungen worden nachzugeben“, so Herbert Cabana, Präsident der Österreichischen Apothekerkammer. Die Verhandler aus dem Ministerium und Josef Probst, Geschäftsführer des mächtigen Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, dem alle Krankenkassen Österreichs angehören, haben den Apothekern nämlich die Rute ins Fenster gestellt: Entweder sie stimmen dem Sparpaket zu, oder der gefürchtete Versandhandel von Medikamenten und der Massenverkauf rezeptfreier Arzneimittel über Supermärkte und Tankstellen wird erlaubt. Die Apotheker haben schließlich klein beigegeben. Immerhin ist eine Spannenkürzung für sie ein geringeres Übel als ein plötzlicher freier Wettbewerb. Probst kalmiert vorerst: „Wir werden punkto Versandhandel nun nichts unternehmen.“

Auf längere Sicht sieht der Hauptverbandschef aber dann doch gravierende Änderungen auf den reglementierten Medikamentenhandel in Österreich zukommen: „Den Luxus, uns modernen Vertriebswegen zu verschließen, können wir uns aber nicht ewig leisten.“