profil: Die Unterstützung der Linken-Liste bei der EU-Wahl hat für Grabenkämpfe in der kleinen KPÖ gesorgt. Aus Protest trat sogar die Tiroler Parteileitung zurück. Löst sich das letzte österreichische Widerstandsnest gegen den Kapitalismus auf?
Walter Baier: Nein, aber die Unterstützung der Linken-Liste war eine Weichenstellung in Richtung einer pluralistischen Partei. Nun sind alle eingeladen, diesen Weg mitzugehen. Wer das nicht kann, muss die Konsequenzen ziehen.
profil: Wo verlaufen die ideologischen Gräben innerhalb der KPÖ?
Baier: Es gibt manche, die dem Stalinismus nachtrauern. Das ist völlig absurd! Aber die Mehrheit der KPÖ hat sich entschieden, die Linke-Liste zu unterstützen. Nur die stalinistische Spaßfraktion innerhalb der Partei verschickt E-Mails, die das Gegenteil behaupten.
profil: Ist der Traum von der Weltrevolution ausgeträumt?
Baier: Es gibt einen Realismus, den ich mir nie aneignen will. Der Kapitalismus braucht auch in Zukunft eine Systemalternative, und die muss weltweit sein. Die etablierte Politik lässt ja jede Vision vermissen auch die Grünen, die den Entwurf für die EU-Verfassung verteidigen.
profil: Also ein Rechtsruck der Grünen?
Baier: Vielleicht nicht ein Ruck, aber ein fortdauernder Wandel. Die Grünen haben in zehn Jahren jene Wendung vollzogen, für die die Sozialdemokratie 100 Jahre gebraucht hat.