Das schlechteste Jahr der Superfund-Geschichte

Superfund: Kurse im Freien Fall und Millionenverluste für Anleger

Kurse im Freien Fall, Millionenverluste für Anleger

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Rudolf Fußi verstand sich schon in jungen Jahren auf den geschickten Umgang mit Medien. Als Vorsitzender der Kleinpartei Die Demokraten initiierte er im Jahr 2002 ein Volksbegehren gegen die Anschaffung von Abfangjägern und sicherte sich für die folgenden Jahre einen Platz in der öffentlichen Wahrnehmung. Während Die Demokraten bald wieder in der politischen Versenkung verschwunden waren, konnte Fußi das Marketing in eigener Sache zumindest dazu nutzen, beim Internet-Videoproduzenten webfreetv.com den Chefsessel zu erklimmen. In letzter Zeit schien Fußi, mittlerweile 31 Jahre alt, das Glück verlassen zu haben. Seine Idee einer Linkspartei zur Rettung der SPÖ fand kaum Anklang, auch sein wenig erfolgreiches Engagement bei webfreetv.com ging kürzlich zu Ende. Seit Kurzem kann sich Fußi endlich wieder verstärkt der Medienarbeit widmen. Mit 1. Jänner hat Fußi die Leitung der PR-­Abteilung des Hedgefonds-Anbieters Superfund übernommen.

Und er hat einiges zu erklären.
Die Anlageprodukte der Superfund-Gruppe haben im Jahr 2009 die schlimmsten Verluste der Firmengeschichte eingefahren. Und dieser Trend setzt sich im Jahr 2010 nahtlos fort. Ein großer Teil der in Österreich vertriebenen Fonds hat in den vergangenen 14 Monaten die Hälfte seines Werts eingebüßt. Insgesamt hat das Unternehmen, dessen Investmententscheidungen zur Gänze von einem vollautomatischen Handelsprogramm getroffen werden, eine halbe Milliarde Dollar in den Sand gesetzt.

Über die Gründe für das Versagen rätselt man anscheinend auch intern.
Die aktuelle Ausgabe der hausinternen Publikation „Superfund Performance-Bericht“ lässt jedenfalls ein wenig Ratlosigkeit erahnen. „Gerade im Januar 2010 haben sich mehrere Sektoren gleichzeitig entgegen der Positionierung von Superfund-Fonds entwickelt. Denn selbst in einem ausgewogenen Portfolio nicht-korrelierender Märkte kann und wird es immer wieder vorkommen, dass mehrere Märkte korrelieren“, heißt es dort. Autor dieser Zeilen ist Christian Halper. Also einer, der es wissen müsste.

Gemeinsam mit Superfund-Mastermind Christian Baha hat Christian Halper zu Beginn der neunziger Jahre die Software entwickelt, die auch heute noch die Grundlage für die Superfund-Hedgefonds bildet. Das Computerprogramm soll durch die Analyse von Marktdaten zukünftige Trends – vor allem im Warentermingeschäft – erkennen und von diesen möglichst lange profitieren. Mittels Leerverkäufen können die Superfund-Fonds auch von fallenden Kursen profitieren. So konnte der Hedgefonds-Anbieter auch in verlustreichen Börsenjahren wie 2008 Gewinne schreiben.

Negativtrend.
Seit mittlerweile deutlich mehr als einem Jahr scheint es, als ob das System nicht mehr so recht funktionieren würde: Der Großteil der von Superfund aufgelegten Fonds ist gehörig unter Wasser. Das Ausmaß der Verluste ist allerdings nicht ganz klar. Die Informationen aus dem Unternehmen sind widersprüchlich. Auf der Homepage heißt es: „Mit mehr als 50.000 Kunden und einem verwalteten Fondsvermögen von 1,65 Milliarden USD ist die 1995 von Christian Baha gegründete Superfund Investmentgruppe einer der weltweit erfolgreichsten Anbieter von Managed Futures Fonds.“ Zahlen von zeitloser Schönheit. Bereits im Juli vergangenen Jahres gab Superfund-Gründer Baha in einem Interview mit der „Wiener Zeitung“ zu Protokoll: „Wir haben etwa 50.000 Kunden, und per Ende 2008 hat das verwaltete Vermögen rund 1,6 Milliarden Dollar betragen.“ Seit Ende 2008 kennen die Superfund-Fonds aber eben nur eine Richtung: talwärts.

Das Einholen selbst so banaler Informationen wie der Summe des aktuell verwalteten Fondsvermögens gestaltet sich bei Superfund einigermaßen kompliziert. Bei dem Finanzdienstleister scheint man auf Presseanfragen generell eher argwöhnisch zu reagieren. In der Telefonzentrale gibt man nicht einmal die Durchwahl des PR-Leiters bekannt („Das ist bei uns so Policy“). Mündlich wird aber ohnehin kaum eine Auskunft erteilt. Dazu kommt, dass jede schriftliche Anfrage von einem ganzen Team aus Presseleuten und hausinternen Juristen bearbeitet wird. Wer Antworten will, braucht Zeit. „Diese Woche noch? Das könnte eng werden“, heißt es in der Presseabteilung beim Erstversuch gleich einmal prophylaktisch. Das liegt auch daran, dass es kaum einen Bereich im Unternehmen gibt, den Superfund-Gründer Christian Baha nicht persönlich kontrolliert. Jede Sponsorvereinbarung, jede Presseanfrage wandert über seinen Schreibtisch. Blöd nur, dass Baha kaum Zeit in der österreichischen Unternehmenszentrale verbringt. Seinen Wohnsitz hat Baha mittlerweile vom steuerschonenden Monaco ins nicht weniger steuerschonende Zürich verlegt, wo er dem Vernehmen nach derzeit ein ganzes Schloss für seine Bedürfnisse adaptieren lässt. Nach Österreich verfügt Baha sich nur mehr selten. Seit einigen Monaten weilt Baha nun bereits in den USA. Genauer gesagt in New York, wo Superfund ebenfalls eine Niederlassung unterhält.

Immerhin: Nach drei ganzen Tagen antwortet Superfund. Die Zahlen sind ernüchternd. Von den per Ende 2008 verwalteten Anlegergeldern in der Höhe von 1,65 Milliarden US-Dollar waren demnach zu Jahresbeginn 2009 noch 1,24 Milliarden übrig. Das wäre ein Verlust von rund 400 Millionen US-Dollar oder 25 Prozent. Eine ganze Menge. Und dennoch: Betrachtet man die Entwicklung der verschiedenen Superfund-Fonds im Detail, dann scheinen die Angaben viel zu positiv. Die von Superfund aufgelegten Fonds sind in drei verschiedene „Risikogruppen“ (A, B, C) unterteilt. Im Wesentlichen lässt sich sagen, dass die Fonds der Kategorie A im Jahr 2009 zwischen 25 und 30 Prozent verloren haben. Selbst der Superfund Q-AG, so etwas wie das Flaggschiff der Gruppe, verlor 24,46 Prozent – also fast ein Viertel seines Werts. Die Fonds der Kategorie B liegen im Schnitt bei einem Minus von etwas mehr als 40 Prozent, und die aggressiven Superfund C haben durch die Bank etwa die Hälfte ihres Werts eingebüßt. Das gilt jedenfalls für den deutschsprachigen Raum, den mit Abstand wichtigsten Markt von Superfund. Wie kann also das Fondsvermögen um nur ein Viertel verlieren, wenn die Fonds zwischen 25 und 50 Prozent verlieren? Zwar gibt es in mehreren anderen Ländern einzelne Fonds, die positiv abweichen. Das Gros der Superfund-Anlageprodukte folgt dem Trend der drei wichtigsten Fondstypen – der Fluch eines vollautomatisierten Handelssystems.

Für die Diskrepanz zwischen der Performance und der Entwicklung des Fondsvolumens hat das Unternehmen Erklärungen parat: „Zwar haben wir in den ,A, B, C‘-­Strategien, die in Österreich am bekanntesten sind, deutliche Rückgänge in Kauf nehmen müssen, in anderen Fonds waren die Verluste wesentlich geringer“, teilt PR-Leiter Rudolf Fußi schriftlich mit. Und weiter: „2009 haben wir 220 Millionen Euro an neuen Kundengeldern akquirieren können.“ Und das, obwohl Superfund mit der Negativperformance wohl nicht wirklich Werbung in eigener Sache machen konnte. Dem Zufluss steht allerdings auch eine beträchtliche Summe von abgezogenen Mitteln gegenüber. Von den 50.000 Kunden, die Superfund noch Ende 2008 gehabt haben will, sind in der Zwischenzeit nämlich nicht weniger als 15.000 ausgestiegen. Und wenn die Unternehmensangaben über die langfristige Entwicklung der Fonds stimmen, dürften viele davon satte Gewinne mitgenommen haben. Der prall gefüllte (und längst geschlossene) Superfund Q-AG hat demnach seit Gründung 1996 trotz der massiven Verluste der jüngeren Vergangenheit insgesamt um rund 500 Prozent zugelegt. Kaum vorstellbar, dass beinahe ein Drittel der Superfund-Kunden seine Gewinne casht und insgesamt trotzdem nicht mehr als die 220 Millionen Euro an neuen Geldern aus dem Unternehmen abgezogen werden. Wie viel Geld die im Jahr 2009 abgesprungenen 15.000 Kunden mitgenommen haben, will das Unternehmen nicht bekannt geben. Auf vermehrtes Nachfragen hin werden auch die ursprünglich genannten Daten kurzerhand revidiert: Nicht 1,65 Milliarden, plötzlich sollen es Ende 2008 nur noch 1,5 Milliarden Dollar an Fondsvolumen gewesen sein.

Die Angaben von Superfund lassen sich nur schwer objektivieren. Auf dem öster­reichischen Markt agiert vor allem die ­Vertriebsgesellschaft der Superfund-Gruppe. Dort findet der Kontakt mit dem Kunden statt, wird das jeweilige Produkt verkauft. Die Fonds, an denen die Superfund-Kunden ähnlich wie bei einer Aktiengesellschaft Anteile erwerben, sind eigene Rechtspersönlichkeiten. Sind alle Anteile verkauft, wird der Fonds geschlossen, ein Einstieg ist dann nicht mehr möglich. Die Entscheidungen, welche Titel der Fonds kauft und verkauft, wie lange einer Marktentwicklung, also einem „Trend“ gefolgt wird, fällt ausnahmslos der Computer. Die Handelssoftware ist in der Superfund-Niederlassung in der beschaulichen Gemeinde Grenville auf der Antillen-Insel Grenada.

Gebührlich.
Die vollautomatischen Kaufempfehlungen sind allerdings nicht ganz umsonst. Jeder Fonds wird von einer Managementgesellschaft geführt, die vom Kunden dafür eine jährliche Prämie kassiert. Und diese liegt im Vergleich zu ähnlichen Produkten ganz schön hoch, wie aus einer Mitte März erscheinenden Studie der Arbeiterkammer, die profil in Auszügen vorliegt, hervorgeht. „Wir haben sieben Hedgefonds-Anbieter in der Studie getestet. Superfund, einer der sieben, weist mit einer Management-Fee von bis zu sechs Prozent per annum den höchsten Preis in dieser Kategorie auf. Insgesamt bewegten sich die Gebühren bei den verschiedenen Anbietern in einer Bandbreite von 1,8 Prozent bis sechs Prozent“, so ein Sprecher der Arbeiterkammer. Damit nicht genug: Auch eine Gewinnbeteiligung wird verrechnet. Jedes Mal, wenn ein neuer Kurs-Höchststand erreicht wird, wird eine so genannte Performance-Fee fällig. Dann kassiert Superfund einen Anteil, der bei den meisten Fonds zwischen 20 und 35 Prozent liegt.

Die Unternehmenszahlen von Superfund sind zwar von Wirtschaftsprüfungskanzleien testiert. „Der österreichischen Finanzmarktaufsicht untersteht lediglich das österreichische Wertpapierdienstleistungsunternehmen Superfund Asset Management“, so Klaus Grubelnik, Sprecher der Finanzmarktaufsicht (FMA). In die Fonds selbst kann die FMA keinen Einblick nehmen.

Die nach luxemburgischen Recht gegründeten SICAV-Fonds der Superfund-Gruppe unterstehen beispielsweise der Aufsicht der luxemburgischen Behörden, andere werden von den Autoritäten der Cayman Islands geprüft. In Luxemburg und auf den Caymans sind Fonds steuerlich extrem begünstigt, die Aufsicht dafür wohl nicht ganz so streng wie hierzulande. „Fonds nach dem österreichischen Investmentfondsgesetz ­zählen zu den am strengsten beaufsichtigten weltweit“, so FMA-Sprecher Grubelnik. ­Österreichische Banken, die eigene Investmentfonds auflegen, müssen eine ganze Reihe von Bedingungen erfüllen. „Investmentfonds, wie wir sie anbieten, unterliegen sehr strengen Anlegerschutzbestimmungen und Auflagen. Das beinhaltet Vorgaben für die Risikostreuung des Fondsvermögens, das Verbot von Leerverkäufen, Bewertungs- und Publizitätsvorgaben und schreibt die Veröffentlichung von Fondsbestimmungen vor. Ganz wesentlich ist auch die Trennung zwischen verwaltender Kapitalanlagegesellschaft und verwahrender Depotbank, welche einander gegenseitig die Einhaltung ­gesetzlicher Vorgaben überwachen“, so ­Mathias Bauer, Vorstandschef von Raiffeisen Capital Management.

Werthaltig.
Kursverluste werden sich allerdings auch durch strengere Bestimmungen nur begrenzt vermeiden lassen. Gründer Christian Baha ficht der Negativtrend bei Superfund allerdings ohnehin nicht an. Im Gegenteil. Von den 220 Millionen Euro, die im Vorjahr in Superfund-Produkte investiert wurden, kam ein Teil von Baha selbst. „Christian Baha selbst hat wiederholt nachinvestiert, weil er der festen Überzeugung ist, dass nach diesem Draw-down eine starke Erholungsphase kommen wird“, so Rudolf Fußi. Baha folgt bei seinem persönlichen Investment eisern dem Prinzip der Diversifikation: Neben Superfund-Fonds hat Baha zuletzt verstärkt physisches Gold und Immobilien gekauft. Neben seinen Residenzen in Monaco, New York und Zürich hat Baha riesige Anbauflächen in Südamerika erstanden. Er hat ein Faible für biologische Landwirtschaft entwickelt, das auch in zwei Filialen der 2005 gegründeten vegetarischen Fast-Food-Kette Supergood seinen Niederschlag findet. Im Notfall könnte sich Baha also selbst mit Nahrungsmitteln versorgen.

Das Superfund-Kundenmagazin „Future“ vom September 2009 enthält jedenfalls schon ein böses Omen. „Langfristig sind technische Handelssysteme überlegen“, ist dort zu lesen. Das Cover ziert das Conterfei von Arnold Schwarzenegger als „Terminator“. Das Sujet ist in zweierlei Hinsicht unglücklich gewählt: Der von Arnold Schwarzenegger regierte Bundesstaat Kalifornien steht vor dem Bankrott. Und bei den Terminator-Filmen besiegt am Schluss immer der Mensch die Maschine.