Eine profil-Umfrage zum Klimaschutz

Umwelt: Heiße Luft

Umwelt: Was machen die Spitzenpolitiker privat?

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Die Rettung des Planeten duldet keinen Aufschub. Das sagen nicht nur die Klimaforscher, sondern mittlerweile auch die Politiker. Der CO2-Ausstoß sollte sinken. Darauf hatte sich Österreich im Kioto-Protokoll vor zehn Jahren verpflichtet. Tatsächlich werden jedes Jahr noch mehr Treibhausgase in die Luft gepustet.

Nun zücken die Spitzen des Staates das schärfste Schwert im Feldzug gegen den Klimakollaps: Sie schreiten mit gutem Beispiel voran. Die Bürger sollen folgen. Ende Juli strampelten ÖVP-Politiker in der Gluthitze des Sommers vom Bodensee zum Neusiedlersee. Die Strapaze war dem Klimaschutz geweiht. Vorradler und Klubchef Wolfgang Schüssel mahnte: Jeder sei aufgerufen, im Privatbereich den CO2-Ausstoß zu senken.

Da fragten wir noch einmal nach. Und zwar ausnahmsweise nicht nach Weichenstellungen in der Landwirtschafts- und Wohnbaupolitik, nach Ökostromgesetz und Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien, nach neuen Ideen in der Raumordnung und beim Verkehr, um die Blechlawine auf unseren Straßen einzudämmen. Wir erkundigten uns vielmehr nach der privaten CO2-Bilanz unserer Spitzenpolitiker.

Alle Minister und Staatssekretäre erhielten einen Fragebogen: Auf wie viel Quadratmetern wohnen sie? Sind ihre Häuser Energieschleudern? Wie heizen sie, und wie erwärmen sie das Wasser? Wir versuchten sogar, über ihren Tellerrand zu blicken: Wer isst Fleisch, wer wirft Lebensmittel weg? Und kaufen auch alle brav nur jenes Gemüse und Obst, das gerade Saison hat?

Das Ressort verpflichtet. Umweltminister Josef Pröll (ÖVP) gab als Erster und auch noch äußerst bereitwillig Auskunft. Dafür erteilten die Klimaforscher, denen wir das Ergebnis der CO2-Umfrage vorlegten, zwar keine Ökopunkte, aber einen Sympathiebonus. Helmut Haberl und Karl-Heinz Erb sorgten mit einem Artikel kürzlich international für Aufsehen.

Die beiden sind Kapazitäten auf ihrem Gebiet, aber keineswegs genussfeindlich oder gar unmenschlich: Dass Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) kindlich-trotzig darauf beharrt, ab und zu mit dem Motorboot übers Wasser zu brettern („Ich stehe dazu“), quittierten sie nachsichtig: „So viel wird er schon nicht fahren.“ Christa Kranzl räumte ein, öfter auch einmal Nahrungsmittel zu entsorgen. Das fanden die Experten „bemerkenswert ehrlich“.

Vergleichsweise verschlossen zeigte sich die Ministerriege der SPÖ. Die Spitzengenossen hatten sich offenbar mit Bundeskanzler Alfred Gusenbauer beraten. Statt über ihre Emissionen zu berichten, lieferten sie ein allgemeines Bekenntnis zum Klimaschutz ab. Jedes Statement schloss mit einem Lob auf den im April geschaffenen, 500 Millionen Euro schweren Energie- und Klimaschutzfonds. Lediglich Sozialminister Erwin Buchinger und Staatssekretärin Christa Kranzl scherten aus.

Eines der Umfrageergebnisse vorweg: Heimische Lebensmittel sind der Renner. Dabei kennt die Fantasie der Klimaforscher wahrlich schlimmere CO2-Laster als Exotisches in der Obstschale – jedenfalls solange es nicht mit dem Flugzeug kommt: schlecht gedämmte, riesige Single-Lofts zum Beispiel, die mit Strom auf kuschelige 25 Grad Raumtemperatur gebracht werden. Fast ein wenig verschämt erklärte Staatssekretärin Christine Marek: „Bananen esse ich immer.“ Die echten CO2-Brocken wurden in vielen Fragebögen übergangen. Von ein paar Ausnahmen wie Pröll oder Buchinger abgesehen, blieben Angaben zu Wohnung und Heizung oft vage. Das fachkundige Duo Haberl und Erb zog auch daraus seine Rückschlüsse: „Es ist vielleicht noch nicht bis an die gesamte Regierungsspitze durchgedrungen, dass ein Großteil der CO2-Emissionen in diesem Bereich passiert und hier ganz schöne Exzesse möglich sind.“

Treibhaus-Check. Nur wenige verweigerten unseren Treibhaus-Check. Allen voran das Außenministerium, das die Fragebögen nicht einmal ignorierte. Weder das Büro von Ministerin Ursula Plassnik noch jenes von Europa-Staatssekretär Hans Winkler (beide ÖVP) war – trotz mehrmaliger Anrufe – zu einer Reaktion zu bewegen. Innenminister Günther Platter (ÖVP) ließ sich lange bitten; schickte schließlich doch einen ausgefüllten Fragebogen zurück – und schaffte es gerade noch in die Bewertungsrunde. Verkehrsminister Werner Faymann, als Infrastruktur-Verantwortlicher einer der wichtigsten Klimaschutz-Proponenten im Staate, kündigte eine Antwort mehrmals an. Sie traf dann auch ein, aber leider etwas zu spät.

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP) ließ sich entschuldigen. Sie sei beim Technologieforum in Alpbach unabkömmlich. Aus dem Radio war zu erfahren, dass die frisch geschiedene Politikerin nicht „unglücklich über neue Freiheiten“ sei – „beispielsweise stundenlang in der Badewanne zu liegen“.

Von Sandra Knopp und Edith Meinhart