Digitales Blaulicht

VDS. Erfolge durch die Vorratsdatenspeicherung sind möglich, falsche Verdächtigungen wahrscheinlich

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Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, nennt Fahndungserfolge der Polizei als Beispiele für die Sinnhaftigkeit der eben in Kraft getretenen Vorratsdatenspeicherung:

Erst vor wenigen Tagen ging ein Hinweis der französischen Polizei bei den österreichischen Ordnungshütern ein: Man sei drauf und dran, einen großen Kinderpornoring zu zerschlagen, der hauptsächlich mit Fotos und Videos agiere. Unter anderem befänden sich unter den Nutzern auch mehrere aus Österreich. Den Computeranschluss dieser Personen über deren Provider zu eruieren, sei in diesem Fall sehr wichtig, weil Gefahr in Verzug sei. Die Ermittlungen laufen.

Ein Chat-Teilnehmer meldete der Polizei im Vorjahr, dass ein ebenfalls in diesem Chat anwesender Schüler angekündigt habe, in seiner Hauptschule in der Steiermark einen Amoklauf zu veranstalten und danach Selbstmord zu begehen. Die Polizei sei ausgerückt, um die Schule zu bewachen, und habe sich die IT-Adresse dieses Schülers übermitteln lassen. So sei - möglicherweise - ein Blutbad verhindert worden. Der Schüler habe sich jedenfalls als Fall für die Psychiatrie erwiesen.

Im Jahr 2009 ging ein Anruf von einem Wertkartenhandy bei der Polizei in Tulln, Niederösterreich, ein. Der Anrufer meldete einen schweren Verkehrsunfall, worauf alle verfügbaren Beamten zum angegebenen Unfallort eilten. Dort angekommen, war weit und breit kein Verkehrsunfall zu entdecken. Der Anrufer hatte die Polizei "weggeschickt“, um in Ruhe einen Banküberfall durchführen zu können. Der Täter, ein Polizist des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, hatte das Wertkartenhandy freilich mit seiner Bankomatkarte bezahlt. Der Zugang zu den Daten habe seine Verhaftung ermöglicht.

Ein Gegenbeispiel zeigt, wie grenzwertig der Umgang der Polizei mit Internetdaten sein kann. Davon betroffen war der IT-Spezialist Michael R.: Im Chat der mittlerweile berühmt-berüchtigten Hacker-Truppe "AnonAustria“ hatte sich im Oktober vergangenen Jahres ein prominenter Anon-Aktivist unter dem Pseudonym "Reichsführer Dude“ wiederholt antisemitisch (Verdacht auf Wiederbetätigung nach dem NS-Verbotsgesetz) geäußert. Fahnder des Bundesamts für Verfassungsschutz Terrorismusbekämpfung (BVT) begannen ihre Internet-Recherche mit den Schlagworten "Dude“ und "detaillierte IT-Kenntnisse“. Sie fanden vermeintliche Gemeinsamkeiten mit Michael R. In einem Anlassbericht vom 23.12.2011 wird Michael R. als "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ ident mit "Dude“ bezeichnet und eine Hausdurchsuchung beantragt, die von der Sondereinsatztruppe Cobra durchgeführt wurde. Danach gaben die Fahnder zerknirscht auf. Es seien keinerlei Hinweise entdeckt worden, die den Verdacht erhärten könnten. Das Verfahren wurde eingestellt. Die Beamten hatten in ihren Berichten behauptet, R. sei wie "Dude“ in Krems geboren - falsch. Sie hatten ein Foto vorgelegt, das R. zeigen soll - falsch. Sie hatten behauptet, R. auf dem Weg zu seiner Firma beobachtet zu haben - falsch: Da war er auf dem Weg zu seinem Anwalt. Zu guter Letzt mussten die BVT-Leute auch noch beobachten, wie "Dude“ sich im Chat von AnonAustria meldete, während sie eine Einvernahme mit Michael R. durchführten. Michael R. zu profil: "Das zeigt, mit wie wenig Material die Exekutive Verdachtsmomente konstruieren und Rechtsmittel wie Hausdurchsuchungen erwirken kann. Wenn die durch die Vorratsdatenspeicherung noch mehr Daten zur Verfügung haben, wird es noch viel leichter.“