"Ich kann mit der Wehrpflicht gut leben“

Verteidigungsminister Klug: "Ich kann mit der Wehrpflicht gut leben“

Interview. Verteidigungsminister Gerald Klug über den Grundwehrdienst, das Erbe von Norbert Darabos und die Eurofighter

Drucken

Schriftgröße

profil: Herr Minister, liegt Ihr größter Vorteil darin, dass Sie nicht Norbert Darabos sind und laut "Salzburger Nachrichten“ fast alles richtig machen, was Ihr Amtsvorgänger falsch gemacht hat?
Klug: Es heißt, ein Politiker kann nie zu viel Lob erfahren. Aber Spaß beiseite: Ich glaube nach meinen ersten neun Wochen im Amt, dass Norbert Darabos schwer unter seinem Wert geschlagen wurde. Dabei hat er die österreichische Sicherheitspolitik maßgeblich vorangebracht. Er hat die Modernisierung des Heeres vorangetrieben und auch beim neuen Gesetz zur Sportförderung wertvolle Vorarbeit geleistet.

profil: Aber Sie haben beim Amtsantritt schon durch Ihre Körpersprache signalisiert, dass Sie voll zum österreichischen Bundesheer stehen. Darabos sah man an, dass er sich als ehemaliger Zivildiener in Gegenwart von Uniformträgern unwohl fühlte.
Klug: Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Charakteren gehen halt unterschiedlich an Themen heran.

profil: Warum sind eigentlich so viele Zivildiener unter den SPÖ-Regierungsmitgliedern? Nur Sie und Minister Hundstorfer haben Präsenzdienst geleistet.
Klug: Die SPÖ ist breit aufgestellt. Bei der Gewerkschaft war es Tradition, den Präsenzdienst zu leisten, bei den Kollegen der Sozialistischen Jugend und der Jungen Generation waren Zivildiener in der Mehrheit.

profil: Gibt es nicht eine generelle Skepsis in der SPÖ gegenüber einer Armee?
Klug: Ich denke nein. Sonst hätte man sich ja auch nicht entschieden, weiter ressortzuständig für das Bundesheer zu bleiben.

profil: Sie haben sofort den Kontakt zu Ihren hohen Offizieren aufgenommen, während Darabos von diesen "Phantomminister“ genannt wurde, weil er die Armeeführung nur ganz selten getroffen hat.
Klug: Mein Zugang zur Politik besteht darin, auch ein Mann der Kommunikation zu sein. Ich habe gleich am ersten Tag die militärische Führungsspitze zu mir eingeladen.

profil: Es gab auch eine Aussöhnung mit dem scheidenden Generalstabschef Edmund Entacher.
Klug: Interessant, dass dies als Aussöhnung aufgefasst wurde.

profil: Entacher wurde ja von Ihrem Vorgänger abgesetzt, wegen eines profil-Interviews.
Klug: Ich kenne General Entacher schon seit 20 Jahren aus der Zusammenarbeit der Gewerkschaft Metall mit dem Heer. Daher ging es mir darum, eine Persönlichkeit, die ihr ganzes Berufsleben mit hohem Einsatz dem Bundesheer gewidmet hat, in angemessener Weise zu verabschieden. Das war mir wichtig.

profil: Sie müssen bis Ende Juni die Reform des Wehrdienstes präsentieren. Was sind die Eckpfeiler?
Klug: Die Arbeitsgruppe der Regierung wird dazu Ende Juni den Endbericht vorstellen. Ein Eckpunkt betrifft die Systemerhalter, da wollen wir das Verhältnis umdrehen. Derzeit gibt es unter den Präsenzdienern 60 Prozent Systemerhalter, also etwa Köche, Kellner oder Fahrer, und nur 40 Prozent sind im militärischen Kerngeschäft eingesetzt. Ab Herbst soll es um zehn Prozent weniger Fahrer und Kellner geben, ab 2014 minus 50 Prozent bei den Kellnern. Also künftig werden 60 Prozent unserer jungen Rekruten im militärischen Bereich eingesetzt sein.

profil: Mehr geht wohl nicht?
Klug: Es macht auch für das Bundesheer Sinn, Qualifikationen unserer Burschen zu nützen. Ein zweiter Schwerpunkt wird eine Erhöhung des Sportangebots sein. Das war auch ein Ergebnis einer Befragung von 11.000 Grundwehrdienern. Bisher war das Bundesheer zu lauflastig, was mich als Hobbyläufer gar nicht so stören würde. Aber ich verstehe die Wünsche der jungen Präsenzdiener nach Abwechslung.

profil: An erster Stelle bei der Befragung stand das Taggeld, das schon seit Jahren nicht erhöht wurde. Warum haben Sie da so schnell nein gesagt? Sie kommen schließlich aus der Gewerkschaft.
Klug: Natürlich habe ich größtes Verständnis dafür, dass jemand für seine Arbeit auch entsprechend honoriert werden möchte. Derzeit beträgt der Standardsold rund 300 Euro im Monat. Wenn es 100 Euro mehr sein sollen, dann macht das 13,2 Millionen Euro im Budget. Die habe ich zur Stunde nicht. Außerdem muss ich den Zivildienst immer mitberücksichtigen.

profil: Das in der Verfassung stehende Milizsystem wird wohl nicht mehr zu retten sein.
Klug: Die Miliz ist eine besondere Herausforderung. Ich bin gerade vom Golan zurückgekehrt. Wir haben einen beträchtlichen Anteil von Milizsoldaten im Auslandseinsatz. Die Miliz soll und wird weiterhin ein wesentlicher Bestandteil des Bundesheeres bleiben.

profil: Sie sprechen jetzt so begeistert von Präsenzdienst und Miliz, als ob Sie nie ein Anhänger einer Berufsarmee gewesen wären.
Klug: Bei der Volksbefragung habe ich gemäß unserem politischen Programm für das Berufsheer gestimmt. Aber ich habe selbst Präsenzdienst geleistet und kann daher mit der Wehrpflicht gut leben.

profil: Zur Kostenfrage des reformierten Grundwehrdienstes: Sie haben gesagt, das sei mit dem bestehenden Budget zu machen. Hohe Offiziere wie der Chef der Landesverteidigungsakademie, Generalmajor Sinn, erklären, man werde mehr Geld benötigen. Wer hat denn nun Recht?
Klug: Da werden Dinge miteinander vermischt. Ich mache jetzt eine Reform des Grundwehrdienstes, nicht des gesamten Bundesheeres. Wir wollen unser Expertenwissen nützen für die möglichst kostenschonende Attraktivierung des Präsenzdienstes. Sollte sich Ende Juni herausstellen, dass für die eine oder andere Maßnahme ein zusätzlicher Finanzbedarf besteht, dann bin ich der gleichen Meinung wie der Bundes- und der Vizekanzler, die sagten, auf die eine oder andere Million solle es nicht ankommen.

profil: Werden Sie den geheimen Vertrag, den Ihr Amtsvorgänger mit der Eurofighter GmbH abgeschlossen hat, im Sinne der von der Regierung versprochenen allgemeinen Transparenz veröffentlichen?
Klug: Das ist vertragsrechtlich nicht möglich. Klar ist, dass die SPÖ nie eine besondere Freude mit den Eurofightern hatte. Jetzt sind sie da und essenzieller Bestandteil der Luftraumüberwachung. Zu eventuellen Unregelmäßigkeiten beim Beschaffungsvorgang haben wir im Haus eine Task Force eingerichtet, die mit der Staatsanwaltschaft Wien in engstem Kontakt kooperiert.

profil: Warum haben Sie dann erklärt, Sie hätten keine Anzeichen von Korruption entdeckt? Dafür gibt es doch ausreichend Hinweise.
Klug: Zur Stunde habe ich keine Anhaltspunkte dafür. Und als Jurist sage ich: Wenn sich etwas anderes herausstellen sollte, dann kommt das Vertragsrecht zur Anwendung.

profil: Darabos hat nach Meinung von Luftfahrtexperten - bildlich gesprochen - einen nagelneuen Mercedes mit allen Extras gegen einen gebrauchten VW-Golf eingetauscht. Einige Eurofighter-Jets werden bereits als Ersatzteillager verwendet.
Klug: Zu diesen Räubergeschichten sage ich nur: Ich bin mir sicher, dass Norbert Darabos in den Nachverhandlungen mit dem Eurofighter-Konzern das Beste für die Republik herausgeholt hat.

Foto: Philipp Horak für profil