Voggenhuber setzt alles aufs Spiel

Voggenhuber setzt alles aufs Spiel: EU- Parlamentarier wird vermutlich scheitern

EU-Parlamentarier wird vermutlich scheitern

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Johannes Voggenhuber liebt große Worte und Gesten. Eine neuerliche Kandidatur bei der Europawahl fasse er nur unter bestimmten Bedingungen ins Auge, ließ der langjährige und wahrscheinlich bekannteste österreichische EU-Parlamentarier der Grünen seine Parteifreunde vor Kurzem wissen. Sie müssten ein ordentliches Wahlkampfbudget für ihn bereitstellen, einen europäischen Gegenentwurf zum derzeitigen Status quo präsentieren und ihn in die nationale Parlamentsarbeit einbinden. „Die Sputnik-Existenz der Europa-Abgeordneten“ müsse beendet werden, sagt Voggenhuber.

Auch seine Geldforderungen seien keineswegs maßlos. Noch bei jeder vergangenen Europawahl hätten alle Parteien, „leider auch die Grünen“, für den Europawahlkampf weniger Geld ausgegeben, als sie danach an Wahlkampfkostenrückerstattung wieder hereinbekommen hätten, sagt Voggenhuber: „Und das ist Missbrauch.“ Parteiintern ließ er außerdem anklingen, er sei bereits von einigen Intellektuellen und Europafreunden bestürmt worden, auf einer überparteilichen Liste anzutreten, sollten die Grünen auf seine Expertise keinen Wert mehr legen.

Der Wink mit dem Zaunpfahl ging ins Leere. „Wenn er außerhalb der Grünen kandidieren will, tut uns das leid. Aber das ist allein seine Entscheidung“, meint Ex-Parteichef Alexander van der Bellen ungerührt. Voggenhuber sei zwar einer der prominentesten EU-Abgeordneten und habe große Verdienste erworben, doch es gehe nicht an, dass einer seine „Parteifreunde genauso behandelt wie seine Gegner“. Seit Voggenhuber nach dem enttäuschenden Ergebnis der Grünen bei der vergangenen Nationalratswahl der grünen Parteispitze das Gebaren eines „Hofstaats“ vorgeworfen hat, kann er nicht mehr mit der Loyalität derselben rechnen. Allgemein eilt Voggenhuber der Ruf voraus, er sei unduldsam mit Kritikern, zuweilen arrogant und habe sich zusehends zu einem „kleinen Gusenbauer“ entwickelt.

Voggenhubers Ära neigt sich allem Anschein nach dem Ende zu. Als neue Spitzenkandidatin der Grünen für die Europawahl wird die langjährige außenpolitische Sprecherin Ulrike Lunacek favorisiert. An zweiter Stelle soll die derzeitige EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger, neben Voggenhuber die stille Expertin im Hintergrund, antreten. An eine Änderung der pro-europäischen Linie der Grünen sei nicht gedacht, wird allerorts versichert. Nur der Stil der Debatte soll sich ändern. Man will mit Globalisierungskritikern, etwa den Aktivisten von Attac, in einen Dialog treten, auch wenn diese derzeit nicht viel vom europäischen Projekt halten. Man sei nach wie vor gegen nationale Volksabstimmungen, was parteiintern aber durchaus umstritten ist. Und man werde verstärkt eine grüne Klimapolitik propagieren. Er könne sich nicht erinnern, dass Voggenhuber „dafür auch nur einen Finger gerührt hat“, sagt van der Bellen.

Voggenhuber selbst sieht das naturgemäß anders: „Im Grunde geht es um mehr als um Europa. Es geht um die strategische Ausrichtung der Grünen insgesamt.“ Tatsächlich kreist die Auseinandersetzung zwischen Voggenhuber und seiner Partei schon seit Jahren um dieselben Fragen: Programmatik versus Inszenierung, scharfe Rhetorik versus Verbindlichkeit.
Voggenhuber gehört zwar der Gründergeneration der Grünen an, doch seine Leidenschaft waren nie traditionelle grüne Themen wie Umweltpolitik, sondern die Bürgerrechte, „politischer Widerstand gegen feudale Strukturen“, wie er es gern nennt. Sein Mandat im europäischen Verfassungskonvent war denn auch Voggenhubers beste Zeit. Sein Engagement brachte ihm in Brüssel große Anerkennung und in Österreich den Spitznamen „Mr. Konvent“ ein.

Der 58-Jährige ist seit 1995 Abgeordneter im Europaparlament. Für eine neuerliche Kandidatur müsste er am grünen Bundeskongress Ende Jänner zuerst eine Vertrauensabstimmung gewinnen, bei der schon ein Viertel der Delegiertenstimmen ausreicht, um ihn aus dem Rennen zu werfen. Nimmt er die erste Hürde, müsste er gegen den erklärten Willen der Parteispitze mehr Delegierte hinter sich scharen als die beiden Kandidatinnen Lunacek und Lichtenberger, was jedoch eher unwahrscheinlich ist. Voggenhuber ahnt das wohl. Möglicherweise räumt er schon vorher das Feld und tritt erst gar nicht an.

Einer Kandidatur auf einer unabhängigen grünen Liste erteilte Voggenhuber gegenüber profil eine Absage. Dazu sei er, als einer der Gründerväter der Grünen, doch zu sehr mit der Bewegung verbunden. Und es hätte den Hautgout eines „narzisstischen Projekts“.

Von Christa Zöchling

Fotos: Peter M. Mayr