Legal Highs

Weggezischt

Drogen. Synthetische Partydrogen boomen - mit fatalen Folgen

Drucken

Schriftgröße

Er hat sich in die Kleider des toten Bruders richtig hineingehungert. Seit dem Sommer trägt der 18-jährige Michael*) fast nichts anderes mehr. Seine Lehre hat er inzwischen abgebrochen, er schläft viel. „Es wirkt, als ob er durch das Tragen von dem G’wand die Verbindung zu ihm aufrechthalten kann“, erzählt die Mutter der beiden Buben, deren „Hirn“ den Tod ihres Kindes zwar zu akzeptieren gelernt hat, „nur das Herz will noch nicht so recht mitmachen“. Die noch kleinen Halbgeschwister des Verstorbenen halten sie jedoch „am Funktionieren“.

Es war ein heißer Tag im vergangenen August, als zwei Polizisten vor dem Haus in einer steirischen Industriestadt vorfuhren. Eigentlich war geplant gewesen, dass sie mit ihren zwei Ältesten an diesem Tag schwimmen geht. Schließlich hatte man schon lange nichts mehr gemeinsam unternommen. Doch keiner von beiden hatte sich an die Abmachung gehalten oder war telefonisch erreichbar gewesen, was sie nicht weiter erstaunt hatte. Sie war damals gerade bei einer Veranstaltung und hat sich eigentlich gefreut, als dort Tante, Schwester und ihr Mann völlig überraschend auftauchten. Dann kam die Hiobsbotschaft. Man hätte ihren 20-jährigen Sohn Florian in der Früh tot in einer Grazer Wohnung aufgefunden. Offizielle Todesursache: Gehirnschwellung und ein Lungenödem. In seinem Blut fand sich eine fatale Mischung aus Alkohol, zerstoßenen Aufputschmitteln und einem hohen Anteil von MMC, jener Partydroge, die seit 2008 durch die europäische Jugendszene geistert. Während MMC in Schweden und Dänemark bereits 2008 als „Gesundheitsgefahr“ eingestuft und verboten worden war, wurde die Verbreitung der Substanz, die Verätzungen der Haut, Nierenversagen, Herzrasen und Gedächtnisausfälle hervorrufen kann, in Österreich erst mit dem 21. August 2010 untersagt – was die Erhältlichkeit jedoch nur unwesentlich erschwert hat.

„Wenn du in einem Klub bist, kannst du all diese Partydrogen wie MMC, MDMA oder Spice völlig problemlos kriegen“, erzählt die 18-jährige Wiener Schülerin Katja, „und immer häufiger sind die Dealer auch Konsumenten in deinem Alter und aus deinem Bekanntenkreis.“
Das Internet ist inzwischen ohnehin längst zu einem Beschaffungs- und Informationsparadies für synthetische Rauschmittel mutiert. Auch illegale Substanzen können problemlos geordert werden; Dealer sind per Mausklick jederzeit kontaktierbar. Auf Online-Foren erteilen Junkies unter Codenamen wie „Turbo-beschleunigt“ oder „Forever stoned“ Anleitungen, wie aus legalen Arzneimitteln mit dem Hobbylabor im Jugendzimmer „voll geile Partydröhner“ gebastelt werden können.

Im Jargon wird die trotz Verbots schwer angesagte MMC-Substanz Mephedron, die innerhalb der Gruppe der Amphetamine zu den Cathinon-Derivaten gehört, auch M-Cat, Meow, Meph, Magic oder MMC Hammer genannt. Der ursprünglich in Israel zur Herstellung von Pflanzendüngern hergestellte Stoff wird meistens „gezischt“, wie Teenager das Aufziehen in die Nase nennen. Auch die Wirkungsweise ist durchaus mit Kokain vergleichbar. MMC vermittelt Gefühle von Euphorie, Wachheit, Stärke und Unverwundbarkeit; Müdigkeit und Hunger verschwinden; die Partyenergie hält so oft über Tage an. Vor drei Jahren war der damals 17-jährige Florian aus seiner Heimatstadt nach Graz gezogen, zuerst zu seinem von der Mutter schon lange geschiedenen Vater. Doch die begonnene Lehre brach er bald ab, er wollte seinen Lebenstraum wahrmachen und Musiker und DJ werden – mit Erfolg: Schon bald konnte er sich eine eigene Wohnung leisten. Besonders der Druck, am Wochenende mehrere DJ-Jobs zu bewältigen, die sich oft bis weit in den nächsten Tag hineinzogen, ließ ihn zu MMC, Aufputschmitteln und MDMA greifen, einer Substanz, die in den neunziger Jahren vor allem in Form von Ecstasy-Pillen in der Rave-Szene Furore machte. Schon Monate vor seinem Tod hatte sich Florian nicht mehr damit begnügt, seine Drogen in die Nase zu ziehen oder zu schlucken, er spritzte sie sich, weil so die Wirkung noch schneller und wuchtiger eintrat.
„Mein Sohn hatte schon als Kind beim Arzt eine besonders große Angst vor Injektionen“, erzählt seine Mutter. „Ich konnte nicht begreifen, dass er sich Nadeln setzte. Sein ganzer linker Arm war völlig blau.“ Den Verfall ihres Kindes konnte die mehrfache Mutter bei dessen immer selteneren Besuchen hautnah miterleben: „Innerhalb kürzester Zeit hatte er 15 Kilo abgenommen, seine Hautfarbe war grau, er hatte tiefe Ringe unter den Augen, weil er tagelang nicht schlafen konnte. Immer wieder hat er mir versichert, dass ich mir keine Sorgen machen muss und er damit jetzt aufhören wird.“ Nach einem Zusammenbruch, dem ein Telefonat mit dem Hilferuf „Ich kann nicht mehr!“ vorausgegangen war, wurde er im Jänner in der Grazer Landesnervenklinik aufgenommen, aber nach zwei Tagen wieder entlassen: „Die Ärzte haben gesagt, dass er nicht wirklich süchtig ist, uns aber empfohlen, ihn nicht ohne Aufsicht zu lassen. Aber wie soll man das bei einem Volljährigen anstellen?“

Just in dem Moment, als die Mutter wieder Hoffnung für ihren Ältesten zu schöpfen begann, kam es zur Tragödie. Florian hatte aufgrund einer Autofahrt trotz abgenommenen Führerscheins Sozialdienst in einem Tierheim zu verrichten, „was ihm irrsinnig getaugt hat, die Arbeit mit den Hunden hat ihn richtig glücklich gemacht“.

Doch die Sucht siegte über den neuen Optimismus. Florian sollte wenige Tage später zugedröhnt im Schlaf sterben. „In der Wohnung eines so genannten Freundes“, erzählt die Mutter. „Die beiden waren gemeinsam weggesackt, und als der andere aufwachte, war Florian bereits leblos. Statt sofort die Rettung zu alarmieren, hat der Freund erst einmal eine Freundin kontaktiert – aus Angst, dass er sonst mit der Polizei Schwierigkeiten haben könnte. Als diese dann den Notarzt holte, war alles zu spät.“
Der junge Mann, der für Florian zu spät Hilfe holte, ist inzwischen der beste Freund seines Bruders Michael. „Ich verurteile ihn nicht dafür. Wenn er den Flo schon nicht mehr haben kann, so glaubt er vielleicht, dadurch in seiner Nähe sein zu können“, erzählt die Mutter, die wöchentlich eine Therapie besucht, „um mir ein bisschen den Schmerz von der Seele reden zu können“. Ob ihr zweiter Sohn durch den Verlust des Bruders die chemischen Party­drogen sein lässt, kann sie nicht sagen: „Er spricht nicht darüber und ist völlig in sich zurückgezogen.“

Bei der Zahl der Drogentoten liegt ­Österreich, wie sich im November bei
der Präsentation des Jahresberichts der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (EBDD) herausstellte, im Mittelfeld. Auf eine Million Einwohner (siehe Statistik) kommen jährlich 22,4 Todesfälle durch Drogen, wobei fast ein Viertel der Opfer in der Altersgruppe der 15- bis 49-Jährigen liegt und davon der mit Abstand größte Teil der Gruppe der Opioid-Konsumenten zuzuordnen ist. Die Mischung von Heroin, Alkohol und Schlaf- oder Beruhigungsmitteln hat sich, so die EBDD, in dieser Statistik als der mit Abstand tödlichste Cocktail erwiesen. Estland markiert in der Bilanz der Drogentoten mit 99,2 Todesfällen pro Million Einwohner im Jahr die einsame Spitze; Irland rangiert mit 46,7 Toten auf dem zweiten Platz, Großbritannien auf Rang drei.

Von der Insel aus hatte vor etwa zwei Jahren auch die Modedroge Mephedron ihren europaweiten Siegeszug angetreten. Todbringend ist der Stoff in der Regel nicht per se, sondern in einer Mischung aus Alkohol und anderen Amphetamin-Derivaten. Begleiterscheinungen sind Schlafentzug und Dehydrierung durch nächtelangen Dauerpartyeinsatz. „Durch die Hyperaktivität und die geringe Flüssigkeitszufuhr fallen Jugendliche – auch tot – um, wobei das wirkliche Einzelfälle sind“, so Gabriele Fischer, die Leiterin der Suchtambulanz im Wiener AKH. „Das Problem bei Mephedron ist, dass die Kurve vom Konsum zur Abhängigkeit relativ kurz ist. Das Gefühl der Großartigkeit und Magie setzt so unmittelbar ein, dass sich bald alles nur mehr um den nächsten Konsum dreht.“

Der 22-jährige Welser Student Christopher steht bis heute noch unter Schock von seinem „Umfaller“ im vergangenen Sommer: „Ich war auf einem Musikfestival und hatte 48 Stunden lang nicht geschlafen oder gegessen. Eine Überdosis von Speed, Ecstasy, MMC und MDMA mit natürlich viel Alk hat mir dann den Rest gegeben. Mir wurde schwarz vor den Augen, ich hatte das Gefühl, dass mein Kopf explodiert und ich wegsacke. Dann bekam ich einen epileptischen Anfall, an den ich mich nicht erinnern kann. Ich wurde ins Spital eingeliefert und habe dort eine Nacht durchgeschlafen. Dann bin ich ohne weitere Konsequenzen gegangen.“

Gras raucht Christopher seit seinem elften Lebensjahr und bis heute regelmäßig. Von den „Research Chemicals“ hat er nach seinem Zusammenbruch die Finger gelassen – für ein halbes Jahr: „Ich kenne meine Grenzen und weiß, dass ich nicht süchtig bin. Der Drogenkonsum ist bei uns ein echtes Gemeinschaftserlebnis, es passiert immer in der Gruppe, allein wäre mir das viel zu fad.“

Fundierte wissenschaftliche Studien über den Konsum der Partydrogen, die den Internetmarkt monatlich in Form von neuen Substanzen und chemischen Zusammensetzungen überschwemmen und schrille Namen wie „Gogain“, „Hyperdrive“, „Energybooster“ oder „Charlie Sheen“ tragen, wurden in Österreich bislang noch nicht gemacht. „Dabei wäre das so wichtig für die Präventionsarbeit, die eigentlich schon in der Volksschule ansetzen müsste“, so die Suchtexpertin Gabriele Fischer. Die gesamtösterreichische Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist in einem katastrophalen Zustand, mangelnde Fachausbildung und überlange Wartezeiten für therapiebedürftige Kinder und Jugendliche stellen die Weichen für chronische psychische Schäden und Abhängigkeiten. „Das Problem ist, dass die behandelnden Ärzte, Psychologen und natürlich auch Pädagogen die rasanten Entwicklungen und Lebenswelten der Jugendlichen aus den Augen verloren haben und entsprechend ratlos sind“, sagt ein Psychiater.

In der Studie „Flash Eurobarometer“, einer auf Telefon­interviews basierenden gesamteuropäischen Jugenderhebung für den Zeitraum 2009, gaben vier Prozent der befragten Österreicher an, „legale Substanzen, die wie illegale Substanzen wirken“, bereits einmal probiert zu haben. Die Lebenszeitprävalenz von Cannabis in der Gruppe der 18- bis 24-jährigen betrug in dieser Studie sogar 18 Prozent.

Mit synthetischen Cannabinoiden, dem Haschischwirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) verwandten Stoffen, hatte nach dem Abflauen der Ecstasy-Welle auch vor vier Jahren der Trend der „Legal Highs“ seinen Anfang genommen. Als „Räuchermischungen“ oder „Badesalze“ in bunte Tütchen verpackt, wurden diese Imitate des Wirkstoffs von Haschisch und Marihuana per Internet oder in so genannten „Headshops“ völlig legal angeboten. Besondere Szenepopularität erlangte das Produkt „Spice“, hergestellt von der Londoner Firma Psyche Deli, welche die angeblich allein auf natürlichen Wirkstoffen basierende berauschende Wirkung ihres Produkts gern hervorhob.

Die Behörden hatten keine Handhabe, um dem europaweiten Hype Einhalt gebieten zu können – bis Toxikologen nachwiesen, dass „Spice“ und viele ähnliche „Kräutermischungen“ alles andere als „ein Biotrip“ („Die Zeit“) waren. Die Stimmungsmacher wurden alle nach dem gleichen Prinzip hergestellt: Trockenpflanzen wurden mit den Cannabinoiden JWH-018, CP-47 und 497-C8 besprüht, die eine bis zu 100-mal so starke Wirkung wie natürliche Hanfprodukte besaßen. Das österreichische Gesundheitsministerium reagierte prompt: „Spice“ und ähnliche Produkte wurden im Dezember 2008 verboten, die Händler zudem angewiesen, noch vorhandene Bestände aus dem Sortiment zu nehmen. Headshop-Betreiber, die sich diesem Erlass widersetzten, hatten mit Geldstrafen bis zu 50.000 Euro zu rechnen, wie ein Verkäufer in einem Laden für diverse Kifferutensilien im zweiten Wiener Bezirk profil erzählt.

„Die Wirkung war ziemlich heftig“, erzählt der 29-jährige Werbetexter Hannes L. über seine „Spice“-Erfahrungen. „Während man beim Rauchen eines leichten Ofens super­entspannt wird, wird dir bei ‚Spice‘ echt die Birne weggesprengt. Du sitzt auf der Couch und starrst bewegungslos in den Fernseher. Eigentlich kein angenehmer Zustand, man fühlt sich eher fertig.“
Parallel zum Räuchermischungs-Boom entwickelte sich der Trend zu „Pusher-“ und „Partydrogen“, die unter anderem aus Amphetaminen, MMC oder MDMA bestehen und aufputschende und euphorisierende Wirkung besitzen sowie elementare Bedürfnisse wie Hunger, Schlaf und Durst temporär ausschalten können.

Die Justiz hinkte der galoppierenden Entwicklung des Markts bislang hinterher. Häufig sind die Substanzen nämlich Abfallprodukte aus der Pharmaindustrie, die tonnenweise aus Asien und Südamerika importiert und in Chemielaboren in Tschechien, der Slowakei und den Niederlanden „User“-gerecht modifiziert werden. Kaum ist ein Produkt labortechnisch so weit erforscht, dass man es auf den Index der verbotenen Substanzen setzen kann, tauchen neue Mutationen auf, die sich von den früheren nur geringfügig unterscheiden, aber gesetzlich (noch) nicht erfasst sind.
Vergangene Woche wurde im Parlament das „Neue Psychoaktive Substanzen Gesetz“ (NPSG) verabschiedet, das dem „Hasardspiel“, so die maßgeblich an der Novelle beteiligte Juristin Johanna Schopper, ein Ende setzen soll. Präventiv werden ab Beginn 2012 ganze chemische Stoffgruppen auf den Verbotsindex gesetzt: „Wir schieben so dem Handel für mögliche neue Substanzen, die auftauchen könnten, gleich einen Riegel vor.“ Die für das Gesundheitsministerium tätige Schopper sieht „Information und ein Frühwarnsystem“ als wichtigsten Schutz für die jugendlichen Konsumenten. Das neue Gesetz habe nicht die Kriminalisierung der User zum Ziel, sondern vor allem die Händler und Vertreiber im Visier, die bei Verstößen gegen das NPSG mit mehrjährigen Freiheitsstrafen zu rechnen haben: „Es liegt uns nicht daran, die jugendlichen User zu kriminalisieren, sondern den Handlungsraum der Exekutive möglichst breit zu gestalten“, so Schopper.

Mit welchen Langzeitschäden „steady user“ zu rechnen haben, ist wissenschaftlich noch nicht erforscht. Doch auch bei akuten Vergiftungsfällen sind die Mediziner oft ratlos. „Es geht schon oft etwas schief“, erzählt der Wiener Toxikologe Stefan Pöchacker in einem APA-Interview, „aber es gibt keine klinisch einsetzbaren Nachweismethoden. Das ist ein irres Problem, da sind wir oft relativ hilflos.“
460 Pillen- und Pulveranalysen hat der Drogenberatungsverein „ChEck iT!“ im Vorjahr gemeinsam mit den AKH-Toxikologen in einem mobilen Labor bei Clubbing- und Partyveranstaltungen durchgeführt – mit dem Ergebnis, dass die meisten nicht wussten, was genau sie konsumierten, und damit indirekt zu Versuchsobjekten der Substanzendealer wurden. „Zwischen 2005 und 2010 wurden insgesamt im europäischen Frühwarnsystem 135 neue Substanzen gemeldet“, dokumentiert der wissenschaftliche Leiter der In­itiative, Rainer Schmid, die rasante Marktentwicklung, „aber davon wurden nur 20 mehr als viermal gemeldet.“

Im Vergleich zu Großbritannien und Skandinavien steht Österreich, was die Verbreitung synthetischer Drogen betrifft, noch verhältnismäßig harmlos da. Doch die Konsumenten werden – wie auch bei Alkohol und Nikotin – immer jünger; die Verschärfung der Existenzängste durch die Wirtschaftskrise erhöht das Bedürfnis nach Flucht in andere Welten zusätzlich. Bislang wurde die verheerende Designerdroge „Crystal Meth“, ein halbsynthetisches Stimulans auf Amphetaminbasis, in Österreich für ein marginales Problem gehalten. Doch erst im Oktober wurde im oberösterreichischen Perg ein „Crystal Meth“-Labor ausgehoben, wo ein 28-jähriger Slowake seit Ende 2008 die aufputschende Droge mit einem Reinheitsgehalt von 72 Prozent herstellte und in der Umgebung verkaufte. In der österreichischen Szene hat sich das Pulver, das im Zweiten Weltkrieg von den Nazis eingesetzt worden war, um die Bomberpiloten angst- und schmerzfrei zu halten, noch nicht ernsthaft durchgesetzt. Doch in Deutschland ist die Zahl der Erst-User von „Crystal“, wie der TV-Sender SAT.1 kürzlich meldete, im vergangenen Jahr um 76 Prozent gestiegen. Die Suchtwirkung der Substanz ist enorm; innerhalb kürzester Zeit altern „Crystal“-Konsumenten um Jahre. Schwere Nierenschäden sowie Haar- und Zahnausfall sind die häufigsten Begleiterscheinungen.

Und auch die Mutter aller synthetischen Drogen, LSD, erfährt ebenso wie ­Ecstasy gerade vor allem in der britischen Szene ein Revival; die Retro-Welle macht offenbar auch nicht vor den Drogen halt. Erst kürzlich verstarb der LSD-„Erfinder“ Albert Hofmann im Alter von 102 Jahren. Ursprünglich forschte der Schweizer Wissenschafter an einem blutstillenden Medikament für die Geburtsmedizin, doch das versehentliche Schlucken eines winzigen Spritzers von Lysergsäurediäthylamid verhalf ihm zum ersten LSD-Trip der Menschheitsgeschichte. Noch knapp vor seinem Tod pflegte Hofmann seine Entdeckung auch „als mein größtes Sorgenkind“ zu bezeichnen. Und seufzte dann hinterher: „In Wahrheit bräuchte man zwei Leben – eines mit und eines ohne LSD.“

Angelika   Hager

Angelika Hager

leitet das Gesellschafts-Ressort