Das jüngste Gericht

Nahrung für die Menschheit: Das jüngste Gericht

Titelgeschichte. Wie lange können wir die Welt noch ernähren?

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Kleine Geburtstagsfeier in einer Villa in Wien-Währing: Um den Tisch sitzen Damen und Herren aus verschiedenen Wirtschaftszweigen. Ein Bankmanager berichtet vom Gespräch mit einem Imker, von dem er seinen Biohonig bezieht. Seine Stimmerutscht ihm in den Hals, er scheint von den Berichten des Imkers über sterbende Bienenvölker tief betroffen. Soviel Sensibilität und Emotion hätte man sich von einem coolen Banker nicht erwartet. Warum sind die Bienen so ein emotionales Thema, von dem sich der Altgrüne Alexander Van der Bellen vorstellen kann, dass es Wahlen entscheiden könnte? Van der Bellens früherer Sprecher Lothar Lockl erklärt das mit „hoher Symbolkraft und starker emotionaler Aufladung“.

Die Frage, ob Neonicotinoide tatsächlich schuld am Tod so vieler Bienenvölker sind, ist dem Bankmanager nicht wichtig, auch wenn seriöse Studien in andere Richtungen deuten, etwa auf Viren, welche von der Varroamilbe in die Bienenstöcke getragen werden. Für ihn ist die Sache klar: Das giftige Saatgutbeizmittel vernichtet Tausende Bienenvölker, mit Folgen, die wir uns besser gar nicht ausmalen sollten: Ein Drittel bis 40 Prozent aller Nahrungspflanzen hängen direkt von der Bestäubung durch die fleißigen Tierchen ab. Nicht nur Obstbäume, sogar der Raps, aus dem neben Speiseöl auch Biosprit gewonnen wird, bedarf der Bestäubung durch Bienen.

Ihr Sterben steht für ein allgemeines Unbehagen, unsere Ernährung ist gefährdet, weil vieles aus dem Lot gerät. Wie werden wir die Menschheit füttern können, wenn die Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten von derzeit sieben auf geschätzte neun, wenn nicht zehn Milliarden Menschen anwachsen wird?

Schon jetzt klagen Landwirte rund um den Globus, ihr Geschäft werde von Tag zu Tag schwieriger, weil sich der Klimawandel immer stärker bemerkbar mache, sei es in Form lang anhaltender Dürren oder plötzlicher Sturzfluten. Weltweit leiden viele Regionen unter Wasserknappheit, die Fälle von bewaffneten Konflikten ums Wasser mehren sich.

Mit dem rapiden Anwachsen der Weltbevölkerung sinkt zudem die verfügbare Anbaufläche pro Kopf. Ernteausfälle durch eine ganze Serie von Dürreperioden in verschiedenen Weltteilen, wie 2010 in Russland und im Vorjahr in den USA, und die wachsende Nachfrage nach Nahrungsmitteln in aufstrebenden Schwellenländern wie China und Indien treiben die Preise hoch. Wenn sogar die Konsumenten imwohlhabenden Österreich über steigende Lebensmittelpreise klagen, werden die explodierenden Kosten für Menschen in ärmeren Ländern zur Existenzfrage.Deshalb kam es 2008 und teils noch in den Jahren danach in 36 Ländern der Erde zu Hungerrevolten, von Haiti über Mosambik und Somalia bis in die Ukraine.Jahrzehntelang war die Zahl der hungernden und unterernährten Menschen in der Welt sukzessive auf 800 Millionen zurückgegangen, in den Jahren 2007/08 stieg sie plötzlich wieder steil auf weit über eine Milliarde.

Um dieser Probleme Herr zu werden, sieht sich die Landwirtschaft mit enormen Anforderungen konfrontiert ...

Lesen Sie die Titelgeschichte von Robert Buchacher in der aktuellen Printausgabe oder in der profil-iPad-App.