Blut und Spiele: Wer war König Herodes?

Wer war König Herodes? Brutaler Herrscher im Spannungsfeld zwischen Palästina & Rom

Die Entdeckung der Grabstätte des Herodes

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Die Totenbahre war aus purem Gold gefertigt, verziert mit kostbaren Edelsteinen, bedeckt mit verschiedenfarbig bestickten Stoffen. Darauf lag der Leichnam, in purpurrotes Gewand gehüllt, auf dem Kopf ein Diadem und eine goldene Krone, das Szepter neben seiner rechten Hand.

Es war ein Leichenbegängnis von seltenem Prunk und Pomp. Ein Ereignis dieser Größe und Bedeutung wäre nach heutigen Maßstäben wohl weltweit live übertragen worden. Stattdessen berichtete über das Ereignis erst ein knapp vier Jahrzehnte danach geborener jüdischer Historiker namens Joseph Ben Jathitjahu. Dieser stammte aus einer jüdischen Priesterfamilie, hatte aber nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 n. Chr. eine römische Identität angenommen und sich fortan Flavius Josephus genannt. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Römern jüdisches Leben möglichst authentisch nahezubringen.

Josephus war zwar kein Augenzeuge des Begräbnisses von Herodes dem Großen gewesen, aber er hatte wie üblich alles penibel recherchiert und den Leichenzug bis in jedes Detail beschrieben – die Aufstellung des Zuges, die Länge der Wegstrecke, den Beisetzungsort. Nur eines hatte der für die Zuverlässigkeit seiner Berichte bekannte Historiker sehr vage beschrieben: das Grab selbst.

Aus seinen Schriften kannten die Archäologen daher zwar den Beisetzungsort – das Herodium, einen 15 Kilometer südlich von Jerusalem gelegenen Hügel mit einst monumentalen, jedoch früh zerstörten Befestigungsbauten –, aber sie wussten nicht, wo genau und wonach sie im Einzelnen in dem riesigen Festungsareal Ausschau halten sollten. Fast 35 Jahre lang suchte ein Forscherteam der Hebräischen Universität Jerusalem vergeblich. Am Dienstag der Vorwoche trat dann der Leiter des Teams, der mittlerweile emeritierte Archäologe Ehud Netzer, vor die Weltpresse und verkündete: „Das Grab ist gefunden!“

Die Nachricht ging um die Welt. Der Name Herodes ist in Verbindung mit dem Kindermord von Bethlehem jedem ein Begriff. Diese angebliche Begebenheit ist allerdings nur in einer einzigen Quelle dokumentiert, dem Evangelium des Matthäus. Unter Experten ist der Wahrheitsgehalt dieses Berichts umstritten.

Nichtjude. Wie war es überhaupt möglich, dass der Nichtjude Herodes – er hatte einen zum Judentum konvertierten Vater aus dem Volk der Idumäer und eine nichtjüdische Mutter aus dem Stamm der Nabatäer – in Palästina an die Macht kam?

Im Jahr 63 v. Chr. besetzten die Römer unter ihrem Feldherren Pompejus Kleinasien, Syrien und Palästina. Jerusalem fiel nach dreimonatiger Belagerung. 12.000 Juden wurden niedergemetzelt. Dabei nutzte Pompejus den Umstand aus, dass die Juden aufgrund ihrer Religion am Sabbat nur bedingt kampfeswillig waren. Demonstrativ demütigte er die überlebende Bevölkerung, indem er ihre religiösen Gefühle zutiefst verletzte. Er drang mit seinen Soldaten ins Allerheiligste des Tempels vor, einen Ort, den selbst der Hohepriester nur einmal im Jahr betreten durfte.

Kriegsbeute und Steuereinnahmen flossen in der Folge reichlich nach Rom. Palästina wurde in mehrere Distrikte eingeteilt, deren lokale einheimische Herrscher unter römischer Militärkontrolle standen. Über den Distrikt Judäa herrschte nun ein gewisser Antipater, Machthaber von Roms Gnaden. Sein um das Jahr 73 v. Chr. geborener Sohn Herodes, der spätere Herodes der Große, bekam die Herrschaft über das im Norden gelegene Galiläa übertragen, wo er zum Einstand zahlreiche Widerstandskämpfer töten ließ. Als es zu heftigen Konflikten mit dem Sanhedrin, dem Hohen Rat in Jerusalem, kam, verließ Herodes das Land.

Er kehrte mit einer Streitmacht zurück, um sich am Hohen Rat zu rächen.

Während der kriegerischen Ereignisse des Jahres 40 v. Chr., als das Volk der Parther von Osten gegen Syrien und Palästina stürmte, wurde der Bruder des Herodes getötet. Den Hohepriester verstümmelten parthische Kämpfer, indem sie ihm die Ohren abschnitten. Herodes floh machthungrig nach Rom, um dort den Senat davon zu überzeugen, dass er und kein anderer der geeignete König von Judäa sei. Tatsächlich gelang es ihm, den Römern einzureden, nur seine Durchsetzungsstärke (sprich: Brutalität) könne die Armee der Parther abwehren.

Herodes wurde von den Römern zum König von Judäa gekrönt, allerdings nicht in Jerusalem, sondern, flankiert von Octavian und Antonius, auf dem Kapitol in Rom, wo er, der neue König der Juden, auch gleich dem römischen Göttervater Jupiter ein Opfer darbrachte.

Nach seiner Ankunft in Palästina begann Herodes mit Unterstützung der Römer sogleich einen Kriegszug und eroberte den nördlichen Distrikt Galiläa, in dem auch Nazareth liegt, und das südlich davon gelegene Samaria. Sogar seinen eigentlichen Herrschersitz Jerusalem musste er in einer blutigen Schlacht erkämpfen, da Teile der lokalen Oberschicht ihn als Herrscher entschieden ablehnten. Erst nach einer fünfmonatigen Belagerung mit unzähligen Toten konnte er Jerusalem einnehmen. Im Sommer des Jahres 37 v. Chr. bestieg er den Thron.

Das war kein guter Beginn: seine eigene Hauptstadt belagern zu müssen, um an die Macht zu kommen. Als Jerusalem nach der langen Belagerung sturmreif war, gab Herodes dem Kommandanten der römischen Truppen eine hohe Geldsumme, um die Soldaten davon abzuhalten, die Stadt zu plündern, wie es nach einer Eroberung üblich war. Dies tat er wohl nicht aus Rücksicht auf die Bevölkerung, sondern mit dem Kalkül, dass eine Plünderung der Stadt während seiner Machtergreifung seine Machtbasis noch mehr geschmälert hätte.

Herodes hatte das Problem, weder aus dem Stammbaum der Nachfahren des Königs David zu stammen noch dem Hohepriestergeschlecht der Hasmonäer anzugehören, wie es von jüdischen Herrschern erwartet wurde. Wohl auch aus diesem Grund heiratete er eine gewisse Mariamne, die aus diesem Geschlecht stammte. Eine Nachfahrin Davids war allerdings auch sie nicht, aber ihre Familie hatte das Land ein Jahrhundert lang bis zum Einmarsch der Römer regiert.

Der Makel in der Genealogie war wohl die Ursache dafür, dass Herodes und sein Sohn Herodes Antipas so heftig auf jene auch in der Bibel erwähnten Prophezeiungen reagierten, dass in naher Zukunft ein in Bethlehem geborenes Kind aus dem Spross Davids zum neuen König Israels ausgerufen werde. Schon 700 Jahre zuvor hatte der Prophet Micha prophezeit, dass aus dem kleinen Bethlehem ein Herrscher hervorgehen werde.

Während die Unterschicht der Bevölkerung teilweise auf Herodes’ Seite stand, herrschte besonders in den höheren Schichten massives Unbehagen darüber, von einem Herrscher von Roms Gnaden regiert zu werden. Ein Erdbeben, das im Jahr 31 v. Chr. in Judäa etwa 30.000 Opfer forderte, sahen viele Menschen als Strafe Gottes dafür, dass sich Israel mit Rom arrangiert hatte. Als der Römer Octavian seinen bisherigen Verbündeten Antonius besiegte und sich selbst zum Kaiser Augustus ausrief, ließ sich Herodes bei einem Treffen auf der Insel Rhodos von diesem ganz offiziell die Krone Palästinas aufsetzen.

Sein Ziel, absoluter Herrscher zu werden, hatte er erreicht.

Monumentalbauten. Texte der damaligen Zeit, vor allem die Schriften des Flavius Josephus, berichten ausführlich über die Herrschaft von Herodes I., dem Großen. Zwar war Josephus selbst in die politischen und religiösen Geschehnisse seiner Zeit verstrickt – er war eine Zeit lang Militärkommandeur in Galiläa und später enger Freund des römischen Kaisers Titus –, doch seine historischen Schilderungen gelten als äußerst genau und objektiv.

Josephus zufolge nahm Herodes gleich nach seinem Amtsantritt eine Reihe von monumentalen Bauprojekten in Angriff, welche die Wirtschaft des Landes ankurbelten, was ihm zumindest die Unterstützung vieler Handwerker, Händler und Bauern sicherte. So ließ er zahlreiche Festungen in den Wüstengebieten seines Herrschaftsgebietes restaurieren, die teilweise noch aus der Hasmonäer-Zeit stammten, also aus der Epoche vor der römischen Besatzung. Diese Festungen, zu denen Masada, Alexandreion, Machairus und Hyrkania gehörten, wurden mit Waffen, Lebensmitteln und Wasservorräten ausgestattet, um ihm, seiner Familie und seinen Getreuen im Fall eines Aufstandes Zuflucht zu bieten.

Herodes war sich bewusst, dass er im Land von großen Teilen der Bevölkerung gehasst wurde. Gleichzeitig fürchtete er, von den Römern fallen gelassen zu werden, weshalb er immer wieder versuchte, sich ihnen anzubiedern. So ließ er für die Römer nicht nur Theater und Pferderennbahnen, sondern sogar Tempel erbauen, die ihren Göttern oder ihrem Kaiser geweiht waren – aus Sicht der orthodoxen vornehmen Oberschicht Palästinas ein teuflischer Akt. Als Herodes beispielsweise in Samaria die Bergfestung Sebaste errichtete, ließ er in ihr einen Tempel einrichten, in dem der vergöttlichte römische Kaiser Augustus verehrt wurde. Bei dem Namen Sebaste handelte es sich ebenfalls um eine Anbiederung an Augustus: Es war die griechische Version seines Namens.

Tatsächlich war Herodes in seinem Herzen eher römisch als jüdisch. Er finanzierte Bauprojekte im gesamten Osten des römischen Reiches und ließ seine Söhne Antipas und Archelaos in Rom aufwachsen und erziehen.

Im Jahr 22 v. Chr. begann Herodes mit dem Bau einer mächtigen, völlig neuen Hafenstadt. Die Liebedienerei gegenüber Kaiser Augustus ging so weit, dass er der neuen Stadt den Namen Caesarea gab, also „Stadt des römischen Kaisers“. Prunkvolle Hafenanlagen, ein Theater mit Blick aufs Mittelmeer, eine Pferderennbahn und ein königlicher Palast für ihn selbst sollten die Stadt zu einem architektonischen Juwel machen. Oberhalb des Hafens wurde ein großer Tempel errichtet, der nicht Jahwe, dem einen und einzigen Gott der Juden, geweiht wurde, sondern der Göttin Roma und dem Ruhm des göttlichen Kaisers Augustus.

Andererseits ließ Herodes auch viele heilige Stätten der Juden neu und prunkvoll aufbauen. So etwa den Tempel von Jerusalem, der doppelt so groß wurde wie das von König Salomo viele hundert Jahre zuvor errichtete Bauwerk (siehe Kasten auf Seite 115). Ursprünglich lehnte die Priesterschaft einen Neubau vehement ab, da sie fürchtete, dass Herodes den alten Tempel abreißen, aber keinen neuen bauen würde, um den andersgläubigen Römern einen Gefallen zu tun. Während der Tempel dann doch neu gebaut wurde, schöner und größer als der alte, ließ Herodes auch gleich eine großzügige Erweiterung seines eigenen Palastes mitbauen.

Flavius Josephus berichtet, dass allein auf dieser Baustelle rund zehntausend Arbeiter beschäftigt waren. Für die Gestaltung der Oberflächen wurden nur kostbarste Materialien wie Gold und Marmor verwendet. So war etwa die Fassade zur Gänze mit schweren, goldenen Platten bedeckt, wie Josephus berichtet: „Die Oberfläche des Tempels reflektierte den ganzen Tag, von den ersten Strahlen an, das Licht der Sonne. Die Leuchtkraft war gewaltig. Selbst wer sich Mühe gab, auf den Tempel zu blicken, musste schließlich die Augen abwenden. Der Blick auf den Tempel wirkte so, als ob man in die Sonne selbst schaute.“

Der aus einer Priesterfamilie stammende Historiker Josephus durfte den Tempel betreten, König Herodes dagegen nicht. Dem König war daher nur die Außenfassade wichtig, das Innere des Tempels war ihm gleichgültig, berichtet Josephus in seinen Schriften. Tatsächlich musste Herodes gemeinsam mit dem niederen Volk draußen bleiben, wenn der Hohepriester mit seinen Helfern einem Monarchen gleich den Tempel betrat, gekleidet in prunkvolle Gewänder, umgeben von zahllosen hohen und niederen Beamten.

Mit diesen Prachtbauten wollte Herodes einerseits innerhalb des römischen Reiches imponieren, andererseits wie ein zweiter König Salomo dastehen und dadurch seine Herrschaft legitimieren. Salomo, Sohn des Königs David, hatte im 10. Jahrhundert vor Christus den viel bestaunten ersten Tempel von Jerusalem erbaut. Nachdem Herodes nicht von David abstammte, war der Bau des neuen, viel größeren Tempels wohl auch eine Art Kompensation.

Von diesem großen Tempel ist nichts mehr erhalten. Archäologen nehmen allerdings an, dass die 18 Meter hohe, für Juden heilige Klagemauer in Jerusalem aus der Zeit des Herodes stammt. Es dürfte sich um die von Herodes errichtete westliche Stützmauer der Tempelbasis handeln. Nachdem Israel nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 auch den östlichen Teil Jerusalems besetzt hatte, gruben Archäologen auf dem Tempelplateau die Fundamente weiterer Mauerteile der unter Herodes errichteten Anlage aus. Der größte bisher freigelegte, zwölf mal drei Meter messende Kalksteinquader zeigt, welch monumentaler Bau auf diesem Fundament geruht haben muss.

Breite Empörung. Herodes war aber nicht nur umtriebiger Bauherr, sondern auch Sponsor der Olympischen Spiele in Griechenland, was ihm den Titel „Ehrenpräsident der Olympischen Spiele auf Lebenszeit“ einbrachte. Dies empörte die Oberschicht der Sadduzäer in Jerusalem umso mehr, als ihr Herrscher die in ihren Augen unsittliche Betätigung nackter Sportler finanzierte. Moses habe schließlich die Bedeckung des Leibes vorgeschrieben, während die Athleten im antiken Griechenland komplett hüllenlos zu den Wettkämpfen antraten. Als Herodes auch noch den Bau eines Tempels für den griechischen Gott Apollon auf der Insel Rhodos finanzierte, verlor er den letzten Rest von Unterstützung durch die Jerusalemer Eliten.

Auslöser für den nun folgenden Aufruhr war schließlich ein aus purem Gold gefertigter römischer Reichsadler, den Herodes über dem Haupteingang zum Tempel von Jerusalem anbringen ließ. Gedacht als nette Geste gegenüber der römischen Besatzungsmacht, empörte das Prunkstück nun aber sogar die einfacheren Handwerker, Bauern und Händler. Nach jüdischem Gesetz durfte kein Abbild eines lebenden Wesens am Tempel angebracht werden, obwohl dieser Reichsadler keineswegs der Anbetung diente, sondern nur als politische Geste gedacht war.

Als in der Stadt das Gerücht vom Tod des Herodes umging, versammelte sich vor dem Tempel eine Menschenmenge, die wilde Flüche gegen Herodes skandierte. Zwei strenggläubige Gesetzesschüler ließen sich an Seilen von der Tempelmauer herab und brachen den goldenen Reichsadler in Stücke, sodass diese zu Boden fielen. Herodes aber war durchaus lebendig und extrem wütend. Gegenüber einer Delegation der aufgebrachten Bevölkerung listete er auf, welche Wohltaten er dem Volk und der Stadt erwiesen habe und wie sehr es ihn schmerze, dass er von dem undankbaren Volk nicht entsprechend geliebt werde. Die beiden jungen Männer, die den Adler zerstört hatten, ließ er zur Abschreckung bei lebendigem Leib verbrennen.

Zum Machterhalt war Herodes jedes Mittel recht.

Schon bei seinem Regierungsantritt im Jahr 37 v. Chr. hatte er als eine der ersten Amtshandlungen 45 der 70 Mitglieder des Hohen Rates umbringen lassen. Aber auch innerhalb seiner Familie schreckte er vor Mord nicht zurück. Im Lauf der Jahre hatte Herodes zehn Frauen und mehrere Dutzend Kinder. Eine seiner Frauen, sie hieß Mariamne, bat ihren Mann Herodes, er möge ihren 16-jährigen Bruder Aristobulos zum Hohepriester ernennen. Herodes stimmte zunächst zu, war jedoch höchst eifersüchtig, als das Volk kurze Zeit später anlässlich des jüdischen Laubhüttenfestes dem jungen Aristobulos frenetisch zujubelte. Herodes selbst war ja vom Amt eines Priesters ausgeschlossen.

Noch am selben Abend ließ er voll Eifersucht Aristobulos, seinen Schwager, in einem Schwimmbecken ertränken. Sieben Jahre später ließ er auch seine Frau Mariamne ermorden, da sie seiner Meinung nach mit dem Mann seiner Schwester Ehebruch begangen hatte. Einige Jahre später heiratete er die Tochter eines anderen Priesters, die ebenfalls Mariamne hieß und von den verwirrten Historikern später als Mariamne 2 bezeichnet wurde.

Laut Historiker Josephus war Herodes „ein Mann, der gegen alle ohne Unterschied mit gleicher Grausamkeit wütete, im Zorn kein Maß kannte und sich über Recht und Gerechtigkeit erhaben dünkte“.

Neben unzähligen Akten des Jähzorns und des Hasses sind von Herodes aber auch großmütige Gesten überliefert. Als es beispielsweise nach einer großen Dürre zu einer Hungersnot und zu Seuchen kam, ließ er in Ägypten Getreide kaufen und senkte für einen gewissen Zeitraum die Steuerabgaben um ein Drittel.

Dennoch wurde er am Ende von allen Seiten gehasst. Beim römischen Kaiser Augustus fiel er in Ungnade, da er einen unnötigen Kriegszug gegen das Reich der Nabatäer im heutigen Jordanien angezettelt hatte. Und im jüdischen Volk wuchs der Wunsch nach einem anderen Herrscher. Die Priesterschaft der Pharisäer sprach immer häufiger von der bevorstehenden Geburt eines Messias, der bereits auf Erden eine gerechte Herrschaft über die Juden errichten werde – was freilich auch das Ende der Regentschaft des Herodes bedeutete. Deshalb ging Herodes, der immer mehr Angst um seine Machtstellung hatte, brutal gegen die Pharisäer vor.

Immer wieder entzündeten sich auch Konflikte zwischen Herodes und seinen beiden ältesten Söhnen Alexandros und Aristobulos. Es ging das Gerücht um, die Söhne wollten das Land von ihrem tyrannischen Vater befreien. Als im Jahr 7 v. Chr. eine regelrechte Palastrevolution drohte, ließ Herodes die beiden Söhne, die eigentlich seine Thronerben waren, nach einem Gerichtsverfahren erdrosseln und 300 ihrer Anhänger ermorden.

Nierenleiden. Nachdem sich sein Gesundheitszustand im Jahr 4 v. Chr. aufgrund eines Nierenleidens rapide verschlechtert hatte (siehe nebenstehenden Kasten), wurden seine Handlungen immer irrationaler. Noch fünf Tage vor seinem Tod befahl er, dass ein weiterer seiner Söhne namens Antipater getötet werden solle, da dieser im Jahr davor angeblich einen Mordanschlag auf seinen Vater geplant habe. Bereits todkrank, war ihm klar, dass sein Ableben im Land wohl kaum Trauer, sondern eher Jubelstimmung auslösen würde. Er veranlasste daher, dass binnen weniger Tage die angesehensten Persönlichkeiten aus dem ganzen Land samt ihren Angehörigen nach Jericho gebracht und von Soldaten in die Pferderennbahn gesperrt wurden. Sein ausdrücklicher Befehl lautete, dass sie alle unmittelbar nach seinem Tod ermordet werden sollten, damit nach seinem Dahinscheiden jede Familie des Landes einen Grund zum Trauern habe. Salome, die Schwester des Herodes, und ihr Mann Alexas verhinderten diesen Massenmord in letzter Minute und ließen alle Würdenträger frei, wie Josephus schreibt.

Herodes der Große starb im März des Jahres 4 v. Chr., vermutlich wenige Monate oder Jahre nach der tatsächlichen Geburt Jesu, die nach heutigem Wissensstand zwischen den Jahren 7 und 4 vor Beginn unserer Zeitrechnung datiert wird. Nach der Beisetzung des toten Königs in der Wüstenfestung Herodium wurde das Reich auf drei seiner Söhne aufgeteilt (siehe Kasten).

Verzierungen. Auf dem sandigen Hügel, auf dem einst die mächtige Festungsanlage stand, bröckeln 2000 Jahre alte Mauerreste. Der Großteil der Anlage ist längst von meterhohem Sand bedeckt. Im Jahr 1972 begannen israelische Archäologen unter Leitung von Ehud Netzer auf dem Hügel und dessen Abhängen gezielt nach dem Grab des Herodes zu suchen. In 35 Jahre langer, zeitweilig unterbrochener Kleinarbeit legten sie an verschiedenen Stellen der verschütteten Ruinen Schicht um Schicht der Mauerreste frei, bis sie vor wenigen Wochen am Nordostabhang des Hügels auf Fragmente eines Kalksteinsarkophags stießen, der in unversehrtem Zustand 2,5 Meter lang wäre und einst mit Rosetten-Verzierungen geschmückt war. Dies sei, so die Archäologen, ein untrüglicher Hinweis auf eine sehr hochstehende Persönlichkeit. Zwar gibt es keine Inschrift, die eindeutig bewiese, dass es sich um das Grab des Herodes handelt, jedoch besteht für die Experten kein Zweifel mehr, dass in diesem Sarkophag jener König bestattet wurde, der zur Zeit von Jesu Geburt herrschte.

Knochen wurden in dem Grab keine gefunden. Archäologe Ehud Netzer meint, sie seien wahrscheinlich von jüdischen Rebellen entfernt oder zerstört worden, die zwischen 66 und 72 n. Chr. gegen die Römer kämpften und in der Festung Herodium ihr Hauptquartier errichteten. Der römerfreundliche Herrscher Herodes galt für sie als Marionette Roms und als widerwärtiger Verräter jüdischer Interessen. Wahrscheinlich zerschlugen diese Rebellen auch den Sarkophag in hunderte Teile, da die gefundenen Trümmer eindeutig Spuren einer absichtlichen Zerstörung zeigen. Auch ohne Skelettfund gilt die Entdeckung des Herodes-Grabes jedenfalls als einer der seit Langem bedeutendsten archäologischen Funde im Nahen Osten.

In seinem Werk „Jüdischer Krieg“ schreibt Josephus über die Beisetzung des Herodes: „Neben der Totenbahre schritten seine Söhne und eine große Gruppe von Verwandten, ihnen folgten Wächter, eine Gruppe von Thrakern, Germanen und Galliern, alle wie für einen Krieg gerüstet. Die restlichen Soldaten marschierten in Reih und Glied voraus, angeführt von ihren Kommandanten. Dahinter kamen 500 Diener und Freigelassene, die Gewürze trugen. Der Leichnam wurde über eine Strecke von 200 Achtelmeilen (ca. 40 Kilometer, Anm.) zum Herodium getragen, wo er gemäß den Anweisungen des Verstorbenen begraben wurde.“

Von Gerhard Hertenberger