leitartikel Christian Rainer

Wie nett ist der Islam?

Wie nett ist der Islam?

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Ist es Naivität, ist es Political Correctness, ist es Kalkül? Wie kommt der Westen dazu anzunehmen, die Menschen in moslemisch dominierten Ländern strebten nach westlichen politischen und gesellschaftlichen Prinzipien? Warum behaupten wir, die überwältigende Mehrheit unserer moslemischen Mitbürger samt ihren religiösen Führern suchten auch in Österreich nach diesen Werten?

Tatsächlich muss es eine Mischung aus gutem Glauben und Wunschdenken sein, die uns seit Jahrzehnten ein schöngefärbtes Bild des Islam beschert hat. Kein Wunder: Die Gesellschaftsordnung des Korans hatte sich zwangsläufig außerhalb unserer eigenen Wohneinheiten breit gemacht. Und die politischen Auswüchse waren meist nur in der Ferne auszumachen, sei es in Algerien, in Libyen, am Persischen Golf oder in Indonesien.

Erst mit dem islamistischen Terror im Westen besteht ein dringender Anlass, diese Sichtweise zu hinterfragen: Wie tolerant ist der Islam nach außen und nach innen wirklich?

Der Befund fällt unerfreulich aus. Was die globale Dimension betrifft, ist er verheerend.

Der britische Journalist und Buchautor Mark Hollingsworth zitiert in dieser Ausgabe von profil (Seite 79) eine Studie des saudi-arabischen Geheimdienstes aus dem Jahr 2001, wonach „95 Prozent aller gebildeten Saudis, die im Berufsleben stehen, die Sache der al-Qa’ida unterstützen“. Es ist nicht anzunehmen, dass die weniger Gebildeten und die nicht arbeitende Bevölkerung eine schlechtere Meinung von Osama Bin Laden und damit eine freundlichere Haltung gegenüber dem Westen haben.

Zumal diese Zahlen durchaus mit jener Studie kompatibel sind, von der profil vor zwei Wochen berichtete. Demnach unterstützen aktuell 24 Prozent der Türken, 49 Prozent der Jordanier und 56 Prozent der Marokkaner die Selbstmordattentate gegen die USA im Irak. 26 Prozent der Marokkaner, 35 Prozent der Indonesier, 51 Prozent der Pakistanis und 60 Prozent der Jordanier haben „Vertrauen in Bin Laden“.

Dass die Unterstützung für den islamistischen Terrorismus „abgenommen hat“, wie die Verfasser der Studie feststellen, ist bei diesen Werten wenig tröstlich (und hängt vor allem mit Anschlägen im jeweiligen Land zusammen). Vielmehr ist es verstörend, wie sehr diese Zahlen und das dahinterstehende Potenzial im Westen verdrängt werden: Wahr ist demnach nämlich, dass mindestens ein Drittel, vielleicht aber auch die Hälfte aller Moslems weltweit die Ziele und die Mittel des islamistischen Terrors gutheißen (und dass ein Viertel der Bevölkerung des zukünftigen EU-Mitglieds Türkei die Selbstmordattentate im Irak offen befürwortet).

Das ist ein eklatanter Widerspruch zum einschlägigen Substrat der Aussagen westlicher – auch österreichischer – Politiker, wonach die Islamisten samt al-Qa’ida ein extremistisches Netzwerk ohne Rückhalt in der islamischen Welt seien.

Wie groß die unterschwellige Sympathie für den Terror unter den Moslems in Österreich wirklich ist (präziser: bei jenen Menschen, die sich selbst als gläubige Moslems bezeichnen), weiß niemand. Vermutlich ist sie nicht so klein, wie die Vertreter der Islamischen Glaubensgemeinschaft behaupten – und hoffentlich ist sie nicht so groß, wie persönliche Erfahrungen vermuten lassen.

Um einiges präziser als die Toleranz nach außen lässt sich freilich die Intoleranz nach innen darstellen. Auch diese entspricht kaum dem Bild, wonach die österreichischen Moslems sich weit gehend den einigermaßen laizistischen Gepflogenheiten des Landes angepasst hätten.

Nur ein Beispiel: Die Wiener Stadtzeitung „Falter“ interviewte in ihrer jüngsten Ausgabe „drei Wiener Imame“, die als „moderne Prediger den moslemischen Fundamentalismus bekämpfen“.

Wie das geht, beschreibt der „moderne“ Imam Vehid Podojak so:
Ob denn die Strafen Steinigung und Handabhacken wörtlich zu nehmen seien, fragt der „Falter“. Podojak: „Ja. Wenn es so im Koran steht, können wir es nicht ändern.“

Ob die österreichischen Gesetze zu weich seien. Antwort: „Wenn sie strenger wären, würde manches Verbrechen nicht passieren. … Die harten Strafen sind eine Vorwarnung für Ehebrecher, Mörder und Vergewaltiger.“

Wünscht er sich einen islamischen Staat, in dem es Steinigungen gibt? Auch ja: „An erster Stelle steht der Respekt vor Gott. Wenn das jemand vergessen hat, kommt die Strafe.“

Im Vergleich zu diesen unerquicklichen Vorstellungen nimmt sich Imam Podojaks Begründung der Polygamie für Männer – nicht aber für Frauen – geradezu lieblich aus: „Wenn Sie Milch von drei Kühen in eine Schüssel gießen, wissen Sie dann, welche Milch von welcher Kuh ist?“

Der Koran als Vaterschaftsnachweis, Steinigung für den Seitensprung. Das ist das viel gepriesene Weltbild des modernen Islam in Österreich?