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Österreich-Konvent

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Sage keiner, die Politik fröne im Sommer dem süßen Nichtstun: Am Mittwoch dieser Woche tritt im Parlament in Wien unter Vorsitz von Rechnungshofpräsident Franz Fiedler das Präsidium des Österreich-Konvents zusammen, um letzte Details zu klären. Am 30. Juni hatte sich der Konvent unter großem Pomp konstituiert. Das hoch gesetzte Ziel: Man beabsichtige, einen „rot-weiß-roten Masterplan für das 21. Jahrhundert“ auszuarbeiten, sagt Herwig Hösele, ÖVP-Bundesrat aus der Steiermark und einer der Ideengeber des Projekts. Ganz nach dem großen Vorbild, dem EU-Kovent, soll das 70-köpfige Gremium aus Regierungsmitgliedern, Landeshauptleuten, Länder- und Gemeindepolitikern, Sozialpartnern, Höchstrichtern und Wissenschaftern ein Konzept zur Staats- und Verwaltungsreform erarbeiten, an dessen Ende eine runderneuerte Verfassung stehen könnte. Die Gebrauchsanleitung für die Republik Österreich soll in den kommenden 18 Monaten in zehn Ausschüssen erarbeitet werden. Danach könnte eine Volksabstimmung stattfinden.
Trotz der allgemeinen Euphorie ist Skepsis angebracht. Noch jedes Mal sind hierzulande vollmundig angekündigte Reformen wieder verpufft. Jürgen Weiss, Vizepräsident des Bundesrats und Bundesminister für Verwaltungsreform a. D.: „Das Bewusstsein für Reformen ist jetzt zwar günstiger, allerdings hat sich der Konvent viel aufgeladen. Finanzen, Kompetenzverteilung und die Staatsorgane sind schon jedes für sich große Reformprojekte.“

In der Schweiz scheiterte die geplante große Staatsreform am Kantönligeist.

Auf die Konventsmitglieder wartet eine wahre „Sisyphus-Aufgabe“, so die grüne Abgeordnete Eva Glawischnig in der konstituierenden Sitzung des Konvents. Das Hauptproblem liegt darin, die diametral auseinander laufenden Interessen der unterschiedlichen Gruppen unter einen Hut zu bringen. „Der Konvent kann nur erfolgreich sein, wenn keiner versucht, den anderen über den Tisch zu ziehen“, sagt Salzburgs Landeschef Franz Schausberger. „Jeder wird über seinen Schatten springen müssen, Erfolgsgarantie gibt es aber keine“, meint Heinz Fischer von der SPÖ.
Ob tatsächlich auch manche der viel zitierten „heiligen Kühe“ aus dem Polit- und Verwaltungsstall zur Schlachtbank geführt werden, bleibt abzuwarten.

Der Kanzler gab sich in der Konventssitzung am 30. Juni trotz der Mammutaufgabe gewohnt gelassen. Er habe, so Wolfgang Schüssel in einer Replik auf Eva Glawischnig, den Sinn der Arbeit des „Herrn Sisyphus“ nie verstanden.
profil analysiert dennoch, vor welchen Aufgaben und Problemen die 70 Konventsmitglieder stehen.