Wirtschaftspolitik

Wirtschaftspolitik: Die Revolution und ihre Kinder

Die Revolution und ihre Kinder

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Der eine sagt: „Die Regierung führt nur ständig neue Steuern ein. Es gibt keine zukunftsweisenden Entscheidungen.“
Ein anderer meint: „Mich machen all diese Belastungen ganz nervös. Andauernd frage ich mich: Was kommt als Nächstes?“
Ein Dritter wiederum kommt zu folgendem Schluss: „Die Politik ist mehr eine Budgetpolitik als eine Wirtschaftspolitik. Das Budget ausschließlich einnahmenseitig zu sanieren ist zu einfach.“

Kritische Wortspenden von Oppositionspolitikern? Oder gar vom gern zitierten „kleinen Mann auf der Straße“?
Weder noch. Die drei Zitate stammen – in der Reihenfolge – von Norbert Zimmermann, Chef der niederösterreichischen Industriegruppe Berndorf, von Siegfried Menz, Chef der Ottakringer-Brauerei, und von Siemens-Boss Albert Hochleitner.

Enttäuscht. Die drei Herren haben einiges gemeinsam: Sie sind Manager von Industrieunternehmen, sie sind Mitglieder des Vorstands der Industriellenvereinigung, und sie sind über jeden Verdacht erhaben, aus parteipolitischen Motiven Kritik an der Bundesregierung zu üben. Ihr nun geäußerter Unmut lässt daher vor allem einen Schluss zu: Die so genannte Wirtschaftspartei ÖVP ist drauf und dran, ausgerechnet ihre ureigenste Klientel nachhaltig zu vergraulen. Die „Wirtschaft“, also Manager und Unternehmer, zeigt sich von der Performance der großen Regierungspartei zusehends enttäuscht.

Wolfgang Reithofer, Chef des Ziegelkonzerns Wienerberger, ist zwar um Relativierung bemüht: „Die Wirtschaft ist in der Regierung heute besser vertreten als vor Jahren“, betont er. Der Manager meint aber auch, „dass sie nicht ausreichend gut vertreten ist“. Denn unter Schwarz-Blau sei die Wirtschaft stets „Gefahr gelaufen, als Erste belastet zu werden“. Berndorf-Chef Zimmermann: „Die Regierung ist mit einer Belastungswelle für die Wirtschaft angetreten, die immer noch nicht abgeebbt ist.“

Diese Belastungswelle türmte sich vor drei Jahren auf: Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte den Kampf um das Nulldefizit aufgenommen, und schon bald stellte sich heraus, wer mit ihm in den Krieg ziehen sollte: die Wirtschaft. Zunächst erwies sie sich auch als durchaus dankbares Opfer: Jahrzehntelang hatte ein Großteil der Manager eine (wirtschafts)politische Wende herbeigesehnt, da konnte man schon ein paar Opfer auf sich nehmen. Also wurden Steuererhöhungen und steuerliche Erschwernisse mit wenig Murren geschluckt.

Doch jetzt ist offenbar Schluss mit lustig – zumal die ÖVP offenbar nicht im Entferntesten daran denkt, ihre Schützlinge aus der Schusslinie zu nehmen: Die geschmalzene Lkw-Maut, das Recht auf Teilzeitarbeit für beide Eltern und die Vorbereitungen für ein Gesetz zur Einschränkung von CO2-Emissionen stehen nunmehr auf dem Programm und sorgen in der Wirtschaft für erheblichen Missmut.

Unter einer rot-grünen Regierung wären solche Maßnahmen nicht weiters verwunderlich, heißt es, aber unter Schwarz-Blau hatte man sich eigentlich anderes erwartet.

Ernüchtert. „In der Industriellenvereinigung macht sich schön langsam Ernüchterung breit“, berichtet Norbert Zimmermann, „da gibt es wirklich viele Mitglieder, die hohe Erwartungen an die Regierung hatten.“ Ottakringer-Chef Menz schäumt: „Ich bin wirklich unzufrieden. In der Regierung wird hauptsächlich etwas gegen die Wirtschaft unternommen.“

Andreas Treichl, Chef der Erste Bank, zieht sich auf einen diplomatischen Standpunkt zurück: „Ich halte mich zurück, enttäuscht zu sein“, sagt er. „Ich werde ja schließlich dafür bezahlt, mit gewissen Rahmenbedingungen fertig zu werden.“