Wirtschaftspolitik: Proporz Reloaded

Proporzkaiser: Faymann als Postenschacherer

Drucken

Schriftgröße

Werner Faymann sonnt sich gerne und oft im Licht der Öffentlichkeit. Erste Talentproben durfte er bereits als Wiens SPÖ-Wohnbaustadtrat ablegen. Jetzt, als Verkehrsminister, bedient er die Medienorgel nachgerade virtuos. Für bequeme Fragen nimmt er sich Zeit – bei unbequemen schickt er andere vor. Etwa: Was sagt der Minister zu den Vorstandsrochaden bei ÖBB und Asfinag? Antwort seiner Sprecherin: „Das ist Sache des jeweiligen Aufsichtsrates, der Minister mischt sich da nicht ein.“

Dafür, dass Faymann sich so gar nicht einmischt, sind die kniffligen Personalfragen im Ressort des aufrechten Sozialdemokraten erstaunlich glatt gebügelt worden.

Am Donnerstag vergangener Woche hat der Aufsichtsrat der staatlichen Autobahngesellschaft Asfinag einstimmig zwei neue Vorstände bestellt: Alois Schedl und Klaus Schierhackl. Die Neubesetzung war notwendig geworden, nachdem das noch von der alten Regierung eingesetzte Vorstandstrio Franz Lückler, Christian Trattner und Mathias Reichhold in Ungnade gefallen und vorzeitig verabschiedet worden war (profil berichtete).

Schedl und Schierhackl, beide kommen aus dem Unternehmen, sollen beim Personalberater Egon Zehnder den besten Eindruck hinterlassen haben. Dessen ungeachtet brachten Sie unabhängig voneinander Qualitäten mit, die hierzulande offenbar auch 2007 über Karrieren im staatsnahen Bereich entscheiden. Schedl hatte die SPÖ hinter sich, Schierhackl die ÖVP.

Als ob die Zeit stehen geblieben wäre, feiert der Proporz im Lande gleichsam fröhliche Urständ. Ob Verbundgesellschaft, Asfinag, Bundesbahnen: Wann und wo immer zuletzt prestigeträchtige Aufsichtsratsmandate oder gut dotierte Vorstandsjobs im Einflussbereich der Republik zu vergeben waren, wurde nach der geltenden Farbenlehre vorgegangen. Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die SPÖ in der Opposition nicht müde geworden ist, den schwarz-blau-orangen Proporz zu geißeln. Vertreter von SPÖ und ÖVP betonen gebetsmühlenartig und wenig überraschend, dass nur die persönliche Qualifikation ausschlaggebend für die Bestellungen sei. „Bei den Besetzungen der letzten Wochen sehe ich keinerlei parteipolitische Schlagseite“, stellt Nikola Donig, Sprecher von Vizekanzler Wilhelm Molterer, fest. Was soll er sonst sagen? Die anstehende Neuordnung des ÖBB-Vorstandes etwa spricht da eine ganz andere Sprache. Dort werden den beiden ÖVP-nahen Vorständen Martin Huber und Erich Söllinger demnächst mit Gustav Poschalko und Peter Klugar zwei rote gegenübersitzen (siehe Kasten Seite 50). Vor allem die SPÖ scheint nach sieben Jahren in der Opposition einen gewissen Nachholbedarf zu verspüren. Unter Wolfgang Schüssel waren neben schwarzen Günstlingen vor allem die Seilschaften um den blauen Industriellen Thomas Prinzhorn zum Zug gekommen. Und das, obwohl natürlich auch die FPÖ seinerzeit angetreten war, den Filz in den Chefetagen staatsnaher Unternehmen, vorwiegend um die Verstaatlichtenholding ÖIAG, ein für alle Mal zu eliminieren. „Dort hat in den letzten sieben Jahren eine schrankenlose schwarz-blaue Freunderlwirtschaft geherrscht“, schimpft der Industrielle und frühere SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch. Noch schlimmer sei es in Österreichs größter Forschungseinrichtung zugegangen. „Was ich da in Seibersdorf angetroffen habe, ist Proporz der übelsten Sorte. Da wurden alle möglichen Leute hineingesetzt, nur weil sie FPÖ-Mitglieder sind“, so Androsch. Was für ein Glück, dass SPÖ-Mitglied Androsch seit August den Vorsitz im Aufsichtsrat des Austrian Research Center Seibersdorf führt. „Die Bestellung hat mit meiner Parteizugehörigkeit nichts zu tun. Die Industriellenvereinigung hat mich nominiert“, beteuert er.

In der SPÖ sind indes aber auch wehleidige Stimmen zu vernehmen. Scheinbar funktioniert das System noch nicht zur beidseitigen Zufriedenheit. Immerhin hat die ÖVP in Personalfragen einen gewissen Vorsprung aufbauen können – was dazu führt, dass beispielsweise der Aufsichtsrat der Verbundgesellschaft – sie ressortiert zu Wirtschaftsminister Martin Bartenstein – mit ÖVP-nahen Vertretern durchsetzt ist. Und auch bei den Austrian Airlines zeichnet sich ein gewisses Ungleichgewicht ab.

In früheren großen Koalitionen hätte so etwas nicht passieren können, da wurden Personalfragen in seitenlangen Anhängen zum Regierungsabkommen peinlich genau aufgelistet. Eine Tradition, wie sie ein ehemaliger SPÖ-Funktionär wieder herbeisehnt: „Der größte Fehler am jetzigen Koalitionspapier ist, dass man nicht gleich die Personalien eindeutig geklärt hat.“

Von Josef Redl
Mitarbeit: Otmar Lahodynsky