Investigativ

„Aussagenotstand“: OStA-Wien-Chef Fuchs erstinstanzlich freigesprochen

Johann Fuchs war die Verletzung des Amtsgeheimnisses sowie Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss vorgeworfen worden. Ein Schuldspruch im Vorjahr wurde aufgehoben. Gegen den jetzigen Freispruch kündigte die Staatsanwaltschaft Berufung an – das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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Dass der Leiter einer Oberstaatsanwaltschaft (OStA) als Angeklagter vor Gericht sitzt, ist alles andere als alltäglich. Und dennoch war es für OStA-Wien-Chef Johann Fuchs bereits der zweite derartige Auftritt – diesmal ging die Angelegenheit allerdings in seinem Sinne aus: Der Leiter der OStA Wien musste sich wegen des Verdachts der Verletzung des Amtsgeheimnisses sowie der Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss verantworten und wurde am Dienstag in allen Anklagepunkten freigesprochen.

Es handelte sich um die Neuauflage einer Causa, die bereits im vergangenen Sommer erstmals verhandelt worden war. Damals hatte das Gericht noch einen Schuldspruch gefällt, der allerdings später von der Oberinstanz aufgehoben wurde. Somit war das Landesgericht ein zweites Mal am Zug. Auch diesmal ist das erstinstanzliche Urteil noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft meldete volle Berufung an.

Fuchs wird einerseits vorgeworfen, verbotenerweise Informationen bezüglich einer Anzeige der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen die damalige „Presse“-Journalistin und heutige profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer an den nunmehr suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek weitergegeben zu haben. (Zu der Anzeige wegen „Beleidigung einer Behörde“ wurde niemals ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Der öffentliche Aufschrei über das Vorgehen der WKStA war groß.) Andererseits soll Fuchs vor dem U-Ausschuss fälschlicherweise ausgesagt haben, er könne sich nicht mehr erinnern, Aktenteile weitergereicht zu haben. Der Jurist hat strafrechtliches Fehlverhalten immer bestritten.

Das Landesgericht Innsbruck sah durch die Weitergabe der Informationen nunmehr keine öffentlichen oder privaten Interessen verletzt. Mit Blick auf den Vorwurf der Falschaussage folgte das Gericht der Argumentation des OStA-Leiters, er habe sich in einem sogenannten Aussagenotstand befunden. Vor seinem Auftritt im Ausschuss habe er von einer Verdachtsprüfung der Staatsanwaltschaft Innsbruck erfahren, jedoch nicht gewusst, worum es dabei ging, argumentierte Fuchs.

Pilnacek wurde in der Causa WKStA-Anzeige übrigens bereits rechtskräftig freigesprochen.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).